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Bundestag zu Maghreb-Staaten und Georgien
Große Mehrheit für Ausweitung sicherer Herkunftsstaaten

Mit großer Mehrheit hat der Bundestag beschlossen, die Maghreb-Staaten und Georgien zu sicheren Herkunftsländern zu erklären. Auch die Oppositionsparteien FDP und AfD stimmten für das Gesetz von CDU und SPD. Grundsätzliche Kritik kam von Linken und Grünen.

Von Mathias von Lieben | 18.01.2019
    Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) spricht bei einer Pressekonferenz.
    Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hat das neue Gesetz verteidigt (dpa / Kay Nietfeld)
    Von insgesamt 651 Abgeordneten stimmten 509 für die Einstufung der Maghreb-Staaten und Georgien als sichere Herkunftsländer, 138 dagegen. Der Abstimmung war eine kontroverse Debatte vorausgegangen. Den Auftakt machte Innenminister Horst Seehofer von der CSU, der für den Entwurf warb. Damit würden die Asylverfahren für Menschen aus jenen Ländern beschleunigt, zudem könnten sie bei einer Ablehnung schneller zurückgeführt werden.
    "Denn der individuelle Anspruch auf Asyl bleibt erhalten. Das heißt, im Einzelfall kann der Asylantrag weiterhin gestellt werden. Deshalb bleibt auch das Ganze rechtsstaatlich einwandfrei."
    Mit dem Gesetz könne mehr Zeit und Aufwand in die Bearbeitung und Integration der wirklich schutzbedürftigen Fälle investiert werden. Auch Helge Lindh, für die SPD im Innenausschuss, verteidigte den Gesetzentwurf. Das größte Argument für ihn, dass es nicht sinnvoll sei "Menschen, die Aussicht zu geben, dass sie all dies unternehmen, in der Erwartung hier als Asylberechtigte Anerkennung zu finden und gerade das dann nicht erleben zu können. Das ist erzeugt Enttäuschung, das erzeugt Frustration und ist sicher nicht integrationsförderlich."
    Linke und Grüne dagegen
    Dabei verwies er auch auf die Möglichkeit einer speziellen Rechtsberatung für besonders vulnerable Gruppen, die in den neuen Entwurf aufgenommen wurde.
    "Die Maßnahme ist dringend geboten und längst überfällig und ich habe das an dieser Stelle schon mehrmals betont", sagte Lars Hermann von der AfD, dessen Fraktion dem Entwurf geschlossen zustimmte. Zustimmung kam auch von der FDP. Linda Teuteberg, Obfrau der FDP im Innenausschuss und deren migrationspolitische Sprecherin, warf der Regierungskoalition vor, dass dies aber nur ein Minimalziel sein könne:
    "Wir müssen das Instrument der sicheren Herkunftsstaaten insgesamt besser und konsequenter nutzen, um einerseits die Verfahren zu beschleunigen, um Ämter und Gerichte zu entlasten. Aber auch, um unsere knappen Mittel auf diejenigen zu konzentrieren zu können, die tatsächlich unserer Hilfe bedürfen."
    Den generellen Entwurf zur Einstufung der vier Länder als sicher Herkunftsstaaten lehnten Linke und Grüne ab. Luise Amtsberg, flüchtlingspolitische Sprecherin der Grünen, nahm bei Ihrer Rede gleich Bezug auf ihre Vorrednerin Linda Teuteberg. Die Debatte sei ein "ein Lehrstück für Populismus. Den Aufschlag hat Frau Teuteberg gemacht."
    Nur wenige Asylanträge betroffen
    Die Union sei kein bisschen auf die Grünen zugegangen, um sie von dem Entwurf zu überzeugen. 2017 war der erste Entwurf unter anderem am Widerstand der Grünen im Bundesrat gescheitert. Am schlimmsten, so Amtsberg in Richtung der Regierungskoalition, finde sie dabei, "dass Sie wirklich den Menschen in Deutschland vorgaukeln, dass die Einstufung dieser vier Länder das Potenzial hat, Probleme, die wir in der Asylpolitik durchaus haben, zu lösen. Das finde ich schmutzig, ich finde das wirklich schmutzig."
    Die niedrigen Zahlen der Asylanträge würden das nicht hergeben. Nach Informationen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge kamen zwischen Januar und November 2018 insgesamt nur etwas mehr als vier Prozent aller Asylanträge, die in Deutschland gestellt wurden, aus den Maghreb-Staaten und Georgien – insgesamt 7.364 von 174.040 Erst- und Folgeanträgen.
    Ulla Jelpke, die innenpolitische Sprecherin der Linken, wies daraufhin, dass viele menschenrechts- und Flüchtlingsorganisationen den Entwurf ablehnen "und zwar, weil sie zu Recht dies als ein Angriff auf den humanitären Schutzgedanken des Asylrechts verstehen."
    Kritik kommt auch von der Menschenrechtsorganisation Pro Asyl, sie spricht von einer Mogelpackung. Der Gesetzentwurf öffne politischen Manipulationen die Tür.