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Bundesregierung
Frauenquote für Aufsichtsräte

Die Große Koalition hat sich auf eine Frauenquote für die größten Aktiengesellschaften in Deutschland geeinigt. Ein Zwang ist nicht vorgesehen. Wird die Quote nicht erfüllt, sollen die Stühle leer bleiben. Die CSU konnte nach eigenen Angaben ihr zentrales Anliegen durchsetzen.

26.11.2014
    Mehrere männliche und ein weibliches Vorstandsmitglied stehen auf einer Hauptversammlung zusammen auf dem Podium.
    Mehrere männliche und ein weibliches Vorstandsmitglied stehen auf einer Hauptversammlung zusammen auf dem Podium. (dpa / Oliver Berg)
    Nach übereinstimmenden Berichten hat sich die Koalitionsrunde aus CDU, CSU und SPD am späten Abend zu einer gesetzlichen Frauenquote durchgerungen. Rund 100 börsennotierte und mitbestimmungspflichtige Firmen sollen - müssen aber nicht - ab 2016 mindestens 30 Prozent der Aufsichtsratsposten mit Frauen besetzen. Dabei soll es keine Ausnahmen geben. Es geht am Ende um 170 Aufsichtsratsmandate für Frauen.
    Kann keine geeignete Frau für den Posten im Aufsichtsrat gefunden werden, soll der Stuhl unbesetzt bleiben. Zudem bleibe es dabei, dass sich 3500 mittelgroße Firmen, die mitbestimmungspflichtig oder börsennotiert sind, sich eigene Zielvorgaben beim Frauenanteil in den Führungsetagen setzen sollten.
    Gerade in großen Firmen sind nach Daten des Bundesfamilienministeriums Frauen unterrepräsentiert: Ende 2012 waren in den 200 größten Unternehmen nur 13 Prozent der Aufsichtsratsposten und nur 4 Prozent der Vorstandsposten mit Frauen besetzt.
    "Frauenquote wird Kulturwandel einleiten"
    "Wir haben im Grundgesetz die Gleichberechtigung eigentlich verankert von Frauen und Männern, sie ist aber nicht Lebensrealität", sagte die Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Manuela Schwesig (SPD), im Deutschlandfunk. "Dort, wo Entscheidungen getroffen werden, über die Arbeitswelt von Frauen, nämlich in den Aufsichtsratsgremien, in den Vorständen, müssen doch auch Frauen sein, die da mitsprechen können."

    Das Gesetz "wird auch einen Kulturwandel einleiten in der Arbeitswelt", sagte die Ministerin. "Wissen Sie, wenn es an der Spitze eines Unternehmens - ob in der Privatwirtschaft oder im öffentlichen Dienst - keine Gleichberechtigung gibt, wer glaubt denn daran, dass es für den Rest der Mannschaft dann Gleichberechtigung gibt?"
    Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) hat die Einigung als "historische Entscheidung" begrüßt. In Deutschland sei "jahrzehntelang" über die Quote diskutiert worden, sagte Maas im ZDF. "Jetzt kommt sie und damit wird Deutschland auch ein Stück moderner werden." Zur sogenannten "Sanktion des leeren Stuhls", wenn Firmen die Quote nicht erfüllen, sagte Maas, es werde "keinen einzigen leeren Stuhl geben, weil es überhaupt kein Problem geben wird", ausreichend qualifizierte Frauen für die Aufsichtsräte zu finden. "Die Geschichte, dass es nicht genug Frauen gibt, die können wirklich nur Leute erzählen, die geistig im letzten Jahrhundert hängen geblieben sind", sagte der Minister.
    CSU setzt Eckpunkte durch
    Die Union konnte sich mit ihrer Forderung nach Ausnahmen für bestimmte Branchen offenbar nicht durchsetzen. Die CSU setzte aber nach eigenen Angaben durch, dass Firmen nicht bestraft werden, wenn sie nach Erreichen der freiwilligen Quote den Wert wieder unterschreiten. Die Frauenquote auf der Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite soll zusammen berechnet werden. "Das ist ein guter Kompromiss, der unseren wichtigsten Bedenken Rechnung trägt", sagte die CSU-Landesvorsitzende Gerda Hasselfeldt nach Ende des Treffens.
    Gerda Hasselfeldt, die Vorsitzende der CSU-Landesgruppe
    Gerda Hasselfeldt, die Vorsitzende der CSU-Landesgruppe (picture alliance / dpa / Tobias Hase)
    Das Kabinett will das Gesetz am 11. Dezember verabschieden, hieß es in einer Erklärung. Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) zeigte sich nach den knapp viereinhalbstündigen Verhandlungen der Partei- und Fraktionschefs erleichtert auf Twitter.
    Ein guter Tag geht zu Ende. #Frauenquote kommt. Freue mich ;-)— Manuela Schwesig (@ManuelaSchwesig) November 25, 2014
    Koalitionsstreit beigelegt
    Teile der Union hatten den Entwurf von Ministerin Schwesig kritisiert, weil sie für Unternehmen zu große Belastungen fürchteten. Unionspolitiker warfen der Ministerin vor, mit ihrem Gesetzentwurf über die Vereinbarungen im Koalitionsvertrag hinausgegangen zu sein. Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) hatte Schwesig in ihrem Einsatz für die Frauenquote Weinerlichkeit vorgeworfen: "Die Frau Familienministerin soll nicht so weinerlich sein, sondern sie soll den Koalitionsvertrag umsetzen, dann ist alles in Ordnung", sagte Kauder im ZDF. SPD-Chef Sigmar Gabriel unterstellte Kauder daraufhin indirekt ein Frauen-Problem.
    Ein Jahr nach dem Start der großen Koalition wollten Kanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel, CSU-Chef Horst Seehofer, Gabriel und die Fraktionschefs ein Signal der Handlungsfähigkeit senden.
    (sdö/riv)