Rückgabe von Raubkunst

"Gutgläubig" oder "bösgläubig" erworben?

Bilderlager eines Museums
Bilderlager eines Museums © Zentralbild
Willi Korte im Gespräch mit Vladimir Balzer · 19.11.2018
Erfolgreiche Restitutionen bleiben die Ausnahme, sagt der Experte Willi Korte. Die Rechtslage sei nach dem Fall Gurlitt nicht geändert worden, da Politik und Kunsthandel sich bislang nicht geeinigt hätten.
Ein Raubkunst-Gemälde aus der Sammlung des von den Nationalsozialisten verfolgten jüdischen Kunstsammlers Max Stern ist kurz vor dem Verkauf in Düsseldorf zurückgegeben worden. Das Bild "Seesturm" des Malers Johannes Hermanus Koekkoek (1778-1851) wurde am Montag an Vertreter der Erben übergeben, wie das Max Stern-Kooperationsprojekt mitteilte.

Umkehr der Beweislast

Der Historiker und Experte für die Restition von Kunst, Willi Korte, begrüßte die Rückgabe des Werks im Deutschlandfunk Kultur, kritisierte aber die aktuelle Rechtslage. Die rechtlichen Grundlagen, eine Rückgabe geraubter Kunst geltend zu machen, sei sehr lückenhaft. Die Restitution von Raubkunst aus einer privaten Sammlung an die früheren jüdischen Eigentürmer auch durchzusetzen, sei meist kaum möglich: "Nach deutschem Recht gibt es für Anspruchsteller die aus dieser Zeit kommen keinerlei juristische Möglichkeiten, hier etwas geltend zu machen."
Das Problem sei dabei die sogenannte Umkehr der Beweislast bei der Frage des gutgläubigen Erwerbs: "Wenn Sie vor zehn Jahren im Kunsthandel ein Bild erworben haben und ich komme nun und fordere das von Ihnen und wenn Sie dann sagen 'Ich habe das vor zehn Jahren gutgläubig erworben, da hat ja niemand etwas gesagt und ich habe ja gar keinen Grund gehabt, hier irgendwie Zweifel zu haben' - wird das nie etwas mit der Restitution."
Solange die Beweislastfrage nicht geändert werde, solange also der frühere beraubte Eigentümer oder seine Erben der Gegenseite die Bösgläubigkeit beim Erwerb nachweisen muss, bestehe kaum eine Chance, das Werk zurückzubekommen, so der Provenienzforscher.

Große Widerstände im Kunsthandel

Nach dem Fall Gurlitt habe die Politik versprochen, eine neue juristische Lösung für die Rückgabe und Rückforderung von Werken der Raubkunst zu finden, sagt Korte: "Doch es ist bis heute nicht zu dieser Lösung gekommen." Dafür brauche es in der Tat ein sehr spezielles Gesetz oder sehr spezielle Regelungen, die beschränkt sind auf die Jahre 1933 bis 1945. Der Widerstand aus dem Kunsthandel gegen eine Verpflichtung, "sich aktiv mit Restitutionsansprüchen auseinanderzusetzen und vor allem aktiv die eigene Kundschaft miteinzubeziehen", sei sehr groß.
Korte empfiehlt hier, auf politischer Ebene mit den Vertretern des Kunsthandels zu reden und so einen Dialog zwischen den derzeitige Besitzern und den früheren Eigentümern der Kunstwerke zu ermöglichen. Eine der größten Hürden für eine offene Debatte über die Ansprüche der alten Eigentümer sei die fehlende Auskunftspflicht der Eigentümer.
Bislang gibt es lediglich international für öffentliche Eigentümer eine Verpflichtung durch die sogenannten Washingtoner Prinzipien von 1998. Darin verpflichteten sich die unterzeichnenden Länder, Raubkunst in öffentlichen Museen aufzuspüren und gerechte Lösungen für die Erben der NS-Opfer zu suchen. Für Raubkunst aus Privatbesitz gilt die Selbstverpflichtung nicht.
Mehr zum Thema