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Bundesrechnungshof-Bericht
Fehler der Bundesbehörden kosten Milliarden

Der Präsident des Bundesrechnungshofs, Kay Scheller, stellt der Bundesregierung ein schlechtes Zeugnis aus: Die Behörden machten bei Steuereintreibung und Ausgabenkontrolle zu viele Fehler. Zudem sei der Bund nicht ehrgeizig genug, um zu sparen, Schulden abzubauen und zielgenau zu investieren.

Von Sandra Schulz | 13.11.2018
    Der Schriftzug mit Bundesadler des Bundesrechnungshofes an einer Mauer vor dem Gebäude in Bonn.
    Der Bundesrechnungshof verlangt harte Einnahmen- und Ausgabenkontrolle vom Bund (dpa / Wolfgang Moucha)
    Eine Verkehrsanlage, die auf einer Bundesautobahn die Geschwindigkeit begrenzen soll, wenn die Grenzwerte überschritten werden. Geplant für einen Standort, an dem die Grenzwerte seit zwei Jahren - so der Bundesrechnungshof - ohnehin eingehalten werden. Kosten: 3,4 Millionen Euro. Eine ministeriumseigene Kfz-Werkstatt, die offenbar kaum genutzt wird. Wegen fehlender Aufsicht lässt sich der Bund beim Wohngeld von den Ländern übers Ohr hauen.
    Auch in diesem Jahr ist die Liste der Beanstandungen des Bundesrechnungshofes lang. Am deutlichsten fällt aber die Kritik von Bundesrechnungshofpräsident Kay Scheller an den großen Linien aus. Er sieht den Bundeshaushalt
    "…immer stärker unter Druck. Die günstigen Rahmenbedingungen, die schwarzen Nullen erzeugen mittelfristig betrachtet nur noch eine Scheinsicherheit. Neu und notwendig wäre deshalb eine finanzwirtschaftliche Strategie, die einen nachhaltig tragfähigen Bundeshaushalt zum Ziel hat: Konsolidieren, investieren, Schulden abbauen!"
    Teure, neue Pläne
    Genau das vermisst Scheller. Brexit, demographischer Wandel, weitere Risiken auf europäischer Ebene - für diese Herausforderungen sieht er den Bundeshaushalt nicht ausreichend vorbereitet. Zwar erkennt der Präsident an, dass der Bund zum fünften Mal in Folge ohne neue Kredite auskommt. Kritisch sieht er aber teure, neue Pläne der Bundesregierung: die Ausweitung der Mütterrente, die gerade beschlossene doppelte Haltelinie bei der Rente, die Übernahme immer neuer Finanzierungsaufgaben, die eigentlich die Länder zu stemmen hätten. Eine Konsolidierung des Bundeshaushalts - laut Scheller - nicht in Sicht:
    "Um seine Nachhaltigkeit steht es zu Beginn dieser Legislaturperiode nicht besser als in der letzten. Die Lage ist unverändert."
    Aber nicht nur über die Ausgabenseite ist der Bundesrechnungshof besorgt, auch mit der Einnahmeseite ist nicht zufrieden. Der Fiskus lasse Geld liegen, so Präsident Scheller, indem er die Prüfungen bei der Unternehmenssteuer schleifen lasse:
    "Ein Unternehmer muss lediglich alle 71 Jahre mit einer Umsatzusteuersonderprüfung rechnen. Die Folge: Ungleichmäßige Besteuerung und mehr Umsatzsteuerbetrug."
    Nachlässigkeit des Ministeriums
    Eine Nachlässigkeit des Bundesfinanzministeriums führte dazu, dass der öffentlichen Hand eine Milliarde Euro entgangen ist. Die Finanzämter hätten nach dem Ankauf von Steuer-CDs und den darauf folgenden Selbstanzeigen vieler Bürgerinnen und Bürger versäumt, hinterzogene Einkommenssteuer-Vorauszahlungen zu verzinsen.
    "Beschäftigte in der Finanzverwaltung wussten oft nicht, dass unterbliebene Einkommenssteuervorauszahlungen ebenfalls zu verzinsen sind. Die Berechnung dieser Zinsen ist kompliziert, fehleranfällig und zeitaufwendig. Dazu fehlten den Finanzämtern bislang detaillierte Vorgaben sowie Beispiele zur Berechnung der Zinsen.
    Hier will das Finanzministerium jetzt nachbessern, sagt heute Vormittag Bundesrechnungshofpräsident Kay Scheller.
    Ein langes Kapitel widmen die Prüfer der Bundeswehr. Einen Überblick über die Sprengmittelbestände habe bei der Truppe oder im Ministerium niemand - so Scheller. Und auch heute gibt es Kritik an den Beraterverträgen des Ministeriums. Ob eine externe Beratung überhaupt nötig sei, das sei oft nicht geprüft worden.