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Buchsbaum in Gefahr

Ob als Hecke, Kugel oder Quadrat kunstvoll geschnitten, der Buchsbaum hat viele Anhänger. Doch eine Krankheit bedroht das immergrüne Gewächs. Ein aggressiver Pilz hat den Weg von England über Belgien und den Niederlanden nach Deutschland gefunden.

Von Hedwig Ahrens | 09.02.2007
    Zuerst bekamen die Blätter braune Flecken, später färbten sich die Triebe dunkel, und kurz darauf waren die Zweige kahl. Vor einem halben Jahr begann auf dem Waldfriedhof im emsländischen Werlte das Buchsbaumsterben, mittlerweile ist über die Hälfte der anderthalb Hektar großen Fläche betroffen. Günter Jansen steht vor dem Familiengrab mit Buchsbaumeinfassung:

    "Das war nur eine kleine Stelle von zirka 30 Zentimetern. Aber dann nach 14 Tagen war plötzlich die ganze Grabstelle, die ganze Umfassung ohne Blatt. Es lag alles unten."

    Günther Jansen ist bei der Gemeindeverwaltung Werlte für die Friedhöfe zuständig. Und weil ihm die hiesigen Gärtner nicht weiterhelfen konnten, schickte er Proben an die Landwirtschaftskammer in Oldenburg. Dort befasst sich der Leiter des Pflanzenschutzamtes, Thomas Brand, schon seit zwei Jahren mit diesem Phänomen. Sein Institut wies den dafür verantwortlichen Pilz Cylindrocladium buxicola erstmals in Deutschland nach, seitdem erreichen ihn täglich rund ein Dutzend Hilferufe:

    "2005 gab es größere Ausfälle in Nordwestdeutschland und Westdeutschland: Nordrhein-Westfalen, hier Weser-Ems-Gebiet war sehr stark betroffen. Im Sommer 2006 gab es bereits im ganzen Bundesgebiet Meldungen, insbesondere auf Friedhöfen in großen Städten: Berlin, Hamburg. Aber auch in kleineren Orten wie Varrel oder Emden ist es bekannt, dass es auf dem Friedhof auftritt."

    In Freilandversuchen forscht Brands Institut jetzt nach Gegenmitteln. Und das gestaltet sich als äußerst schwierig. Zum einen breitet sich diese mikroskopische Pilzgattung rasend schnell per Wind und Wassertropfen aus. Und bei idealen Bedingungen von 20 Grad Celsius und viel Feuchtigkeit ist sie hoch ansteckend. Selbst ausgesuchte Pflanzenschutzmittel können die Krankheit zwar stoppen, aber nicht abtöten:

    "Die Empfehlungen, die man auch aus England hört, sind klare Pflanzenhygienemaßnahmen. Das bedeutet: Befallene Pflanzen werden entfernt, man sollte sich danach die Hände waschen, die Schuhe desinfizieren, das Werkzeug desinfizieren. Man kann Krankheitserreger beim Schnitt der Hecke weiter übertragen. Um das zu verhindern, muss man das Werkzeug desinfizieren. Dazu flammt man es ab oder legt es in Alkohol oder reibt es mit Alkohol ab."

    Auch Besucher infizierter Friedhöfe sollten ihr kontaminiertes Schuhwerk danach wechseln und reinigen. Buchsbaumliebhabern rät Thomas Brand, beim Kauf auf die unterschiedlichen Sorten zu achten:

    "Kleine Heckenpflanzen, die Sorte Suffruticosa ist bei uns in Tests als hochgradig anfällig erkannt worden. Andere Sorten, wie zum Beispiel Buxux microphylla 'Herrenhausen' war in unseren Tests wenig anfällig. Allerdings gibt es da auch Fälle aus Baumschulen und von Friedhöfen."

    Während in Gärtnereien wie in Europas größtem Baumschulgebiet, dem Ammerland, vorbeugende Spritzungen mit speziellen Fungiziden helfen können, sieht Thomas Brand die Situation für öffentliche Gärten dramatischer: Dort wäre so etwas schon wegen der Besucher nicht möglich:

    "Bedroht sind natürlich auch große Schlossparks, man denke mal an die Herrenhäuser Gärten in Hannover: Dort sind 20 Kilometer Buchsbaumhecke. Und wenn es sich dort ausbreitet, ist ein Kulturgut wirklich in Gefahr."

    In Werlte hat Günther Jansen das Familiengrab mittlerweile großzügig abgetragen und neu aufgepflanzt- mit Buchsbaum:

    "Ich hoffe, dass wir das doch wieder in den Griff bekommen, dass dann dieser Pilz in ein, zwei Jahren mit entsprechenden Gegenmaßnahmen bekämpft werden kann. Und so lange vertraue ich einfach, dass das Glück wieder zu uns zurückkommt, zum Waldfriedhof."