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Bundestagswahlkampf
Rente mit 70 polarisiert

Wird die Rente zum Wahlkampfthema? Union und SPD beteuern, dass es bei der Rente mit 67 bleibt. Wirtschaftsvertreter und die FDP kritisieren dies. Und auch in der letzten Bundestagsdebatte vor der Wahl am 24. September könnte das Thema noch einmal für Streit sorgen.

05.09.2017
    Ein älteres Ehepaar geht am 06.02.2017 in Berlin spazieren.
    Ein älteres Ehepaar in Berlin (dpa/Sebastian Gollnow)
    Bundeskanzlerin Merkel und SPD-Kanzlerkandidat Schulz hatten sich in ihrem Fernseh-Duell am Sonntagabend festgelegt: Eine Rente mit 70 werde es mit ihnen nicht geben. In der Debatte der kleineren Parteien gestern Abend in der ARD bekräftigte auch CSU-Spitzenkandidat Herrmann, an der aktuellen Regelung werde definitiv nicht gerüttelt: "Wir sehen überhaupt keinen Anlass, jetzt schon wieder über Veränderungen zu reden." Das gesetzliche Renteneintrittsalter wird derzeit stufenweise von 65 auf 67 Jahre erhöht.
    In der letzten regulären Sitzung des Bundestags dürfte es trotzdem noch einmal um die Rente gehen. Bundesarbeitsministerin Nahles (SPD) erklärte vorab, sie wolle Merkel bei diesem wie bei anderen Themen "Heuchelei nachweisen". Die SPD werde im Plenum zeigen, wer der Motor in dieser Regierung gewesen sei und wer die sozialen Fragen angepackt habe, sagte Nahles der Deutschen Presse-Agentur.
    FDP wirft der Union ein "Weiter so" vor
    FDP-Spitzenkandidat Lindner betonte in der ARD-Debatte, die gesetzliche Rente müsse eine Basisabsicherung sein. Zudem seien flexible Ruhestandsregelungen nötig. FDP-Präsidiumsmitglied Wissing griff im Deutschlandfunk die Union an : Diese habe kein Konzept für die Zukunft. Ebenso wie bei anderen Themen stehe sie bei der Rente als konservative Partei für ein "Weiter so". Dies reiche aber nicht aus. Für die Grünen beklagte Parteichef Özdemir, Geringverdiener wie Pfleger seien im Alter auf staatliche Hilfen angewiesen. Hier müssten bessere Löhne bezahlt werden, damit diese Menschen auch größere Rentenansprüche erreichen könnten. AfD-Spitzenkandidatin Weidel forderte in der Debatte eine bessere Anrechnung von Erziehungszeiten.
    Kritik aus der Wirtschaft
    Auch bei Wirtschaftsverbänden stieß die Festlegung von CDU und CSU auf Kritik. Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Fratzscher, sagte den Zeitungen der "Neuen Berliner Redaktionsgesellschaft", die demografische Entwicklung erfordere ein späteres Renteneintrittsalter. Der Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft, Hüther, warnte in der "Rheinischen Post" ebenfalls davor, die Rente mit 70 aus der Debatte auszuklammern. Wahltaktisch möge das zwar erfolgreich sein, nicht aber langfristig für die deutsche Gesellschaft.
    Verdi-Chef Bsirske begrüßte die Festlegung der Union: "Frau Merkel hat der Rente mit 70 eine klare Absage erteilt. Das halte ich für glaubwürdig", sagte er der "Passauer Neuen Presse", gab aber auch zu bedenken: "Man darf sich nichts vormachen: Es ist eine Festlegung ausschließlich für die nächsten vier Jahre."
    (riv/am)