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Bundespräsidentengattin
"Man verfestigt ein traditionelles Rollenbild"

Mit der Amtseinführung des neuen Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier zieht auch dessen Frau Elke Büdenbender ins Schloss Bellevue ein. Zu deren Rolle gebe es im geltenden Staatsrecht keinerlei Aussage, sagte die Staatsrechtlerin Sophie Schönberger im DLF. Sie gebe es als Dreingabe noch dazu - man verfestige damit ein ganz traditionelles Rollenbild.

Sophie Schönberger im Gespräch Henning Hübert | 22.03.2017
    Der neue Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und seine Frau Elke Büdenbender vor dem Schloss Bellevue
    Amtsübergabe im Schloss Bellevue: Der neue Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier mit seiner Frau Elke Büdenbender (picture alliance/ dpa/ Bernd von Jutrczenka)
    Henning Hübert: Zuerst aber einige staatsrechtliche Überlegungen zur heutigen Amtseinführung Frank-Walter Steinmeiers. Es geht uns speziell um seine Ehefrau Elke Büdenbender. Er hat seinen Eid als Bundespräsident geleistet, seine erste Ansprache hat er gehalten und deutliche mahnende Worte in Richtung Türkei gefunden. Und er wurde mit militärischen Ehren im Park von Schloss Bellevue begrüßt.
    Ihm zur Seite Elke Büdenbender. Sie will ihre Tätigkeit als Berliner Verwaltungsrichterin ruhen lassen. In welche Rolle schlüpft die Bundespräsidentengattin nun? Darüber hat die Konstanzer Staatsrechtsprofessorin Sophie Schönberger nachgedacht und als Antwort das Wort "Bundeshausfrau" gefunden. Sie rutscht da rein ins Schloss Bellevue, wird weder gewählt noch bezahlt, und dennoch erwarten sie viele Aufgaben. Das kritisierte sie so kürzlich in der "Süddeutschen".
    - Daher die Frage an Sophie Schönberger: In der Tradition seit Elly Heuss, was wird da von der Ehefrau des Bundespräsidenten genau erwartet?
    Sophie Schönberger: Es gibt tatsächlich eine große Vielzahl an Erwartungen, die an die Ehefrau oder auch die Partnerin des Bundespräsidenten herangetragen werden. Das reicht von der Schirmherrschaft über das Müttergenesungswerk – das ist eine Tradition von Elly Heuss-Knapp – bis hin zu diversen repräsentativen Veranstaltungen, bei denen die Frau an der Seite des Präsidenten entweder jedenfalls Gesellschaftsdame - so hätte man das früher gesagt - oder selber Gastgeberin ist. Es sind also eine Vielzahl vor allen Dingen von repräsentativen und ins Karitative gehenden Anlässen und Verpflichtungen.
    Hübert: Finden Sie denn auch Spuren im Staatsrecht dazu, was eine Präsidentengattin oder ein Präsidentengatte leisten muss? Und wenn nicht, was sagt diese Lücke über unsere Art Staatsführung denn aus?
    Schönberger: Es gibt tatsächlich im geltenden Staatsrecht dazu keinerlei Aussage. Und das ist auch nicht verwunderlich, denn dieses Modell eines Ehepartners, der nur Kraft Familienangehörigkeit in ein solches repräsentatives Amt mit einbezogen wird, das ist kein Modell unseres republikanischen Staatswesens, sondern das ist ein ganz intensives Überbleibsel der Monarchie. Da kennen wir genau das: Da ist die Staatsleitung eine Familienangelegenheit. Da wird das Staatsoberhaupt kraft Familienangehörigkeit zum Staatsoberhaupt und der Ehepartner wird damit in die Rolle eingebunden. In der Monarchie, auch in den modernen europäischen Monarchien haben wir deswegen auch zumindest noch Elemente einer staatsrechtlichen Anerkennung. In unserer republikanischen Verfassung fehlt das konsequenterweise, was die Sache aber noch prekärer macht.
