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Debatte um Kürzungen
Diskussion um Kindergeld für EU-Ausländer

Die Debatte ist nicht neu: Schon vor zwei Jahren wollte die damalige Bundesregierung Änderungen beim Kindergeld für EU-Ausländer durchsetzen - ohne Erfolg. Die Pläne seien nicht europarechtskonform, hieß es von der EU-Kommission. Nun werden erneut Forderungen laut, die Leistungen zu kürzen.

Von Volker Finthammer | 21.03.2018
    Gesehen am Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend in der Berliner Glinkastraße: Figuren von einem Vater mit Kind und einer Familie mit Kindern
    Auch wenn die Kinder im EU-Ausland leben - so lange ein Elternteil in Deutschland arbeitet, hat er für seine Kinder Anspruch auf Kindergeld. (picture alliance / ZB)
    Bereits vor zwei Jahren startete Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel den Versuch, das Kindergeld für EU-Ausländer, deren Kinder noch im Heimatland leben, zu kürzen und Finanzminister Wolfgang Schäuble hatte dazu bereits einen Gesetzentwurf vorgelegt. Der wurde aber wegen möglicher Verstöße gegen das geltende EU-Recht gar nicht erst eingebracht.
    Das Kabinett hat im vergangenen April lediglich ein Eckpunktepapier zum Kindergeld für EU-Ausländer verabschiedet. Darin erklärte die Bundesregierung, die Zahlungen für EU-Ausländer kürzen zu wollen und an die Lebenshaltungskosten im Heimatland der Bezieher anzupassen. Verbunden war das mit der Forderung an die EU-Kommission, das geltende EU-Recht entsprechend anzupassen.
    Aber die die EU-Kommission hatte die vorgesehene Kürzung des Kindergeldes abgelehnt und darauf verwiesen, dass das in der Form europarechtswidrig sei.
    Anspruch besteht, auch wenn Kinder in der Heimat leben
    Umgesetzt wurde daraufhin nur die Einschränkung der rückwirkenden Bezugsdauer des Kindergeldes. Seit August des vergangenen Jahres kann das Kindergeld rückwirkend für nur noch sechs Monate bezogen werden und nicht mehr für bis zu vier Jahre, wie dies zuvor möglich war. An der grundlegenden Rechtslage in der EU hat sich jedoch bislang nichts geändert.
    Nach geltendem Recht haben EU-Ausländer für die Dauer ihres Arbeitsaufenthalts in Deutschland Anspruch auf Kindergeld - auch wenn der Nachwuchs in einem anderen Land lebt.
    Nach den aktuellen Zahlen der Bundesagentur für Arbeit wurden im vergangenen Jahr insgesamt rund 343 Millionen Euro Kindergeld an Konten im Ausland gezahlt. Wurden 2010 für knapp 62.000 ausländische Kinder, die nicht in Deutschland leben, Kindergeld gezahlt, waren es im vergangenen Dezember über 215.000 Kinder. Knapp die Hälfte davon waren Kinder in Polen. Mit deutlichen Abstand folgen Kinder in Kroatien und Rumänien.
    "Damit muss endlich Schluss sein. Es ist den deutschen Steuerzahlern nicht vermittelbar, warum sie beispielsweise für bulgarische Kinder, die in Bulgarien leben, Monat für Monat Kindergeld überweisen müssen. Doch die Bundesregierung ist nicht in der Lage, diese Problem aus der Welt zu schaffen. Sie schafft es nicht mal, das Kindergeld für ausländische Kinder im Ausland an die entsprechenden Lebenshaltungskosten im Heimatland anzupassen. Schon das würd die Steuerzahler deutlich entlasten. Obwohl die Bundesregierung das Thema mehrfach auf europäische Ebene angesprochen hat, lässt sie sich in dieser Frage seit über einem Jahr an der Nase herumführen", sagt der AfD-Abgeordnete Rene Springer gegenüber unserem Programm.
    "Für beide Regierungspartner weiter auf der Tagesordnung"
    Die AfD fordert deshalb die neue Bundesregierung auf, dieser Frage wieder entschieden nachzugehen. Sie dürfe diese Verschwendung von Steuergeldern nicht weiter zulassen, sagte Springer.
    Der kinderpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Matthias Seestern-Pauly, hielt Springer entgegen: "Einmal mehr werde wahrheitswidrig und bewusst der Eindruck erweckt, dass es einen systematischen Missbrauch von Sozialleistungen gäbe. Dies sei nicht der Fall."
    Christian Westhoff, Sprecher von Arbeitsminister Hubertus Heil, erklärte heute auf Nachfrage, die alten und neuen Koalitionspartner hätten sich mit dem Eckpunktepapier bereits darauf verständigt, "dass man gemeinsam das grundsätzliche Ziel eine Indexierung von Kindergeldzahlungen ins Ausland weiter verfolgen will und sich dieser Indexierung annähern möchte. Das wurde dann erst einmal mal auf Halt gesetzt mit Blick auch auf geltendes EU-Recht und Bedenken der EU-Kommission. Aber es bleibt für beide Regierungspartner weiter auf der Tagesordnung."
    Im Moment sei jedoch noch nicht absehbar, wann das Thema auf EU-Ebene konkret behandelt werden kann. Das Ganze könne nur im engen Zusammenspiel mit der EU-Kommission und den anderen EU-Partnern geschehen. Ein Deutscher Alleingang ist in dieser Frage auch nicht möglich und wäre nicht EU-rechtskonform.