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Bundeswehr
Ex-General: Ernennung von der Leyens "eine tolle Entscheidung"

Die neue Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) habe bewiesen, dass sie Großorganisationen leiten und Menschen überzeugen könne, sagt der Bundeswehrgeneral a.D. Klaus Reinhardt im DLF-Interview. Die Soldaten würden sie wegen ihrer Qualitäten akzeptieren.

Klaus Reinhardt im Gespräch mit Christiane Kaess | 17.12.2013
    Dirk-Oliver Heckmann: Ursula von der Leyen, sie ist die erste Frau an der Spitze des Verteidigungsministeriums in Deutschland. Was hierzulande ein Novum ist, ist in vielen anderen Ländern schon lange eine Selbstverständlichkeit, und dennoch dürfte der eine oder andere in der Truppe Vorbehalte haben. Meine Kollegin Christiane Kaess hat mit Bundeswehrgeneral a.D. Klaus Reinhardt gesprochen.
    Christiane Kaess: Herr Reinhardt, wird die erste Frau als Verteidigungsministerin von der Bundeswehr vorbehaltlos empfangen werden?
    Klaus Reinhardt: Das weiß ich nicht. Aber ich finde es eine tolle Entscheidung. Die Frau von der Leyen ist eine sehr kluge Frau. Sie ist seit 2003 ununterbrochen Ministerin gewesen in drei verschiedenen Ämtern. Sie hat bewiesen, dass sie Großorganisationen führen kann. Sie hat bewiesen, dass sie Menschen überzeugen kann. Sie kann die Sprachen, die in der NATO wichtig sind, Englisch und Französisch, nachdem sie in Amerika wohnte, in Belgien wohnte. Also ich kann nur sagen: ist eine tolle Entscheidung von der Qualität, die diese Frau für die Bundeswehr mitbringt. Sie ist also nicht der gute Kumpel als der Soldat oben so ein bisschen, wie das Guttenberg gemacht hat. Das ist zwar sehr schön, aber das ist nicht die Hauptaufgabe. Die Hauptaufgabe für sie wird sein, mit den großen Rüstungsprogrammen, die im Augenblick in Schwierigkeiten sind, fertig zu werden, dort Entscheidungen zu treffen, was voranzubringen, das heißt den Motor des Ministeriums am laufen und nach vorne zu bringen.
    Klaus Reinhardt, General a.D., ehemaliger Oberbefehlshaber der KFOR-Friedenstruppe im Kosovo
    Reinhardt: Hauptaufgabe werden große Rüstungsprogramme sein (Deutschlandradio / Bettina Straub)
    "Ich glaube, dass sie schon akzeptiert wird"
    Kaess: Sie haben gesagt, Sie wissen nicht, ob sie vorbehaltlos von der Bundeswehr empfangen werden wird. Was glauben Sie denn? Sie kennen ja das Soldatenleben und auch das Denken.
    Reinhardt: Wir hatten ja große Bedenken noch vor über zehn Jahren, Frauen in die Bundeswehr zu kriegen. Heute haben wir Generalinnen und haben Frauen fast überall dabei. Es hat sich gezeigt, der Ton ist wesentlich freundlicher, umgänglicher geworden. Die sozialen Bedingungen, die gerade eine Berufsarmee heute vor sich hat, wo die Familie im Grunde genommen der Schwachpunkt ist, wenn ich ins Ausland gehe, da muss man ansetzen, da kann man helfen und da ist natürlich eine Frau wie Frau von der Leyen als Ministerin, die im Bereich Soziales im Grunde genommen in allen drei Funktionen immer wieder ganz stark gefordert war, eine Frau, die viel Erfahrung hat, mitbringen kann und dies auch weiter voranbringt. Ich glaube, dass sie schon akzeptiert wird.
