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Bürgermeisterwahl in London
Kandidat mit pakistanischen Wurzeln liegt vorn

London bekommt vermutlich erstmals einen muslimischen Bürgermeister. Der als Favorit ins Rennen gegangene Labour-Kandidat Sadiq Khan liegt letzten Umfragen zufolge deutlich vor seinem konservativen Tory-Rivalen Zac Goldsmith. Die Verluste der angeschlagenen Labour Party scheinen bei den Regional- und Kommunalwahlen damit geringer auszufallen als erwartet.

Von Friedbert Meurer | 06.05.2016
    Sadiq Kahn mit seiner Frau Saadiya vor einem Wahllokal in London
    Sadiq Khan, Kandidat der Labour-Partei für das Amt des Bürgermeisters der 8,5 Millionen-Einwohner-Metropole, könnte der erste muslimische Bürgermeister von London werden. (picture alliance / dpa / Hannah Mckay)
    Sadiq Khan und Ehefrau wurden von einem Blitzlichtgewitter empfangen, als sie im Londoner Süden ihr Wahllokal betraten. Der Kandidat von Labour für das Amt des Bürgermeisters der 8,5 Millionen-Einwohner-Metropole muss sich noch etwas gedulden. Erst am späten Nachmittag soll es verlässliche Zahlen geben.
    Aber laut einer Umfrage vom Wahltag liegt Khan, Sohn eines pakistanischen Busfahrers, mit 57 zu 43 Prozent klar vor Zac Goldsmith von den konservativen Tories. Mit Khan würde zum ersten Mal ein Muslim Bürgermeister der multikulturellen Metropole werden.
    "Ich bin stolz darauf, dass ich eines von acht Kindern eines Einwanderers bin. Ich bin in einer kommunalen Wohnsiedlung aufgewachsen. Dann wurde ich Anwalt und Staatssekretär. Ich möchte, dass mehr Londoner heute dieselbe Chance bekommen wie ich und meine Geschwister damals."
    Ergebnisse von Labour werden mit Spannung verfolgt
    Zac Goldsmith hatte versucht, Khan in die Nähe islamistischer Extremisten zu rücken. Wenn die Umfragen zutreffen, hätten die Attacken Khan eher genutzt als geschadet. Goldsmiths Bekenntnis, für einen Brexit zu sein, hat außerdem viele der hunderttausend wahlberechtigten EU-Ausländer in London abgeschreckt.
    Peinlich für die Verwaltung Londons: In etlichen Wahllokalen lagen falsche Listen aus, am Morgen wurden etliche Wähler wieder nach Hause geschickt:
    "Ich kam um sieben in mein Wahllokal und zeigte meinen Wahlschein. Aber mir wurde gesagt, ich bin nicht auf der Liste. Das ging einer ganzen Reihe anderer Leute auch so."
    Mit Spannung werden vor allem die Ergebnisse von Labour verfolgt. Ihr Chef Jeremy Corbyn bedankte sich in seinem Wahlkreis Islington in London bei den Wählern persönlich. Aber außer London könnte Corbyn mit seinem Linkskurs mit leeren Händen dastehen.
    Regionalwahlen im Schatten des anstehenden Referendums
    Die Zahlen in Schottland, die in der Nacht eintrudeln, sehen nicht gut aus für Labour, zum Beispiel in der größten Stadt Glasgow. Die Schottische Nationalpartei dürfte ihre absolute Mehrheit im Parlament in Edinburgh ausbauen. Dahinter konkurrieren Labour und Tories um Platz zwei. Früher war Schottland einmal eine Hochburg von Labour.
    Auch die Nachrichten aus Wales sehen für Labour nicht gut aus. Die Mehrheit in der Nationalversammlung wankt, die Nationalisten von Plaid Cymru könnten zulegen. Die Rechtspopulisten von UKIP stehen möglicherweise vor dem Sprung ins Parlament in Cardiff.
    "Ich möchte Macht von Brüssel nach Westminster dezentralisieren, von dort in die Regionen", erklärte UKIP-Chef Nigel Farage, dessen Partei früher Devolution, also Dezentralisierung, in Großbritannien ablehnte:
    "Wir wollen dort eine positive und konstruktive Rolle spielen als Vertreter aus dem wirklichen Leben."
    Trotz der sich abzeichnenden Erfolge der EU-Gegner von UKIP - es wird schwer werden, aus den Regionalwahlen einen deutlichen Fingerzeig Richtung Referendum ausmachen zu können. Die Regionalwahlen standen klar im Schatten des anstehenden Referendums, die regierenden und in der EU-Frage gespaltenen Tories konnten relativ entspannt die Wahlen verfolgen. Der Wahlgang am 23. Juni aber hat für Großbritannien eine weitaus größere Bedeutung.