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Bundestag reformiert Bund-Länder-Finanzen
Weniger Eigenständigkeit, mehr Geld für die Länder

Es ist eines der wohl bedeutendes Reformprojekte der großen Koalition: Die Neuregelung der Bund-Länder-Finanzen. Der Bundestag hat die umstritte Reform mit der notwendigen Zwei-Drittel-Mehrheit beschlossen, morgen muss noch der Bundesrat entscheiden.

01.06.2017
    Merkel und andere viele andere Abgeordnete auf dem Weg zur Urne.
    Bundeskanzlerin Merkel und andere Abgeordnbete bei der Abstimmung. (Wolfgang Kumm / dpa)
    Vorgesehen ist, dass die Länder von 2020 an jährlich zunächst 9,75 Milliarden Euro vom Bund erhalten. Das ist deutlich mehr als bisher. Im Gegenzug bekommt der Bund mehr Eingriffsrechte, etwa bei Fernstraßen, in der Steuerverwaltung und bei Schulinvestitionen. Ein letzter Streitpunkt zwischen Union und SPD war die Ausgestaltung der künftigen Autobahngesellschaft des Bundes. Zum Schluss einigte man sich darauf, eine Privatisierung der Autobahnen und Bundesstraßen verfassungsrechtlich auszuschließen.
    Bundesfinanzminister Schäuble verteidigte die Reform, räumte aber ein, der Schritt sei nicht unproblematisch. "Wir ändern ein Stück weit die Architektur unserer föderalen Finanzordnung, aber wir sind ein Bundesstaat." Deshalb müsse man gesamtstaatliche Lösungen finden. Hamburgs Regierungschef Scholz sprach von einem guten Ergebnis für den deutschen Föderalismus. "Die 16 Länder werden ihre Aufgabe wahrnehmen können, und sie tun es in enger Kooperation mit dem Bund."
    Schäuble sitzt im Rollstuhl am Rednerpult und spricht. Er gestikuliert dabei mit der rechten Hand.
    Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) spricht am 01.06.2017 im Deutschen Bundestag in Berlin während der Debatte um Neuregelung des bundesstaatlichen Finanzausgleichs. (Wolfgang Kumm / dpa)
    "Ständige Rufe nach Geld beenden"
    Der stellvertretende Unionsfraktionschef Brinkhaus forderte die Bundesländer auf, ständige Rufe nach Geld vom Bund künftig einzustellen. Für die geplante Reform der Bund-Länder-Finanzbeziehungen nehme man ab 2020 zehn Milliarden Euro in die Hand, sagte der CDU-Politiker im Parlament. Die Länder sollten anerkennen, dass der Bund damit an die Grenzen seiner finanziellen Belastbarkeit gehe.
    Wagenknecht spricht im zitronengelben Kostüm am Rednerpult.
    Harte Kritik im Parlament: Linken-Fraktionschefin Sahra Wagenknecht. (dpa / Wolfgang Kumm)
    Heftige Kritik kam von der Linken. Deren Fraktionschefin Wagenknecht sagte, durch die von der Koalition angestrebten 13 Grundgesetzänderungen werde der Föderalismus untergraben. Sie forderte insbesondere die SPD auf, die inbegriffenen öffentlich-privaten Partnerschaften auszuschließen. Sonst könnten diese ihren Wahlkampfslogan von der sozialen Gerechtigkeit – so wörtlich – in die Tonne treten.
    "Formal indiskutabel"
    Zu den Kritikern zählt auch Bundestagspräsident Norbert Lammert von der CDU. Er behaupte zwar nicht, dass die Neuregelung verfassungswidrig sei, sagte er dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland". Die Verfassungsänderungen halte er aber "für formal grenzwertig, um nicht zu sagen indiskutabel und in der Sache höchst problematisch". Das Gesetzespaket befördere die Entwicklung hin zu einem Zentralstaat.
    Bremens Bürgermeister Sieling teilt diese Bedenken nicht. Nach seiner Ansicht kann man gar nicht davon sprechen, dass die Bundesländer Kompetenzen abgeben müssten. Das sehe er so nicht, sagte der SPD-Politiker im Deutschlandfunk. Wenn zum Beispiel Bremen künftig eine Schule bauen wolle, bekomme das Land endlich wieder Unterstützung vom Bund. Wie die Schule aussehen oder wo sie stehen solle, werde aber weiterhin in Bremen entschieden.
    Beschlüsse auch zu Rentenreform und Einheitsdenkmal
    Im Bundestag soll heute auch eine Reform der Rentengesetze beschlossen werden. Konkret geht es um Änderungen bei der Betriebsrente, Verbesserungen für Erwerbsminderungsrentner und die künftige Ost-West-Angleichung der Rente. Kritiker werfen der Koalition vor, zu wenig gegen Altersarmut zu unternehmen. Weiteres Thema im Parlament ist die geplante Neuregelung bei der verpflichtenden Impfberatung. Gesundheitsminister Gröhe will Kitas verpflichten, das Gesundheitsamt zu informieren, wenn Eltern keinen Nachweis über eine Impfberatung vorlegen.
    Ferner will das Plenum das vom Haushaltsausschuss gestoppte Einheitsdenkmal wieder auf den Weg bringen. Das Denkmal soll an die friedliche Revolution in der DDR erinnern. Union und SPD wollen eine Einweihung möglichst zum 30. Jahrestag des Mauerfalls im Jahr 2019.
    (rm/mg/adi)