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Bundespräsident in Pennsylvania
Gauck setzt auf Selbstkritik und Erneuerung

In seiner Rede an der Universität Pennsylvania bekräftigte Bundespräsident Joachim Gauck das transatlantische Bündnis mit den USA. Seitenhiebe auf das merkwürdige Verständnis von Datenschutz seitens der US-Geheimdienste konnte er sich allerdings nicht verkneifen.

Von Bettina Klein | 06.10.2015
    Bundespräsident Joachim Gauck sprich beim Besuch der University of Pennsylvania in Philadelphia in den USA.
    Bundespräsident Joachim Gauck sprich beim Besuch der University of Pennsylvania in Philadelphia in den USA. (dpa/picture alliance/Wolfgang Kumm)
    Eine Grundsatzrede zum transatlantischen Verhältnis hielt der Bundespräsident, nicht mehr aber auch nicht mehr weniger - in der er auf die Wurzeln der Verbundenheit einging. Auf die gemeinsame Geistes und Ideengeschichte, die gemeinsamen Werte, aber auch auf die wechselseitige Kritik und das Unverständnis übereinander, das auf beiden Seiten des Atlantiks mal mehr mal weniger vorhanden ist - Beispiel NSA-Affäre: "Man fragt sich dann, warum Telefonverbindungsdaten deutscher Minister - oder eines Landwirtschaftsministers - in Listen amerikanischer Dienste auftauchen und was das wohl mit Terrorismusabwehr zu tun hat."
    Auf der anderen Seite verstünden viele Amerikaner nicht, weshalb die Deutschen ihre Verteidigung der Freiheit von anderen erwarten. Welcher Natur also sind diese zeitweiligen Entfremdungen? Unterschiedliche historische Erfahrungen, so Gauck, führen nun mal zu unterschiedlichen Abwägungen. Der Westen sei keine Monokultur und - Stichwort moralische Fallhöhe - vom Schurken erwarten wir vielleicht sowieso weniger als vom Bannerträger der Demokratie.
    Appell zur Selbstkritik und Erneuerung
    Wie sollen wir nun mit den Meinungsverschiedenheiten umgehen und welche Schlussfolgerungen ziehen? Gauck setzt auf die Fähigkeit zur Selbstkritik und Selbsterneuerung demokratischer Gesellschaften und auf Vertrauen in das ewige Reformprojekt der Demokratie.
    Doch sein eindringlicher Aufruf lautet: Trotz aller Meinungsverschiedenheiten an diesem Bündnis festzuhalten und es zu intensivieren, weil es nicht optional ist, so Gauck, nicht eines unter vielen - sondern essenziell strategisch.
    "In einer Welt, in der Terroristen wüten, Autokraten und Diktatoren auftrumpfen, Staaten zerfallen und Regionen im Chaos versinken, ist das bewährte Bündnis der freien und demokratischen Staaten die wichtigste Stütze der Stabilität."
    Dank an USA für Haltung zur Deutschen Einheit
    Großer Dank an Amerika für die Aufrechthaltung von Freiheit und Demokratie in Zeiten, als in Deutschland Diktaturen herrschten, und er ging auch ein auf die entscheidende Rolle bei der deutschen Einheit, die von den Amerikanern früher und entschiedener unterstützt wurde als von anderen Alliierten.
    Mit Blick auf die Flüchtlinge und das Drama in Syrien schlug Gauck wieder den Bogen zur Geschichte und den Einwanderern nach Amerika: "Mit meinem Land verbinden die Flüchtenden dieselben Gefühle, die unsere Vorfahren eins hegten, als sie der Freiheitsstatue in New York entgegen segelten."
    Im Zeitalter der schnellen Informationsvermittlung und des einfachen Transports sind wir miteinander verbunden wie nie zuvor, so der Bundespräsident. Sein Fazit: "Sich einzuigeln, ist keine Option, keine Lösung mehr. Nicht für Deutschland, nicht für Europa und übrigens auch nicht für die USA."