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Bundeswehr-Kritik
Politisches Unwetter für von der Leyen

Die Äußerungen von Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen an der Bundeswehr ziehen weite Kreise: Nach Kritik von Opposition und aus der Truppe sagte von der Leyen eine geplante Reise in die USA ab. Am Donnerstag ist nun ein Treffen mit ranghohen Offizieren geplant.

Von Klaus Remme | 02.05.2017
    Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) spricht auf der Konferenz «Sicherheit, Frieden und Entwicklung in Afrika» in Berlin.
    Konferenz "Sicherheit, Frieden und Entwicklung in Afrika" (picture-alliance / dpa / Sophia Kembowski)
    Aus dem bizarren Skandal um den terrorverdächtigen Oberleutnant Franco A. ist ein veritables politisches Unwetter für Ursula von der Leyen geworden. Am Sonntag hatte die Bundesverteidigungsministerin im ZDF Vorwürfe gegen die Truppe als Ganzes erhoben. "Die Bundeswehr hat ein Haltungsproblem, sie hat eine Führungsschwäche auf mehreren Ebenen", hatte sie wörtlich gesagt. In den Skandalen der vergangenen Wochen rund um sexualisierter Herabwürdigung, übelster Schikane und rechtsextremistischem Gedankengut sieht von der Leyen ein höchst problematisches Muster:
    "Wenn die Vorgesetztenebene die Führung nicht wahrnimmt und die Verantwortung nicht wahrnimmt, die sie müssen, dann werden Dinge eben aus falsch verstandenem Korpsgeist schöngeredet, es wird weggeschaut und das gärt dann bis es zum Eklat kommt und das ist nicht in Ordnung."
    Der Bundeswehrverband ist nur eine Stimme im Chor der Kritiker. Der Vorsitzende Andreas Wüstner sprach in der ARD von einem Generalverdacht, von der Leyen habe viel Vertrauen in der Truppe verloren:
    "Ich hoffe, dass sie noch die Fakten präsentiert, auf deren Grundlage sie zu dieser harten Bewertung kommt."
    SPD fordert eine Entschuldigung
    Die Ministerin hatte anschließend noch versucht, die breit gestreute Kritik mit einem offenen Brief an die Soldaten einzufangen, und versicherte ihnen ihre Überzeugung, dass die "übergroße Mehrheit von Ihnen, ob in den Einsätzen oder im Grundbetrieb tagtäglich anständig und tadellos ihren wichtigen Dienst für unser Land leistet". Doch in den Reihen der anderen Parteien blieb der Ärger groß. Auf Initiative der Sozialdemokraten wurde eine USA Reise von Abgeordneten des Verteidigungsausschusses abgesagt. Rainer Arnold von der SPD fordert eine Entschuldigung der Ministerin und sagte im Deutschlandfunk:
    "Wenn ein Vorgesetzter seine Untergebenen öffentlich kritisiert und dies pauschalierend tut, dann verletzt er die Prinzipien, die in der Bundeswehr eigentlich hochzuhalten sind, die Prinzipien der inneren Führung, maßgeblich. Er ist ein schlechtes Beispiel und führen heißt immer auch Beispiel geben, vorbildlich sein und die Ministerin hat dies alles mit Füssen getreten."
    Mitnichten, sagt Henning Otte, der verteidigungspolitische Sprecher der Unionsfraktion. Ursula von der Leyen sei als Ministerin geradezu ein Bild dafür, dass sie aufklärt, und die Dinge beim Namen nennt, so Otte im rbb:
    "Vor allem hat die Bundesverteidigungsministern sehr deutlich gemacht, dass Einzelfälle, die wiederum andere Soldaten diskreditieren und den Ruf der gesamten Bundeswehr gefährden könnten, nicht geduldet werden und sie appelliert an alle Vorgesetzten, das nicht wegzudrücken, nicht zuschauen, sondern deutlich anzusprechen und auch zu melden."
    Treffen von ranghohen Offizieren in Berlin
    Ursula von der Leyen hat inzwischen Konsequenzen gezogen. Sie sagte eine geplante Reise nach Washington ab. Zusammen mit dem Generalinspekteur will sie sich nun stattdessen im französischen Illkirch vor Ort informieren, dort war der festgenommene Soldat Franco A. stationiert. Der Generalbundesanwalt hat die Ermittlungen übernommen. Für Donnerstag sind etwa einhundert ranghohe Bundeswehr-Offiziere nach Berlin eingeladen worden, um die Zwischenfälle der vergangenen Monate mit von der Leyen zu erörtern.