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Radiolexikon Gesundheit: Aphthen
Wenn die Mundschleimhaut erkrankt

Kleine Entzündungen der Schleimhaut im Mund mit vorübergehenden Geschwüren sind eigentlich harmlos und nicht ansteckend. Normalerweise verschwinden sie wieder nach ein paar Tagen. Doch wer einmal diese Aphthen gehabt hat, weiß aus eigener Erfahrung, wie schmerzhaft und lästig diese Erkrankung ist.

Von Susanne Rochholz | 20.08.2019
Mundschleimhautzellen werden für eine DNA-Probe entnommen
Sind sehr schmerzhaft, aber zum Glück meist schell wieder vorbei - kleine Geschwüre im Mund (picture alliance / Sven Hoppe/dpa)
Es brennt und kribbelt im Mund. Lebensmittel wie Orangensaft, Thai-Curry oder Chili con Carne verursachen Schmerzen. Viele alltägliche Tätigkeiten wie Kauen, Schlucken, Reden oder Zähneputzen tun weh: Wer solche Beschwerden hat, leidet möglicherweise gerade an Aphthen im Mund. Sie sind weit verbreitet. Professor Robert Sader, Direktor der Mund-, Kiefer- und plastischen Gesichtschirurgie in der Uniklinik Frankfurt am Main:
"Eine Aphthe ist ein kleines Geschwür auf der Mundschleimhaut, das sich plötzlich bildet, Größe ungefähr einer Linse und in den meisten Fällen nach ein paar Tagen von alleine wieder verschwindet. Allerdings in dieser Zeit zwischen Kommen und Gehen, da kann das ganz schön wehtun."
Betroffene meist zwischen 20 und 30 Jahre alt
Betroffene, die sich selbst mit Hilfe eines Spiegels in den Mund schauen, entdecken dort milchigweiße oder gelbliche Flecken mit rotem Rand. Meistens entstehen Aphthen auf dem Zahnfleisch, der Mundschleimhaut oder der Zunge. Manchmal sitzen sie aber auch am Gaumen. Die Schleimhaut ist entzündet und es entsteht ein lokal begrenztes Geschwür. Allgemeinmediziner Christian Sommerbrodt hat beobachtet, dass die schmerzhaften Flecken vor allem bei Patienten im Alter zwischen 20 und 30 Jahren auftreten.
"Wir unterscheiden verschiedene Formen, aber die meisten sind so nach 2 Wochen weg, sodass es in der ersten Linie darauf ankommt, dass sich auf die Entzündung nicht noch weitere bakterielle Entzündungen drauf setzen und dass der Patient mit den Schmerzen zurecht kommt."
Am weitesten verbreitet ist die so genannte Minorform. Die entzündeten Stellen sind klein und eher oberflächlich, sodass sie ohne Narbe wieder abheilen. Major-Aphthen sind größer und dringen tiefer in die Schleimhaut ein. Der Heilungsprozess der größeren Geschwüre dauert länger als beim Minortyp und es bleibt oft eine Narbe zurück. Sehr selten ist eine dritte Form, die sogenannten herpetiformen, also bläschenartige Aphthen. Dabei bilden sich sehr viele, sehr kleine Flecken.
Aphthen sind Massenphänomen mit vielen Unbekannten
Frauen erkranken nach Beobachtung von Ärzten etwas häufiger als Männer. Warum das so ist, ist nur eines von mehreren Rätseln im Zusammenhang mit den kleinen Mundgeschwüren. Denn Aphthen sind zwar ein Massenphänomen, doch die Medizin weiß noch längst nicht alles über sie.
"Die Ursache letztendlich wissen wir nicht genau. Es handelt sich wahrscheinlich um eine spezielle Körperreaktion auf eine Infektion oder auf einen Stress",
sagt Professor Sader. Hausarzt Sommerbrodt erläutert:
"Es werden eine Vielzahl von Ursachen diskutiert: Also das fängt bei Vitamin-B12-Mangel an, Zinkmangel, Selenmangel, Eisenmangel. Es werden verschiedene andere Mangelsymptome diskutiert oder virale Infekte, Verletzungen der Mundschleimhaut, Reaktion auf zu scharf gewürzte Speisen. Aber eine genaue Ursache hat sich da noch nicht lokalisieren lassen und dementsprechend gibt es auch keine spezifische Therapie, sondern nur eine rein symptomatische."
Selbstbehandlung möglich, aber...
Sommerbrodt empfiehlt beispielsweise eine Salbe mit einem Betäubungsmittel oder ein Spray mit dem Wirkstoff Hyaluron. Betroffene könnten ebensogut desinfizierende Arzneien oder anti-entzündliche Hausmittel wie Salbei, Ingwer, Kurkuma oder Teebaumöl auftragen. Auch Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurg Sader hält eine lokale Behandlung mit desinfizierenden und schmerzlindernden Tinkturen in der Regel für ausreichend. Wenn die Beschwerden zu stark werden, könnten die Patienten auch mal eine Schmerztablette nehmen. Beide Ärzte betonen aber die Grenzen der Selbstbehandlung.
"Häufig beginnt zum Beispiel ein bösartiger Tumor in der Mundhöhle auch mit einem kleinen Geschwür und das, was nicht abheilt, muss näher untersucht werden. Generell gilt in der Mundhöhle, dass jede Veränderung, die nicht innerhalb von maximal 2 Wochen von alleine wieder verschwindet, einer fachärztlichen Abklärung bedarf."
Robert Sader rät dazu, als erstes den Zahnarzt aufzusuchen.
"Der Zahnarzt ist ja eigentlich der Hausarzt der Mundhöhle und kennt sich am besten mit Mundschleimhaut-Veränderungen aus. Wer sich noch gut in dem Bereich auskennt, sind Dermatologen. Aber das sind Fachärzte, das heißt: Dorthin führt der Weg über den Hausarzt."
Der Hausarzt sei der richtige Ansprechpartner, wenn Aphthen häufiger aufträten – was bei vielen Patienten der Fall ist. Hausarzt Sommerbrodt verweist außerdem auf Hals-, Nasen-, Ohrenärzte als zuständige Disziplin, weil Aphthen eine Erkrankung der Schleimhäute sind. Stark ausgeprägte wunde Stellen im Mund könnten erste Anzeichen einer Krebserkrankung sein, aber auch ein Hinweis auf Rheuma, entzündliche Darmerkrankungen oder eine Infektion mit dem Aids-Erreger HIV.