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Bunyaviren
Von der Mücke auf den Menschen

Krim-Kongo-Virus, Rifttal-Virus, Batai-Virus sind drei Beispiele von Bunyaviren, die den Menschen krank machen. Andere Viren dieser Gruppe rufen Pflanzenkrankheiten hervor. Die Erreger werden von Mücken, Sandfliegen oder Zecken übertragen. Wissenschaftler fragen sich, ob diese Viren schon immer in der Lage gewesen sind, zwischen Gliederfüßern und Säugern hin- und herzuspringen. Forscher der Universität Bonn haben in den Tropenwäldern der Elfenbeinküste zwei bislang unbekannte Bunyaviren gefunden, die darüber Aufschluss geben. Ihre Ergebnisse stellen sie im Fachblatt PNAS vor.

Von Joachim Budde | 02.06.2015
    Schon seit zehn Jahren sucht Sandra Junglen vom Institut für Virologie der Universität Bonn in den Tropenwäldern der Elfenbeinküste nach neuen Viren, die von Insekten übertragen werden. Dazu fing die Wissenschaftlerin 7500 Mücken und stöberte darin nach dem Erbgut unbekannter Viren. Gleich zwei neue Erreger hat die Forscherin bei dieser genetischen Inventur entdeckt.
    "Die beiden Viren heißen Ferak-Virus und Jonchet-Virus, die gehören zur Familie der Bunyaviren, und Bunyaviren, das ist so die größte und diverseste Virusfamilie, die man kennt, da sind sehr viele Viren drin, die durch Arthropoden übertragen werden und bei Menschen Krankheiten verursachen können, oder auch bei Tieren, sehr bekannt ist zum Beispiel das Schmallenberg-Virus, was sich gerade in Europa ja sehr weit verbreitet hat."
    Beim Menschen lösen Bunyaviren zum Beispiel das Rifttalfieber aus. Krankheiten wie diese können mit schweren Blutungen einhergehen. Bisher waren fünf Gruppen von Bunyaviren bekannt. Sie alle lösen Krankheiten aus.
    "Was wir jetzt gefunden haben sind zwei Viren, die nur, so wie es aussieht, von ihrem Genom und ihrer phylogenetischen Verwandtschaft, die nur in Insekten vorkommen und ganz andere Eigenschaften besitzen. Und kaum Ähnlichkeiten zu den bekannten Viren zeigen."
    Um herauszufinden, ob das Ferak- und das Jonchet-Virus dennoch Menschen oder Tiere anstecken können, testeten Sandra Junglen und ihre Mitarbeiter den Erreger an einer ganzen Reihe von Zellkulturen von Menschen, Fledermäusen, Schweinen und Ziegen. Eine Infektion konnten sie nie beobachten. Doch die Forscher haben natürlich nicht sämtliche Zelltypen von Mensch oder Tier untersuchen können, die potenziell infrage kämen.
    Um die Gefahr für eine Infektion sicher abschätzen zu können, entwickelten sie einen neuen Test, bei dem sie sich anschauen, wie die Viren auf höhere Temperaturen reagieren. Insekten haben eine Körpertemperatur von rund 28 Grad, im Körper von Menschen herrschen 37 Grad, in anderen Wirbeltieren wie Vögeln sogar bis zu 42 Grad. Das Ergebnis:
    "Es reicht schon aus, wenn man die Temperatur drei bis vier Grad erhöht, also bei 31 oder 32 Grad, dann haben sie eine vollkommene Blockade, da können sie sich gar nicht mehr vermehren. Was heißt, dass sie nicht im Menschen sich vermehren können."
    Mit dem neuen Verfahren lasse sich künftig die Gefahr neuer Viren schnell abschätzen.
    "Mit dem Fortschreiten der Sequenzierungsmöglichkeiten, da werden ja sehr viele neue Viren entdeckt und auch sehr viele Viren in Stechmücken und auch in der letzten Zeit in Zecken, und dann weiß man immer nicht: Sind die denn jetzt gefährlich ja oder nein. Wir haben jetzt eine Methode entwickelt, mit der man sagen kann: Gut, hier sehen wir ein positives Ergebnis, das die Viren dass nicht können."
    Die neuen molekularbiologischen Methoden erlaubten es der Forscherin und ihren Kollegen zudem, das Genom des Ferak- und des Jonchet-Virus aus den gefundenen DNA-Fragmenten komplett zu rekonstruieren. Allein das hat vier Jahre in Anspruch genommen. Anhand dieser Daten konnten die Forscher die neuen Viren im Stammbaum der Bunyaviren platzieren und Aussagen über die Evolution der gesamten Familie machen.
    "Nach unseren Analysen können wir jetzt ganz klar sagen, dass Bunyaviren sich aus Insektenviren entwickelt haben, also aus Viren, die nur Insekten und Arthropoden infizieren, das sind zum Beispiel Zecken, Moskitos, Sandfliegen, also alles mögliche an kleinen Krabbeltieren, die Blut saugen."
    Und dort bleiben die Viren auch - bis sie gelernt haben, mit Wärme umzugehen.