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Caracas
Es bleibt düster in Venezuela

Die Stromausfälle in Venezuela haben die Spannungen zwischen den verfeindeten Lagern verschärft. Sowohl Anhänger von Staatschef Nicolás Maduro als auch dem selbsternannten Interimspräsidenten Juan Guaidó gingen auf die Straße. Guaidó kündigte einen Marsch der Regierungsgegner nach Caracas an.

Von Burkhard Birke | 10.03.2019
Ein Anhänger des venezolanischen Oppositionsführers und selbsternannten Übergangspräsidenten Juan Guaido bei Protesten mit einer Nationalflagge in der Hand.
Anhänger des venezolanischen Oppositionsführers und selbsternannten Übergangspräsidenten Juan Guaido protestieren in Caracas (AFP/Yuri Cortez)
Venezuela bleibt in Dunkelheit gehüllt: Noch immer ist es den zuständigen Militärs nicht gelungen, die Stromversorgung wiederherzustellen. In Caracas fährt keine Metro, vor den Tankstellen bilden sich lange Schlangen, nur ganz wenige Geschäfte und Restaurants sind geöffnet.
Kein Strom in den Krankenhäusern
Der Flughafen blieb geschlossen und die Mobilfunk- und Internetnetze funktionieren nur extrem eingeschränkt. Ohnehin knappe Lebensmittel verderben mangels Kühlung. Viele Haushalte haben nicht nur keinen Strom, sondern auch kein Wasser, da die Pumpen nicht funktionieren. Am Schlimmsten traf es die Krankenhäuser, denn entgegen den Behauptungen der Regierung haben nicht alle einen Generator.
"Eine Freundin hat mich angerufen, um mir zu erzählen, dass ihr Bruder und insgesamt acht Patienten auf der Intensivstation des Krankenhauses gestorben sind, weil es keinen Strom gab. Und das ist nur, weil nicht in die Stromversorgung investiert wird, sondern das Geld verschwindet."
Nach dem landesweiten Stromausfall: Menschen laufen durch die dunklen Straßen von Caracas.
Stromausfall in den Straßen von Caracas. (AP /ariana Cubillos / dpa-Bildfunk )
Die Rentnerin Ana ist empört. Die Behauptung der Regierung, bei der Strompanne handele es sich um Sabotage, hält sie für falsch. Für den amtierenden – und wie er selbst sagt einzig legitimen – Präsidenten Venezuelas führt die Opposition jetzt mit Unterstützung der imperialistischen USA einen Elektrizitätskrieg gegen Venezuela.
Anhänger von Maduro und Guaidó gingen auf die Straße
Ein willkommener Anlass, die Massen am Antiimperialismus-Tag gestern in Caracas zu mobilisieren. Gekommen war der harte Kern seiner Anhänger, vor allem Beschäftigte der staatlichen Einrichtungen und Milizionäre.
"Als Venezolaner wollen wir keine Intervention. Wir sind glücklich, wie wir sind."
"Wir haben Gott sei Dank ziemlich viel Nahrungsmittel und haben die Organisation Mercal, die den Bedürftigsten Essen gibt."
Sofern sie die Regierung unterstützen? Am anderen Ende der Stadt, wo sich trotz Behinderungen durch die Sicherheitskräfte die Anhänger von Maduros Gegenspieler Juan Guaidó versammeln, sind andere Kommentare zu hören:
"Es gibt nichts zu essen oder wenn Du etwas findest, dann kannst Du es nicht bezahlen. Du kannst nicht raus zum Feiern, weil Du ausgeraubt oder ermordet werden kannst. Das ist doch kein Leben", sagt die Studentin Josdami.
"18.000 Bolivar Rente bekomme ich: Dafür kriege ich einen Karton Eier und ein Kilo Käse, für Medikamente oder Kleider bleibt nichts übrig", ergänzt der Rentner José.
Man sieht Guaidó seitlich im Gegenlicht als schwarze Silhouette. Er hält ein Megafon und ruft etwas hinein.
Der selbsternannte venezolanische Interimspräsident Juan Guaidó kündigte eine Tour durch Venezuela an (dpa / AP / Fernando Llano)
Juan Guaidó rief Beschäftigte zum Generalstreik auf
Für sie ist mit Juan Guaidó, der sich selbst zum Präsidenten ausgerufen hat, ein Hoffnungsschimmer am düsteren Horizont Venezuelas aufgetaucht. Leider haben sie ihn nicht zu sehen bekommen: Die Polizei hat die Zugänge abgesperrt. Schon morgens wurden die Verstärkeranlage und die Bühne für den Auftritt des erst 35-Jjährigen beschlagnahmt. Per Megaphon sprach Guaidó am Ende doch zu einer beachtlichen Schar von Anhängern.
Einmal mehr rief er die Beschäftigten in den öffentlichen Betrieben zum Generalstreik auf und kündigte eine Tour durch ganz Venezuela mit einem Marsch auf Caracas an.
Militär steht noch auf Maduros Seite
Am anderen Ende der Staat ließ das Echo nicht auf sich warten: Als Clown und Marionette, als Verbrecher verhöhnte Nicolás Maduro seinen Gegenspieler. Noch steht das Militär treu an der Seite Maduros - herrscht keine Waffengleichheit in Kampf um die Macht, auch wenn fast zwei Drittel der Venezolaner in Juan Guaidó die Chance auf einen demokratischen Wechsel sehen.