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Bundestag
Norbert Lammert tritt Parlamentsdebatte los

Der Bundestagspräsident soll sauer sein, weil bei einer Befragung der Bundesregierung kein einziges Kabinettsmitglied anwesend war. Die Opposition geht noch weiter und fordert ein Rede-und-Antwort-Stehen der Kanzlerin persönlich. Doch die wiegelt ab.

Von Christel Blanke | 26.09.2014
    Bundestagspräsident Norbert Lammert
    Bundestagspräsident Norbert Lammert (dpa / picture-alliance / Bernd von Jutrczenka)
    Bundestagspräsident Norbert Lammert nimmt kein Blatt vor den Mund. Wenn ihm etwas nicht passt, dann sagt er es. Egal, welche Partei es betrifft. Und auch vor der schwarz-roten Bundesregierung macht der CDU-Mann nicht halt. Anlass für seine jüngste Kritik ist die Befragung der Bundesregierung - ein Standardtermin zu Beginn jeder Sitzungswoche im Bundestag - für den die Bundesregierung das Thema setzt. In dieser Woche war es der Bericht der Regierung zum Stand der deutschen Einheit. Rede und Antwort stand aber nicht der zuständige Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel, wie es die Geschäftsordnung vorsieht, sondern seine parlamentarische Staatssekretärin Iris Gleicke.
    Sollte bei der nächsten Befragung wieder kein Minister auftauchen, drohte nun Lammert nach Informationen mehrerer Zeitungen in einer Sitzung des Ältestenrates, dann werde er den Tagesordnungspunkt gar nicht erst aufrufen. Regierungssprecher Steffen Seibert weist den Vorwurf des Bundestagspräsidenten zurück:
    "Grundsätzlich achtet die Bundesregierung darauf, dass bei der Befragung der Bundesregierung auch die zuständigen Bundesminister anwesend sind. Das war in dieser Legislaturperiode auch überwiegend der Fall. Es ist im Übrigen ja auch vorgesehen, dass die parlamentarischen Staatssekretäre die jeweiligen Mitglieder der Bundesregierung bei ihrer Erfüllung der Regierungsaufgaben unterstützen."
    Grüne: Fragestunden müssen lebendiger werden
    Im konkreten Fall, so Seibert, sei Iris Gleicke als Beauftragte der Bundesregierung für die neuen Bundesländer außerdem sachlich wie fachlich zuständig gewesen. Aber nicht nur der Bundestagspräsident, auch die Fraktionen fordern mehr Präsenz der Minister bei der Befragung der Bundesregierung und der anschließenden Fragestunde. Denn in der Regel sind diese Tagesordnungspunkte nicht gerade Publikumsrenner:
    "Meistens ist es so, oder fast immer, dass durch Staatssekretäre die Fragen beantwortet werden, die am Freitag vor dem Mittwoch die Abgeordneten schriftlich eingereicht werden."
    Die Fragestunden müssen lebendiger und spannender werden, sagt Britta Haßelmann, die parlamentarische Geschäftsführerin der grünen Bundestagsfraktion. Und fordert ebenso wie die SPD, nicht nur Minister, sondern auch die Kanzlerin solle künftig Rede und Antwort stehen. Die Unionsfraktion lehnt das ab. Eine Befragung der Kanzlerin nach britischem Vorbild wäre lediglich eine Politikshow, meint der parlamentarische Geschäftsführer Michael Grosse-Bröhmer. Britta Haßelmann kann das nicht nachvollziehen:
    "Ich finde, dass es gar keinen Grund gibt, warum die Kanzlerin nicht auch in die Fragestunde oder Regierungsbefragung kommt, denn schließlich stellt sie sich auf einer Bundespressekonferenz auch den Fragen der Journalistinnen und Journalisten, und das müsste auch ein Recht der Parlamentarier und Parlamentarierinnen sein."
    Direkte Fragen wie in Großbritannien
    Die Befürchtungen der Union hält auch Christine Lambrecht, die parlamentarische Geschäftsführerin der SPD, für an den Haaren herbeigezogen:
    "Wir können selbst die Regeln aufstellen, nach denen das erfolgen soll. Und ich traue Frau Merkel durchaus zu, dass sie in der Lage ist, das richtig bravourös zu gestalten, und den Abgeordneten des Bundestages ebenfalls, dass das eine informative und attraktive Fragestunde dann wird und keineswegs verkommt zu einer Klamaukveranstaltung."
    Die Kanzlerin selbst hält sich bisher bedeckt. Das sei nun erst einmal eine Angelegenheit des Parlamentes, so Vize-Regierungssprecherin Christiane Wirtz. Auf die Frage, ob die Kanzlerin sich fürchte, sich ebenso wie der britische Premier direkt den Fragen der Abgeordneten zu stellen, ist die Antwort aber ein entschiedenes:
    "Nein."