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Bundesfinale "Jugend forscht" 2016
Hologramme und Diabetes-Zyklen

Edelsteine aus dem Labor, Treibstoff sparende Flugzeuge und die Suche nach Leben im All: Der Wissenschaftsnachwuchs beim Bundesfinale von "Jugend forscht" war mit ganz unterschiedlichen Projekten erfolgreich. Fürs Finale hatten sich 191 Jungforscher mit 110 Projekten qualifiziert, 62 Projekte wurden ausgezeichnet.

Von Maike Westphal | 30.05.2016
    Thomas Gerbracht aus Wuppertal demonstriert die von ihm entwickelte holografischen Projektion. Eine halbe Zange ist auf einem Podest montiert, die andere wird rein optisch als Hologramm ergänzt.
    Die eine Hälfte der Zange ist echt, die andere ein Hologramm aus dem Projektor von Tobias Gerbracht (dpa)
    "Ich starte das hier. Dann kann ich über die beiden Pfeile die verschiedenen Produkte auswählen und auch in die 3D-Umgebung einladen."
    Tobias Gerbracht ist fasziniert von Hologrammen. Im Raum schwebende Objekte, die man scheinbar greifen kann – die aber nur virtuell existieren. Sein Projekt gehört zu den spektakulärsten beim Bundeswettbewerb "Jugend forscht". Der 18-Jährige ist umringt von interessierten Besuchern. Und wird nicht müde, zu erklären, wie sein selbstgebauter Hologramm-Projektor funktioniert.
    "Unten ist in einem Kasten die gesamte Technik verstaut und über einen Schlitz und ein Loch gelangt das Ganze nach oben und man kann frei im Raum ein Objekt schweben sehen."
    Augmented Reality nennt sich das. Eine Technologie, die man zum Beispiel aus Kinofilmen kennt. Das Besondere an Tobias Projektor ist, dass der Betrachter keine Spezialbrille benötigt. Man kann die Projektion schon im Vorbeigehen sehen. Mit einem Beamer projiziert der Jungforscher das zuvor berechnete Hologramm auf eine Glasscheibe.
    "Das kann man sich vorstellen, wie in Star Wars mit Prinzessin Lea. Man kann dreidimensionale Objekte frei im Raum schweben lassen. Und hat dann Hologramme, aber nicht nur in Kinofilmen, sondern in der Realität."
    Für seine Forschung wurde der Schüler aus Wuppertal mit dem ersten Preis im Bereich "Arbeitswelt" ausgezeichnet. Die Jury lobte in ihrer Laudatio unter anderem das professionelle Design und die hohe Qualität des Projektors. Das Ergebnis monatelanger Arbeit.
    "Angefangen hat es in einem kleinen Werkraum, in dem ich aus Papier, Pappe und Holz was zusammengeschreinert habe. Und dann habe ich mich irgendwann entschieden, jetzt möchte ich etwas Hochwertigeres machen. Und hab dann mit über 25 Sponsoren das Ganze auch finanziert bekommen."
    Um seinen Hologrammprojektor zu bauen, hat Tobias mit verschiedenen Firmen zusammengearbeitet. Denn er brauchte nicht nur Geld für Materialien, sondern auch besondere Fertigungsmaschinen wie Laser- und Wasserstrahlschneider. Inzwischen hat er sich die Technik patentieren lassen – und bereits Pläne, wo man sie einsetzen könnte. Im Marketingbereich zum Beispiel, auf Messeständen.
    "Da werde ich Firmenprodukte innovativ im Sinne eines Visual Marketing präsentieren. Oder man kann es für eine neue Produktentwicklung nutzen, indem man nicht erstmal 3D drucken muss, sondern direkt holografisch testen kann, ob die Komponenten zusammenpassen."
    Auf Interesse stößt auch das Projekt von Sara-Luisa und Anja-Sophia Reh, die mit dem ersten Preis in Biologie ausgezeichnet wurden. Die Schwestern aus Augsburg haben erforscht, wie sich der Menstruationszyklus auf den Blutzucker auswirkt. Aus den gemessenen Werten entwickelten sie eine einfache Handy-App für Diabetikerinnen.
    "Wir hatten schon sehr viele Diabetiker, die uns drauf angesprochen haben und die App wirklich unbedingt haben wollten und es haben auch ganz viele über Mail oder so geschrieben. Und wir werden jetzt natürlich probieren, die App möglichst schnell auf den Markt zu bringen, damit viele Diabetiker die Möglichkeit haben, diese Schwankungen auszugleichen."
    Die 14-jährige Anja-Sophia leidet selbst seit zehn Jahren an Diabetes. Ihr Blutzucker war eigentlich immer gut eingestellt. Doch mit Beginn der Menstruation kam es auf einmal zu Schwankungen. Die Mädchen wollten wissen, wie Zyklus, Blutwerte und Hormonspiegel zusammenhängen. Über Monate werteten sie die Blutzuckerwerte und Insulingaben von Anja-Sophia aus – und stellten fest: In der ersten Hälfte des Zyklus, bis zum Eisprung, steigt die Wirksamkeit des Insulins im Körper an, danach sinkt sie wieder. Anja-Sophia hat bereits von ihrer Forschung profitiert.
    "Die Blutzuckerwerte sind deutlich besser geworden und sie sind auch gar nicht mehr gesundheitsschädlich."
    Die Jungforscherinnen haben versucht, ihre Einzelfallstudie anhand klinischer Daten zu erweitern. Bis Frauen die App tatsächlich nutzen können, müssen natürlich weitere Untersuchungen folgen. Aber die Schwestern - und auch Tobias mit seinem Hologrammprojektor - sind fest entschlossen, weiter zu forschen.
    Sara-Luisa meint: "Es hat uns auf jeden Fall der Wettbewerb unheimlich motiviert an der Forschung dranzubleiben. Und sich hinzuhocken, durchzuhalten, auch, wenn auf Anhieb nicht so optimale Ergebnisse herauskommen."
    Und Tobias: "Also jetzt habe ich ein richtig tolles Feedback bekommen und möchte das ganze Konzept weiter ausarbeiten, um dann einen noch spektakuläreren Projektor bauen zu können."