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Cameron-Nachfolge
Innenministerin Theresa May will ganz nach oben

Die konservative Innenministerin Theresa May ist eine der Kandidaten für die Nachfolge des britischen Premiers Cameron. Sie gilt als kühl, extrem fleißig und scharfsinnig. Ihre negative Haltung gegenüber Einwandern wurde von Labour und Liberalen scharf kritisiert. Beim Referendum stimmte sie für "Remain".

Von Friedbert Meurer | 30.06.2016
    Die britische Innenministerin Theresa May erscheint am 27. Juni 2016 zu einer Kabinettssitzung.
    Die britische Innenministerin Theresa May gilt als Hardlinerin in Sachen Einwanderung, aber auch als kompetenter als Boris Johnson (picture alliance / dpa / EPA / Andy Rain)
    Parteitag der britischen Konservativen in Manchester im letzten Oktober. Theresa May betritt die Bühne. Die Kamera schweift kurz über ihre Schuhe. Heute trägt sie vergleichsweise unauffällige schwarze Schuhe. Zu Theresa May fallen vielen Briten tatsächlich ihre Schuhe ein – sie sind zu ihrem Markenzeichen geworden wie die Handtaschen Margret Thatchers. Mal trägt sie ein Leoparden-Muster, mal hohe Absätze mit Strass-Steinen, auch Schuhe aus Schlangenleder und in robusten Fällen gerne knie-hohe Stiefel.
    "Für mich wäre es einfach wegzuschauen", legte sich die Innenministerin zum Beispiel mit der Polizeigewerkschaft auf deren Kongress an. Polizisten hatten sich von den Medien bestechen lassen, die Fälle von Korruption häufen sich. May will eine Polizei, in die der Bürger vertraut. Die britischen Gesetzeshüter waren außer sich vor Zorn.
    "In 21 Jahren Einsatz habe ich alles erlebt, ich wurde angegriffen und beleidigt. Aber einen solchen Tritt wie von Ihnen habe ich noch nie erlebt."
    Theresa May gilt als unbeugsam, streng, extrem fleißig und scharfsinnig. Aber auch als unnahbar, ernst und eher scheu. Anders als Boris Johnson und auch David Cameron ist sie nicht jovial, redet sie anderen nicht nach dem Mund. Dieses kühle Image hat sich in ihrer Amtszeit als Innenministerin noch verstärkt. Den Schleudersitz hat sie seit sechs Jahren inne und sich als Hüterin von Law and Order präsentiert. Auch im Einsatz gegen zu viel Einwanderung.
    May: Einwanderer gefährden den Zusammenhalt der Gesellschaft
    "Wenn zu viele Einwanderer kommen, dann gefährdet das den Zusammenhalt der Gesellschaft. Schulen, Krankenhäuser, Wohnungen und öffentlicher Verkehr halten dem nicht stand. Menschen in einfachen Jobs verdienen noch weniger Geld oder verlieren ihren Job ganz."
    Einwanderer gefährden den Zusammenhalt der Gesellschaft und machen Briten arbeitslos – ein Aufschrei bei Liberalen und Linken folgte nach dieser Rede. In der eigenen Partei, den Tories, hat sie damit aber Pluspunkte gesammelt. Vermutlich hat sie beim Referendum auch kalkuliert: Sie stimmte für Remain und David Cameron, aber von der Kampagne hielt sie sich weitgehend fern.
    "Sie waren so ruhig, warum haben Sie sich zurückgehalten?"
    "Das stimmt nicht, ich habe mich nicht zurückgehalten", verteidigt sich Theresa May in diesem Interview. Sie gilt als jemand, der sich jeden Schritt genau überlegt. Also hatte sie den Sprung nach ganz oben im Hinterkopf?
    "Würden Sie erwägen, für den Posten des Premierministers zu kandidieren?"
    May gilt als besser geeignet als Boris Johnson
    Sie weicht aus, zu diesem Zeitpunkt war David Cameron auch noch im Amt. Gelegentlich wird Theresa May mit der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel verglichen. Auch May ist Tochter eines Pfarrers. Sie ist verheiratet und hat keine Kinder. Und sie hat sich zumindest zeitweise als Reformerin der Tories präsentiert, im Jahr 2002 war das.
    "Ihr wisst, wie manche Leute uns nennen? The nasty party, die hässliche Partei." Damit spielte Theresa May auf das elitäre Image der Tories an, eine Partei der Oberschicht und gegen die kleinen Leute zu sein.
    Eine Parteifreundin brachte es unlängst vielleicht auf den Punkt: "Boris Johnson ist der Mittelpunkt jeder Party, aber er ist nicht der Mann, von dem man sich danach im Auto nach Hause fahren lassen will."
    Im Wahlkampf war Boris Johnson die Attraktion. Für die Aufgabe, die Briten sicher aus der EU zu steuern, gilt Theresa May nicht wenigen als besser geeignet.