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Bundeswettbewerb "Starke Schule"
Gelungene Konzepte für die Integration

Alle zwei Jahre werden Schulen für ihre Lern- und Integrationskonzepte prämiert. Ob individueller Lernvertrag oder Willkommensstunden für Flüchtlinge - es gibt viele tolle Konzepte, um den Schülern einen guten Start, eine gute Schullaufbahn und somit eine Vision zu geben.

Von Christiane Habermalz | 18.05.2017
    Schüler laufen in Wolmirstedt (Sachsen-Anhalt) über den Hof der Ganztagsschule Johannes Gutenberg. Die Schule war in Berlin mit dem ersten Platz im Wettbewerb "Starke Schule" ausgezeichnet worden.
    Die Ganztagsschule Johannes Gutenberg war 2017 Preisträgerin im Wettbewerb "Starke Schule". (dpa-Zentralbild/Dietmar Gabbert)
    Gute Schulen sollten ihren Schülern den Weg ebnen, egal, aus welchem sozialen Hintergrund sie kommen – das war Bundespräsident Frank Walter Steinmeiers Botschaft, der selber aus einfachen Verhältnissen stammt, Vater Tischler, Mutter Fabrikarbeiterin.
    "Schule ist eben der Weg in die Welt. Und deshalb setzt der Wettbewerb Starke Schule einen besonderen Schwerpunkt auf die Verankerung in der Lebenswelt auch außerhalb der Schule. Auf die Vernetzung mit Stadtbibliothek und Betrieben, mit Jugendzentren und Sportvereinen. Und diese Welt, von der ich spreche, ist eben für jede Generation eine andere."
    Traditionell kommt der Bundespräsident persönlich, um den begehrten Preis zu übergeben, der alle zwei Jahre unter anderem von der gemeinnützigen Hertie-Stiftung und der Bundesagentur für Arbeit ausgelobt wird. Es ist der größte Schulwettbewerb Deutschlands und bewerben können sich Sekundarschulen, Gesamtschulen, Haupt- und Förderschulen, aber keine Gymnasien. Doch es geht um mehr als effiziente Berufsvorbereitung. Starke Schulen helfen ihren Schülern, ihren Platz im Leben zu finden, so drückte es die Journalistin Anja Backhaus aus, die die Preisverleihung moderierte.
    "Und die Fragen, die alle natürlich stellen, ist, welche Ausbildung ist die richtige für mich? Was kann ich eigentlich, was für Talente habe ich, wo bin ich vielleicht nicht so gut, wo schaffe ich es, meine Interessen mit in den Job einzubringen? Dass ich den natürlich mein Leben lang gerne ausübe. Das sind Fragen, für die alle Schulen, die hier vertreten sind, Antworten finden."
    Schule bietet individuellen Lernvertrag
    Die Schule, die in den Augen der Jury in diesem Jahr die besten Antworten fand, steht in Sachsen-Anhalt. Es ist die Ganztagsschule Johannes Gutenberg in Wolmirstedt. Ausgezeichnet wurde sie, weil sie viel Wert auf Selbstständigkeit legt. Mit jedem Schüler wird ein individueller Lernvertrag abgeschlossen, indem seine Lernziele festgelegt werden, je nach Leistungsstand und Fähigkeiten.
    Es gibt Berufsorientierungswerkstätten von Robotik bis Metallverarbeitung, Fahrradwerkstatt und Bauprojekte. Fast ebenso viel Eindruck aber machte die zweitplatzierte Schule, die KGS Schneverdingen aus Niedersachsen. Sie wurde noch zusätzlich mit einem der beiden Sonderpreise für die beste Integration von Flüchtlingen ausgezeichnet. Besonders preiswürdig: die zweiwöchige Orientierungsphase für jedes neue Kind.
    "Wo sie ausschließlich in der Sprachlernklasse arbeiten, wo ein ganzes Lehrerteam dann schaut, ist das ein Schnelllerner oder ein Langsamlerner? Was für eine Bildungsbiografie steht dahinter? Hat dieses Kind in seinem Heimatland schon eine Schule gesehen oder eher noch nicht? Und dann entscheiden wir, wir sind eine kooperative Gesamtschule, in welchem Schulzweig wir das Kind verorten. Also in die Stammklasse geben. Und dann wird tatsächlich für jedes unserer Kinder der Sprachlernklasse ein individueller Stundenplan gemacht,"
    erzählt Claudia Witzek, didaktische Leiterin der Schule. Außerdem bemüht sich die Schule nicht nur um die Kinder von Flüchtlingen, sondern auch um deren Familien - durch ein Elterncafé etwa, gemeinsames Kochen und Hauswirtschaftskurse.
    Konzepte für die Integration
    Bei der Freiherr-von-Stein-Realschule Plus in Bernkastel-Kues, Rheinland-Pfalz, die zweite für ihre Integrationsarbeit ausgezeichnete Schule, wurde die wöchentliche Willkommensstunde besonders gelobt. Jedes neue Kind wird an seinem ersten Schultag von einer Lehrerin abgeholt und durch die Schule geführt, zusammen mit einem Paten mit Migrationshintergrund, dem es einst ähnlich erging. Simpel, aber sehr angstmindernd am ersten Tag, berichtet die Schülerin Asala.
    "Es war echt ganz schwer. Es was alles neu, das war ein neues Land, neue Schule. Und ich konnte kein Deutsch sprechen. Ich habe Angst bekommen, aber als ich in die Schule da reinkomme, da kam die Frau Pracht, die erste Lehrerin, die ich kennengelernt habe, sie hat mich genommen und zu DAZ-Klässlern da genommen. Da waren arabische Schüler, die ein bisschen länger in Deutschland sind, die haben für mich übersetzt."
    Heute ist Asala selber Patin und führt neue Schüler durch ihre Schule. Und ist stolz, dass sie es geschafft hat.