Freitag, 19. April 2024

Bürger gegen Polizei in Leipzig
"Die Menge hatte sehr viel Angst"

8. Oktober 1989. Der Leipziger Pfarrer Michael Turek schildert im Deutschlandfunk den Verlauf des 40. DDR-Jahrestages in der Messestadt:

08.10.2014
    Blick auf die Nikolaikirche im Zentrum von Leipzig im Gegenlicht der gleißenden Sonne
    Die Nikolaikirche in Leipzig - Symbol des friedlichen Widerstands gegen die Staatsgewalt der DDR (picture alliance/dpa(Hendrik Schmidt)
    "Kurz nach 14 Uhr bin ich auf dem Platz vor der Nikolaikirche gewesen. Dort bildete sich eine Gruppe, die miteinander diskutierte. Der Parteisekretär gab sich zu erkennen und es wurde über politische Themen diskutiert, über Medienpolitik usw ... Die Menge wuchs aber schnell an, sagen wir auf hundert, zweihundert und musste dann den Platz verlassen. Und zum ersten Mal habe ich dann in Leipzig erlebt, dass starke Polizeieinheiten - und zwar gut geschützt mit Gummiknüppeln - dort standen und den Platz abriegelten. Und eine Menge sammelte sich dann in der Grimmaischen Straße, Polizei und Bevölkerung stand sich zum Teil gegenüber, zum Teil ging das Marktleben weiter. Und es gab Diskussionen an vielen Stellen mit den Polizisten, es gab aber auch Zuführungen. Und am Nachmittag wurde dann die Menge, die ist dann angewachsen auf - ich schätze auf etwa zwei-, dreitausend - wurde dann zerstreut und es kam dann auf dem Karl-Marx-Platz zum Einsatz von einem Wasserwerfer. Die Menge hatte sehr viel Angst, die Ereignisse von China sind in den letzten Tagen wieder wach geworden durch die Berichte in den Zeitungen. ich hab' erlebt, wie einige Menschen überrannt worden sind. Es gab Verletzte."