    Kaess: Sie haben die Frauen in der Bundeswehr angesprochen, und das ist sicherlich ein wichtiger Aspekt. Ist das heute anders als zu Ihrer Zeit? Hätte es Frau von der Leyen zu Ihrer Zeit noch schwerer gehabt?
    Reinhardt: Nein, sie hätte es wahrscheinlich auch nicht schwerer gehabt, denn sie ist ja eine Frau, die sehr viel Charme hat und die überzeugen kann und die Leute für sich einnehmen kann. Alleine durch ihr Lächeln kriegt sie das mit Sicherheit besser hin als der Minister Jung zum Beispiel, der immer nur mit bärbeißigem Gesicht dastand.
    Kaess: Und auch besser als ihr Vorgänger Thomas de Maizière?
    Reinhardt: Das ist sehr schwer zu sagen, ob es besser ist. Der Minister de Maizière hat das klasse gemacht aus meiner Sicht. Ich habe ihn sehr bewundert, wie er damals von Guttenberg übernommen hat und versucht hat, und nicht nur versucht, sondern umgesetzt hat, das wieder auf Schiene zu bringen, was da in die falsche Richtung gegangen ist. Und trotzdem glaube ich, dass ein Wechsel im Augenblick gerade auch im Interesse von dem Minister de Maizière gut ist, der durch die Drohne doch ein bisschen angeschlagen war und mit den zusätzlichen Rüstungsvorhaben, die am flattern sind, sich dann nicht weiter abgeben muss.
    Inhaltlich und strukturell kein wirklicher Bruch zu erwarten
    Kaess: Genau diesen Wechsel sieht der Bundeswehrverband aber viel kritischer, als Sie das jetzt dargestellt haben. Der neue Verbandschef André Wüstner hat gesagt, mit de Maizière als Verteidigungsminister hätten wir mehr Kontinuität gehabt. Wäre das nicht wichtiger gewesen?
    Reinhardt: Die Kontinuität wird bleiben, denn ich glaube nicht, dass die Frau Ministerin eine völlig neue Bundeswehr wieder versuchen wird aufzubauen, sondern sie wird das fortführen, was de Maizière eingeleitet, umgesetzt, vorangetrieben hat, und wird dafür sehr viel Geduld und sehr viel Arbeitskraft brauchen, und ich glaube nicht, dass wir dort inhaltlich, strukturell einen wirklichen Bruch zu erwarten haben.
    Kaess: Ursula von der Leyen hat angekündigt, sie werde die Vereinbarkeit von Familie und Beruf fördern. Sie hat angesprochen Themen wie das Auffangen von Soldaten, wenn sie zurück aus dem Auslandseinsatz kommen. Das hört sich so an, als würde sie vor allem auf die weichen Themen setzen. Sind das aber auch die richtigen Themen?
    Reinhardt: Um die Themen kommen wir nicht herum, denn das sind entscheidende Themen für den Einsatz. Wenn Sie Soldaten haben – und ich habe eine ganze Reihe, die mit mir schon in Somalia waren, die zum fünften, sechsten Mal im Einsatz sind, dann machen die Familien nicht mehr mit. Die Scheidungsquote, das Auseinandergehen von Beziehungen ist unglaublich hoch und viele Männer und viele Frauen werden damit nicht fertig. Das ist aber die Arbeitswelt von morgen. Jeder der heute zur Bundeswehr geht als Soldat muss wissen, dass die Wahrscheinlichkeit, dass er irgendwann während seiner Zeit ins Ausland muss, sehr hoch ist. Dort anzusetzen und dort die Lage zu verbessern und das den Soldaten und den Familien leichter zu machen, wird mit Sicherheit für die Stimmung und die Bereitschaft, in den Einsatz zu gehen, deutlich besser werden.
    Heckmann: Ursula von der Leyen wird die erste Frau an der Spitze des Verteidigungsministeriums in Deutschland. Bundeswehrgeneral a.D. Klaus Reinhardt war das im Gespräch mit Christiane Kaess.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.