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Bundesgerichtshof entscheidet über Videorechte im Netz

Verlängerung vor dem Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe: Seit 2007 streitet der Württembergische Fußballverband mit der Internet-Plattform Hartplatzhelden über die Videorechte an den Amateurfußball-Begegnungen. Das Landgericht sowie das Oberlandesgericht Stuttgart hatten zu Gunsten des Verbandes entschieden, jetzt soll der BGH die letzte Entscheidung fällen.

Von Heinz Peter Kreuzer | 23.10.2010
    Im Weltmeisterschaftsjahr 2006 war "Hartplatzhelden" gestartet, in guten Zeiten luden die Hobbyfilmer bis zu 20 Videos täglich hoch. Heute sind die Betreiber des Youtube für Amateurfußballer über jedes einzelne Video froh. Grund ist die Klage des Württembergischen Fußball-Verbandes WFV im Jahr 2007. Der Sportjournalist Oliver Fritsch ist einer der Mitgründer des Internetportals:

    "Der WFV beansprucht für sich, die Bildrechte an Fußballspielen, auch an Amateur- und Jugendspielen, die in seiner Region stattfinden. Wir zeigen Videos von Fußballspielen, zeigen schöne Tore, die Privatleute gefilmt haben, und machen daraus eine regelmäßige Tor des Monats-Wahl, aber die Württemberger wollen das verbieten."

    Der Verband sieht in dem Angebot einen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht. WFV-Justitiar Frank Thumm:

    "Unser Ansatz ist der, das in dem Moment, wo ein Unternehmen auf den Plan tritt, das was Ehrenamtliche, was Verbände leisten, an Organisation, an Bereitstellung von Resourcen, an Infrastruktur, kommerziell zu verwerten, zu verkaufen. Dann werden wir auf den Plan gerufen, und dann wollen wir das untersagen, wollen unsere Rechtsposition jetzt durch den BGH geklärt wissen."

    Ein vom Oberlandesgericht Stuttgart angeregter Vergleich ist gescheitert. Um den Rechtsweg bis zum Bundesgerichtshof beschreiten zu können, musste Fritsch um Spenden bitten. Etwa 5000 Euro sind zusammengekommen, eigentlich viel zu wenig. Deshalb muss Fritsch auf Sieg setzen, um nicht Gerichtskosten in fünfstelliger Höhe zahlen zu müssen. "Hartplatzhelden" ist kein Web-Projekt, das riesige Gewinne verspricht, trotzdem will Fritsch den Weg zu Ende gehen:

    "Weil ich finde, das es einer tun muss. Ich glaube, wir beobachten gerade hier in diesem Fall, wie sich Verbände eines Instruments bedienen wollen, und eine Macht erlangen wollen, die ihnen nicht zusteht. Verbände sind für die Vereine da, für die Spieler, da. Verbände sind gemeinnützig, und die haben aus meiner Sicht nicht das Recht, solche Eingriffe in die Freiheit im Internet durchzuführen. Und ich bin auch mit vielen Rechtsexperten einer Meinung, das wir gute Chancen haben zu gewinnen."

    Aber auch der Profifußball beobachtet das Verfahren in Karlsruhe mit großem Interesse. In der Vergangenheit musste die Deutsche Fußball-Liga mit dem Bundeskartellamt um die Zentralvermarktung streiten. Die organisatorischen Leistungen der DFL wurden nicht anerkannt. Stattdessen hieß es, der Ligaverband würde ihm nicht zustehende Rechte sammeln und daraus ein Kartell bilden. Eine Entscheidung pro Fußball-Verband würde die rechtliche Situation gänzlich ändern, glaubt der Münchner Sportrechtler Martin Stopper:

    "Der Verband erbringt hier eine eigene Leistung, und er ist ein natürlicher Marktteilnehmer. Und das ist etwas besonderes und wichtiges. Und wenn das der BGH bestätigt, hat das nachhaltige Auswirkungen. Denn zum ersten Mal wird in dieser ausdrücklichen und ausführlichen Art und Weise, werden die Leistungen des Verbandes rechtlich und ökonomisch anerkannt."

    Für die DFL würde das ganz neue Vermarktungs-Szenarien bedeuten. Die 20 Uhr-Grenze für Zusammenfassungen im frei empfangbaren Fernsehen könnte fallen.