    "Nicht demokratisch legitimiert"
    Hübert: Nun gibt es aber viele Beispiele für Hilfen für Kranke und Benachteiligte durch die Präsidentengattin. Nehmen wir mal Mildred Scheel als Gründerin der Deutschen Krebshilfe, Marianne von Weizsäckers Engagement für Drogenabhängige oder Eva-Luise Köhlers Leitung der Achse – das ist die Allianz chronischer seltener Erkrankungen. Wo soll denn für sie das karitative Element sonst repräsentativ hin, wohin aufgehoben sein, das unsere Gesellschaft ja auch mitprägt?
    Schönberger: Das ist eine Frage, die man beantworten muss, die politisch beantwortet werden muss. Meiner Meinung nach kann man die zum Beispiel direkt beim Bundespräsidenten selber verankern und seine Rolle stärker auch karitativ verstehen, wenn das unser Repräsentationsverständnis ist. Aber ein Verständnis, bei dem man sagt, wir haben ein Amt, das eigentlich kein Amt ist, das nicht demokratisch legitimiert ist, das eigentlich überhaupt nicht in Form einer öffentlichen Funktion ausgeübt wird und darin verlagern wir es hinein, das ist aus verschiedenen Gründen sehr problematisch. Zum einen, weil es tatsächlich so ist: Diese ganzen Aktivitäten, die Sie genannt haben, sind im Grunde gar keine öffentlichen Aktivitäten, sondern die Frauen der Bundespräsidenten haben da in einem sehr merkwürdigen Graubereich gearbeitet.
    Und letztlich ist das ihr privates Engagement gewesen, für das sie zum Teil auch eigenes Geld aufgebracht oder privates Geld eingesammelt haben. Das Geld für das Müttergenesungswerk, das hat Elly Heuss-Knapp zum Teil selber gespendet und zum anderen Teil einfach persönlich eingesammelt. Das ist die eine Seite, es ist gar nicht so öffentlich, wie es wirkt. Und die andere Seite ist: Wenn man das einfach dem Ehepartner aufbürdet, dann verfestigt man natürlich ein ganz, ganz traditionelles Rollenmodell, bei dem man denkt, na ja, wir haben zwar den Mann gewählt, und es ist bisher einfach immer der Mann, und die Frau darf dann entsprechende gesellschaftliche Aufgaben wahrnehmen, wie wir das aus den 50er- und teilweise noch aus den 60er-Jahren kennen. Aber was eigentlich an der Staatsspitze meiner Meinung nach nichts zu suchen hat.
    "Frau gibt es als Dreingabe dazu"
    Hübert: Müsste Elke Büdenbender, die ja jetzt ihren Beruf als Verwaltungsrichterin ausklammert und nicht mehr ausübt, bezahlt werden für ihre neue Aufgabe?
    Schönberger: Das ist natürlich eine schwierige Frage. Ich denke, es ist nicht damit getan, dass man ihr einfach Geld gibt, so wie man einer persönlichen Referentin von Herrn Steinmeier Geld geben würde. Denn das Amt, was man von ihr erwartet, ist ja eigentlich etwas, was über ein Angestelltenverhältnis - noch in Abhängigkeit zum Ehemann - eigentlich hinausgeht. Denn im Moment ist die Rollenerwartung die, dass sie selbstständig repräsentiert, dass sie selbstständig auch eine bestimmte Aufgabe für das Gemeinwesen wahrnimmt.
    Und dann müsste man meiner Meinung nach darüber nachdenken, ob man entweder das in irgendeiner Form demokratisch legitimiert und dann natürlich auch bezahlt. So wie man eben den Bundespräsidenten demokratisch legitimiert und dafür bezahlt. Oder ob man sagt, dann verzichtet man lieber ganz auf die Rolle, denn man wählt eben nur ein Staatsoberhaupt. Denn wenn wir die Erwartung haben, dass wir ein Paar an der Spitze haben – diese Erwartung kann man haben, das wäre legitim -, dann muss man das entsprechend auch demokratisch und republikanisch verankern und nicht einfach sagen, na ja, wir wählen den Mann und die Frau gibt es als Dreingabe noch dazu.
    Hübert: ... sagt die Jura-Professorin Sophie Schönberger von der Uni Konstanz zum Thema Bundeshausfrau.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.