Donnerstag, 28. März 2024

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CDU-AfD-Kooperation
"Zählgemeinschaft dient ausschließlich für einen Tag"

In Penzlin an der Mecklenburgischen Seenplatte hat die örtliche CDU mit der AfD eine sogenannte Zählgemeinschaft gebildet. Das sei keine Koalition, betonte Wolfgang Waldmüller, Generalsekretär des CDU-Landesverbandes Mecklenburg-Vorpommern, im Dlf. Man werde mit der CDU vor Ort auch noch einmal reden.

Wolfgang Waldmüller im Gespräch mit Claudia Hennen | 24.06.2019
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) beobachtet auf der Regierungsbank im Bundestag eine Rede von AfD-Fraktionschefin Alice Weidel
Auf Bundesebene setzt die CDU auf strikte Abgrenzung zur AfD - und im Osten? (Bernd Wüstneck/dpa-Zentralbild)
Claudia Hennen: Ende Mai hat die CDU in dem 4.000-Einwohner Städtchen Penzlin an der Mecklenburgischen Seenplatte die Kommunalwahl verloren. Von fünf Sitzen rutschten sie auf drei Sitze im Stadtrat. Doch nun sind sie - dank einer gewagten Entscheidung - wieder stärkste Kraft. Denn sie haben sich am vergangenen Dienstag entschieden, mit der AfD gemeinsame Sache zu machen - die CDU hat für eine sogenannte Zählgemeinschaft den örtlichen AfD-Vertreter ins Boot geholt. Ganz entgegen der Position der Bundespartei - die gemeinsame Sache mit der AfD ausschließt.
Ich habe vor der Sendung mit Wolfgang Waldmüller gesprochen - dem Generalsekretär des CDU-Landesverbandes in Mecklenburg-Vorpommern. Und ich wollte von ihm wissen, was er von diesem Bündnis hält, ob es vielleicht sogar Modell für die Landes-CDU sein kann?
Wolfgang Waldmüller: Nein! – Nein, nein, nein! – Und ich würde auch nicht so weit gehen, dass man hier dieses Bündnis oder diese Zählgemeinschaft, die jetzt da gemacht worden ist, dass man die mit Zusammenarbeit verwechselt.
Der Landtagsabgeordnete Wolfgang Waldmüller aus der Fraktion der CDU ist am 27.09.2017 bei der Landtagssitzung in Schwerin (Mecklenburg-Vorpommern) zu sehen. Foto: Jens Büttner/dpa-Zentralbild/dpa | Verwendung weltweit
Wolfgang Waldmüller, CDU, im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern in Schwerin (dpa-Zentralbild / Picture Alliance / Jens Büttner)
Vielleicht grundsätzlich: Es gibt eine Beschlusslage unserer Partei. Die ist unmissverständlich und an die sollte sich auch jeder halten. Wenn die Penzliner uns als Land gefragt hätten, dann hätten wir von dem Schritt abgeraten, ganz klar abgeraten. Es gibt jetzt dort eine Zählgemeinschaft, die unseres Wissens da eher aus der Not geboren ist. Es gibt aber keinerlei Koalition, keine Fraktion und keine Zusammenarbeit.
Die Zählgemeinschaft dient ausschließlich für einen Tag, und das ist der Tag, wo die konstituierende Sitzung ist, wo festgelegt wird, wer wie viele Sitze in welchem Gremium denn auch hat.
"... dann hätten wir ganz klar abgeraten"
Hennen: Aber, Herr Waldmüller, ist das nicht Sprachkosmetik? Sie haben es gerade gesagt: Ein Parteitagsbeschluss hat klargestellt, eine Zusammenarbeit mit der AfD soll es nicht geben. Warum haben Sie denn offensichtlich Teile Ihres Landesverbandes, in diesem Fall Penzlin, nicht unter Kontrolle?
Waldmüller: Wissen Sie, wir haben 700 bis 800 Gemeinden im ganzen Land Mecklenburg-Vorpommern. Das sind Kleinstgemeinden. Sie können da, wenn wir nicht gefragt werden - Wir haben Kommunalwahl gehabt. Alle konstituieren sich momentan. Sie können doch nicht hingehen und können sagen, hier, passt auf, Leute, ihr müsst das so oder so machen. Das ist viel zu weitläufig. Das führt auch irgendwo zu weit.
Wenn wir natürlich um Rat gebeten werden bei irgendwelchen Dingen und wenn man uns angefragt hätte, dann hätten wir ganz klar - das habe ich ja gesagt - abgeraten. Das ist jetzt keine Kosmetik! Sie haben gar nicht die Möglichkeit, bei 700, 800 Gemeinden in jeder Gemeinde da irgendwo mitwirken zu können, geschweige denn, dass sie wissen, was da momentan zu welchem Stand läuft.
Hennen: Auch wenn Sie als Landespartei keine Weisung aussprechen können oder wollen, Sie könnten ja durchaus politischen Druck nun ausüben, gegen so eine Abweichung gegen Parteilinie vorzugehen. Werden Sie das tun?
Waldmüller: Wir haben in der Vergangenheit uns als Land ganz klar positioniert, dass es mit der AfD keine Zusammenarbeit gibt, weil es mit der AfD auch keinerlei Schnittmengen gibt. Das weiß im ganzen Land all unsere Mitglieder und dergleichen. Natürlich werden wir mit den Penzlinern vor Ort sprechen. Das ist überhaupt keine Frage.
"Habe den Herrn vor Ort noch nicht erreicht"
Hennen: Haben Sie schon gesprochen?
Waldmüller: Ehrlich gesagt, wenn ich jetzt ehrlich bin, habe ich den Herrn vor Ort noch nicht erreicht, weder am Festnetz, noch am Handy. Ich versuche es auf allen Geräten, das ist klar, aber ich habe mit ihm noch nicht sprechen können.
Hennen: Herr Waldmüller, der Fall Penzlin, der schlägt jetzt durchaus Wellen und der wird auch weit über Mecklenburg-Vorpommern jetzt wahrgenommen. Ist es da vor Ort nur Naivität, oder gibt es durchaus rechtsextreme Elemente in der CDU in Mecklenburg-Vorpommern? Was sagen Sie?
Waldmüller: Das würde ich ganz klar verneinen. Wie gesagt, das ist auf der kleinsten Ebene. Ob Naivität oder nicht, ob diese großpolitischen Zusammenhänge in der Sache vor Ort immer so gesehen werden, das glaube ich nun auch wirklich nicht, dass da irgendwo ein politischer Hintergrund dagegen steht oder dabei ist. Dass Teile von der CDU rechts sind, da würde ich mich absolut dagegen verwahren. Das ist nicht der Fall.
Hennen: Geht es denn nicht um Haltung bei der CDU? Was für Konsequenzen ziehen Sie als Landesverband aus dem Fall Penzlin?
Waldmüller: Konsequenz insofern, dass scheinbar in den Gemeindeebenen, ich sage mal, die AfD mit ihrem Wirken und mit dem eigentlichen Hintergrund des politischen Wirkens - Gauland/Höcke lässt grüßen - scheinbar die politische Dimension nicht angekommen ist und dass wir da noch mehr Aufklärung machen müssen, überhaupt keine Frage. Aber ansonsten, ich sage mal wie gesagt: Sie können nicht jede einzelne Entscheidung vor Ort, bei 700 oder 800 Gemeinden vor Ort können Sie nicht überall wissen und eingreifen. Das geht nicht!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.