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Buchwissenschaft
Bücher studieren einmal anders

Heute ist Tag des Buches. Dass ein Buch mehr ist als ein Stapel Papier mit Pappdeckeln, wissen auch die rund 400 Studierenden der Buchwissenschaft an der Uni Erlangen. Sie untersuchen unter anderem, wie sich das Leseverhalten verändert. Außerdem bietet die Buchwissenschaft noch einen weiteren Anreiz: extrem gute Jobchancen.

Von Carlo Schindhelm | 23.04.2018
    Zwischen Bücherregalen der Stadt- und Regionalbibliothek in Frankfurt (Oder) steht ein Mädchen und blättert in einem Tierbuch.
    Am 23. April ist Tag des Buches - in Erlangen und Mainz kann man Bücher sogar als Wissenschaft studieren (Patrick Pleul, dpa picture-alliance)
    Buchwissenschaft kann ganz schön spannend sein. Der Erlanger Professor Daniel Bellingradt hat sich mit alten magischen Handschriften beschäftigt - die über die Jahrhunderte im Geheimen weitergereicht wurden:

    "Also weder für den Alltag noch für die wissenschaftliche Karriere konnte ich diese Zaubersprüche jetzt inhaltlich brauchen. Das sind Ritualtexte für eingeweihte Magier des 18. Jahrhunderts und ich habe jetzt noch keinen dieser Sprüche oder Rituale tatsächlich ausprobiert - also divinatorische Praktiken wie in die Zukunft gucken habe ich noch nicht ausprobiert."
    Die Rituale verheißen Fähigkeiten wie sich unsichtbar machen oder fliegen zu können. Den Buchwissenschaftler Daniel Bellingradt interessiert jedoch etwas ganz anderes:
    "Für die Buchwissenschaft ist es interessant, weil wir hier sehen, wie innerhalb funktionierender Märkte mit Geheimwissen agiert wird. Also an der Zensur vorbei und das sind Fragen, die wir auch, wenn wir so wollen, in der Gegenwart noch haben, die wir aber nur historisch vertiefen in Einzelbeispielen."
    Aufräumen mit Vorurteilen
    Der Begriff Buchwissenschaft verleitet dazu zu glauben, es gehe allein um das klassische Buch. Svenja Hagenhoff, ebenfalls Professorin am Institut in Erlangen, ist es schon gewohnt, mit Vorurteilen aufzuräumen:
    "Es geht nicht um das Materialobjekt - wir beschäftigen uns nicht mit dem Buch als Papierstapel, sondern wir beschäftigen uns eigentlich mit einem Kommunikationssystem, Medien haben den Zweck, Kommunikation zu ermöglichen. Wir machen hier in Erlangen nicht alle Medien, sondern wir sagen, das sind Schrift und Lesemedien, das ist schon mal ein bisschen abstrahierter als das Buch. Also da kann man historisch auch das Flugblatt anschauen. Wir können uns aber auch Zeitungen und Magazine anschauen."
    Die große Mehrheit der Studierenden in Erlangen sind Frauen. Schwerpunkte in der Lehre sind etwa die Mediennutzung. Wie hat sich das Lesen verändert? Wie funktioniert das Kommunikations- und Mediensystem? Welchen ökonomischen Bedingungen unterliegen etwa Verlage oder Buchhändler? Die Studierenden lernen, auch ein Verständnis für technologische Einflüsse zu bekommen, wie etwa die Digitalisierung in der Zeitungsbranche:
    "Wie gestalte ich denn so ein digitales Medium eigentlich, dass das diese zwei Bedingungen noch erfüllt. Ich muss es gut benutzen können im Sinne einer Gebrauchstauglichkeit, ich muss da drin navigieren können – ich muss eine Idee davon haben, auf welche Knöpfe muss ich eigentlich drauf drücken. Wir können ja nicht mehr physisch umblättern – ja wie geht denn eigentlich blättern?"
    Alternative zu Germanistik, Theaterwissenschaft und Co.
    Eine der über 400 Studierenden ist Sarah Kostner. Sie studiert Buchwissenschaft als Bachelor im sechsten Semester:
    "Mein Ansatz war, ich möchte nach dem Abitur etwas mit Medien machen und ich habe mich dann eben informiert über die ganzen Angebote, habe dann eben gesehen, dass es hier die Theater-Medienwissenschat und die Buchwissenschaft gibt."
    "Schön wäre es wirklich mal in Richtung Autor oder Redakteur zu arbeiten – das wäre sehr schön."
    Wünscht sich der Masterstudent Klaus Ludewig. Innerhalb der Buch- und Medienbranche kämen die Absolventen relativ schnell unter, heißt es aus dem Institut. Viele Masterstudenten hätten zum Ende ihres Studiums gar schon einen Arbeitsvertrag in der Tasche:
    "Ziemlich viele Absolventen gehen tatsächlich in die Medienbranche – an ganz verschiedenste Stellen, auch häufig in Verlage. Auch an anderen Stellen, wo es um letztendlich Schriftmedien geht, also wenn Sie zum Beispiel mal anschauen PR-Kommunikationsagenturen, die zum Beispiel Broschüren machen für Unternehmen, für die Unternehmenskommunikation."
    Erlangen und Mainz sind die größten Standorte für Buchwissenschaft in Deutschland. Dort können Studenten das Fach als Bachelor- oder Masterstudiengang belegen. Darüber hinaus bieten die Universitäten in München und Leipzig Buchwissenschaft mit unterschiedlichen Schwerpunkten an.