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Cannabis auf Rezept

Marihuana darf in vierzehn US-Bundesstaaten als Medikament verabreicht werden. Weil das aber im Widerspruch zum Bundesgesetz steht, mussten Patienten damit rechnen, für ihren Marihuana-Kauf zur Rechenschaft gezogen zu werden. Doch das dürfte sich nun ändern.

Von Arndt Reuning | 27.10.2009
    Jason Wax hatte in einem Autounfall schwere Verletzungen erlitten. Seit dieser Zeit plagen ihn noch immer heftige Schmerzen. Doch dagegen ist offenbar ein Kraut gewachsen: Marihuana, also die getrockneten Blüten und Blattspitzen der weiblichen Hanfpflanze. In Kalifornien darf es seit rund 13 Jahren auf Rezept an Patienten verteilt werden - an bestimmten Ausgabestellen, die meistens durch ein grünes Kreuz gekennzeichnet sind. Jason Wax besucht eine davon regelmäßig.

    "Ich komme hier her, weil das nah an meiner Wohnung ist. Ich kann schnell nach Hause zurück, ohne dass ich Ärger mit der Polizei bekomme. Aber, naja, solange man sich an die Gesetze hält und das Marihuana nur für den persönlichen Gebrauch kauft und nicht weiter verkauft, solange ist es doch in Ordnung."

    Ärger mit der Polizei können die Patienten und vor allem die Händler bekommen, weil ein Bundesgesetz die Droge verbietet – egal für welchen Zweck. Seit letzter Woche aber hat sich das Blatt für viele Patienten gewendet. US-Justizminister Eric Holder hat nun für Klarheit gesorgt: In den Staaten, in denen Marihuana per Landesgesetz als Medizin erlaubt ist, sollen die Patienten in Zukunft nicht mehr mit einer Verhaftung rechnen müssen. Eine Politik, die sich bereits Anfang des Jahres angedeutet hatte, als der Minister während einer Pressekonferenz seine Position dargelegt hatte.

    "Wir werden uns auf Personen und Organisationen konzentrieren, die bedeutende Mengen von Marihuana anbauen – und dabei Bundes- und Landesgesetze verletzen."

    Die Befürworter des medizinisch genutzten Marihuana führen an, dass es vielen schwer kranken Patienten helfen könne; Menschen mit chronischen Schmerzen zum Beispiel, die die lindernde Wirkung der Inhaltsstoffe schätzen. Und vor allem Krebspatienten, die während einer Chemotherapie ihre Übelkeit damit bekämpfen. AIDS-Kranke nutzen die Pflanze, um während einer Therapie ihren Appetit anzuregen. Kritiker hingegen führen an, dass für die meisten der Fälle sehr viel effektivere Medikamente zur Verfügung stehen, die zudem weniger Nebenwirkungen haben. Die Wirkstoffe der Cannabispflanze können akute Psychosen auslösen und unter Umständen die Gefahr für einen Herzinfarkt erhöhen. Und weil die meisten Patienten das Kraut rauchen, drohen ihnen Atemwegserkrankungen. Laut einer Studie aus dem neuseeländischen Wellington ist der Rauch von Marihuana bis zu fünfmal schädlicher als der einer herkömmlichen Zigarette.

    Und in Kalifornien kommt mittlerweile das Problem hinzu, dass viele der Ausgabestellen die Droge nicht nur gegen Rezept an Kranke verteilen. Dazu sagt Steve Cooley, der Bezirksstaatsanwalt von Los Angeles:

    "Wir werden mit dem illegalen Verkauf von Marihuana an den Arzneiausgaben Schluss machen. Die große, große Mehrheit, fast hundert Prozent dieser Apotheken im Kreis und in der Stadt Los Angeles ist illegal."

    In Deutschland wurde Marihuana erstmal zu Beginn dieses Jahres an Kranke abgegeben. Sieben Patienten hatte im Februar eine Ausnahmegenehmigung erhalten.