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Bundesumweltministerin
Svenja Schulze - noch eine unbekannte Größe

Die SPD-Politikerin Svenja Schulze hat im März Barbara Hendricks als Bundesumweltministerin abgelöst. Kein leichtes Erbe, denn ihre Amtsvorgängerin wäre gerne geblieben. Die noch wenig bekannte NRW-Genossin ist angetreten, die Themen Industrie und Umwelt zusammenzubringen.

Von Barbara Schmidt-Mattern | 17.05.2018
    28.03.2018, Berlin: Svenja Schulze (SPD), Bundesumweltministerin, sitzt im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit während eines Interviews.
    Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) findet es besser unter- als überschätzt zu werden (picture alliance / dpa / Christophe Gateau)
    "Oh, da ist nicht so gut, weil da haben wir gerade eingesät. Sie können gerne hierhin kommen."
    In dunklem Anzug und Pumps steht Svenja Schulze im Wildbienen-Garten in Berlin Treptow. Fast entschuldigend erklärt die Bundesumweltministerin ihre Kleiderwahl mit dem Anschlusstermin bei Wirtschaftsleuten. Aber jetzt erst mal Konzentration auf die Bienen:
    "Wollen wir einfach mal erzählen, was wir hier überhaupt machen?"
    Svenja Schulze, 49 Jahre, gebürtig aus Münster, liegt der Schutz der Bienen am Herzen. Und die Rettung ihrer Partei, der SPD. Mit 20 wurde sie Genossin, später auch Juso-Chefin in Nordrhein-Westfalen. Daher der enge Draht zu Parteichefin Andrea Nahles:
    "Ja, wir kennen uns aus Juso-Zeiten. Wir haben beide Germanistik studiert, haben darüber natürlich auch eine Nähe und kennen uns einfach schon viele, viele Jahre."
    Die Sache ist nur, dass kaum jemand bisher Svenja Schulze kennt. Selbstbewusst erwidert sie:
    "Dass das nicht stimmt, dass wir gerade an dem Punkt Klimaschutzgesetz sehen, dass das was nach vorne kommt, dass wir eben auch beim Insektenschutz sehen, dass das einfach mit mehreren Ministerien laufen muss."
    Opposition kritisiert abwesende Klimaschutzpolitik
    Die Opposition klagt hingegen seit Wochen. Beim Klimaschutz, meint Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter, "ist diese Bundesregierung leider ein Ausfall."
    Svenja Schulze lächelt solche Kritik gerne weg. Die oft fröhlich auftretende Westfälin hat bereits eine steile Karriere in der NRW-SPD hinter sich. Unter Hannelore Kraft war sie Wissenschaftsministerin, dann Generalsekretärin der Landespartei. Aber Umweltpolitik?
    "(Lacht) Ja, es gab vorher schon Diskussionen, eben dann in Nordrhein-Westfalen, dass klar war, jemand aus NRW soll doch bitte auch ins Kabinett. Und deswegen gab es ein paar Vorgespräche. Aber so richtig, dass das jetzt losgeht, habe ich im Gespräch mit Andrea Nahles dann gemacht."
    Ist der Aufstieg in die Bundespolitik also nur dem Parteienproporz geschuldet? Amtsvorgängerin Barbara Hendricks wäre immerhin gerne geblieben, fiel aber wegen ihrer ambitionierten Klimaschutz-Politik in Ungnade im eigenen Landesverband. Der NRW-SPD wird bis heute ein Kohle-Gen nachgesagt.
    Svenja Schulze weiß das. "Ich komm' aus nem Industrieland und ich weiß, dass man Arbeit und Umwelt nicht gegeneinander ausspielen darf, sondern dass es darum geht, das wirklich zusammenzubringen", so Schulze kurz nach ihrem Amtsantritt im März.
    Verlässlichkeit sei ein hohes Gut, sagt Schulze
    Seitdem wiederholt sie ihre Botschaft unermüdlich, und zitiert Willy Brandt:
    "Früher gab es mal eine Vision, nämlich dass der Himmel über der Ruhr wieder blau werden solle. Und diese Vision ist später dann auch Wirklichkeit geworden."
    Aus der grünen Frage – also dem Umwelt- und Klimaschutz sei längst eine rote Frage geworden:
    "Es geht auch um die Fragen der sozialen Gerechtigkeit – sorry für die Kollegen bei Bündnis '90 / Die Grünen."
    Die Nähe zu Andrea Nahles verrät Schulzes Anspruch, auch aus dem Umweltministerium heraus die viel zitierte Erneuerung der SPD voranzutreiben. Und sich in der großen Koalition von der Union abzugrenzen:
    "Verlässlichkeit ist ein ganz hohes Gut. Auch gerade in einer Koalition", so Schulze diese Woche im Bundestag. Derzeit rumort es heftig zwischen SPD und CDU/CSU wegen eines Streits um Sonderausschreibungen für Wind- und Sonnenstrom.
    "Der vom Bundeswirtschaftsminister vorgelegte Gesetzentwurf enthält leider null Ausschreibungen. Wir bestehen darauf, dass der Koalitionsvertrag eins zu eins umgesetzt wird."
    Ein Ministerium zwischen den Stühlen
    So energisch hat man Svenja Schulze bisher selten gehört. Seit Wochen müht sie sich zudem ab, endlich die Kohleausstiegs-Kommission einzusetzen. Kommende Woche soll das Kabinett grünes Licht geben, doch auch hier fehlt bislang eine Einigung mit dem unionsgeführten Wirtschaftsministerium.
    "Das ist beim Umweltministerium normal. Man ist immer in Abstimmung mit den anderen. Und es ist auch immer mit Konflikten verbunden. Das weiß man, wenn man in so ein Ministerium hineingeht."
    Und allen, die bereits Zweifel an ihrer Durchsetzungskraft im Kabinett hegen, erwidert Svenja Schulze:
    "Ich werde lieber unter- als überschätzt."