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CDU
Eine Partei auf Verjüngungskurs

Generalsekretär Peter Tauber ist ein Hoffnungsträger der CDU. Er will die Partei verjüngen, moderner machen. Doch wie sieht es an der Parteibasis in dem Ort aus, aus dem er kommt? In der schönen Fachwerkstadt Gelnhausen in Hessen hat es die Partei tatsächlich geschafft, sich weiblicher und generationenübergreifender aufzustellen als anderswo.

Von Ludger Fittkau | 10.12.2015
    CDU-Generalsekretär Peter Tauber
    CDU-Generalsekretär Peter Tauber (picture alliance / dpa / Michael Kappeler)
    "Wie sie hören, bin ich kein gebürtiger Deutscher, meine Frau auch nicht. Wir stammen aus England."
    Professor David Lupton begrüßt in seinem gediegenen Altstadthaus in Gelnhausen leger in blau-weiß kariertem Hemd und dunkler, bequemer Hose.
    Die Fachwerkstadt Gelnhausen. Main-Kinzig-Kreis im Südosten Hessens. Wer nicht von dort kommt, wird von der 22.000 Einwohnerstadt wohl kaum etwas gehört haben. Zumindest bis zum 16. Dezember 2013 nicht. An diesem Tag wurde Peter Tauber Generalsekretär der CDU. Und in Gelnhausen liegt nicht nur sein Wahlkreisbüro – er ging auch schon dort aufs Gymnasium. Aber zurück zu Professor David Lupton. Auch der charmante End-Sechziger mit britischen Wurzeln ist CDU-Mitglied, so lange wie Peter Tauber: Etwas mehr als 20 Jahre.
    "Ich habe mich immer für die Kommunalpolitik interessiert."
    Der Metallurge im Ruhestand kam über eine Beschäftigung in der Kernforschungsanlage Jülich nach Deutschland und schließlich mit seiner Frau ins Rhein-Main-Gebiet
    "Es war eine Zeit, Anfang der 90er, das hat sich unheimlich viel getan in der Stadt."
    Andere haben sich in seinem Alter längst in den Ruhestand verabschiedet. Doch Lupton ist immer noch Stadtverordneter für seine Partei – und Ortsvorsteher von Gelnhausen Mitte, erzählt er, während er ins Wohnzimmer bittet. Hier wurde der jetzige CDU-Generalsekretär Peter Tauber zum neuen Vorsitzenden des CDU-Stadtverbandes von Gelnhausen ausgeguckt. 2007 war das und damit auch schon ein Weilchen her. Bis heute sitzen Tauber und Lupton gemeinsam im örtlichen CDU-Vorstand.
    "Er hat diese Vorbildfunktion in der Stadt und das bringt unheimlich viel. Gerade bei den jüngeren Leuten."
    Die jüngeren Leute. Die will Peter Tauber bei der CDU nach vorne bringen. Bis heute ist die Partei geprägt von katholischen Männern älterer Jahrgänge. Ihr Generalsekretär, flott, mit modischer Brille, der ab und an auch mit Kapuzenpulli gesichtet wird, möchte die Partei bunter machen – und moderner. Bei der letzten Bundestagswahl lag der Frauenanteil unter den CDU-Wählern bei über 50 Prozent, doch bei den Mitgliedern sind nur 27 Prozent weiblich. Jeder dritte Jungwähler gab Angela Merkel die Stimme – aber nur knapp 3 Prozent der CDU-Mitglieder sind jünger als 25 Jahre. Mitglieder der Kreisverbände sind im Schnitt 59 Jahre alt. Nur jeder Dritte hat überhaupt eine E-Mailadresse.
    Moderner und offener werden ist das Ziel
    Moderner werden, sich öffnen für Zuwanderer. Das wird auch Thema sein am Bundesparteitag in Karlsruhe.
    Was die alte CDU dazu sagt?
    Weniger Kilometer weiter östlich in Gelnhausen, ein kleines Einfamilienhaus im Ortstteil Haitz. Hier lebt Anton Spahn. Wie Lupton in Gelhausen-Mitte leitet Spahn den CDU-Ortsverband im Vorort Haitz – auch er gehört zu denjenigen, die mit Peter Tauber bis heute im Vorstand des Stadtverbandes zusammenarbeiten:
    "Ich werde im Februar 92 Jahre alt und war lange Jahre Schatzmeister der CDU Gelnhausen."
    Genau gesagt: 30 Jahre lang war Anton Spahn Schatzmeister. Vor drei Jahren hat er aufgehört. Die Mitgliederverwaltung sollte digitalisiert werden. Und Computer waren da noch nicht sein Ding – und mit den Onlineüberweisungen wollte er nicht mehr anfangen.
    Das will der 91-Jährige jetzt aber ändern: Anton Spahn will einen Computerkurs belegen. Wer weiß: Vielleicht wird seine Finanz-Expertise ja doch wieder gebraucht. Denn der rüstige Rentner beobachtet seit Langem, dass seine Partei sich schwertut, unter den Berufstätigen Nachwuchs für Ehrenämter zu finden:
    "Ich habe mir viel Zeit genommen und viele Nachtstunden sind da drauf gegangen für die Arbeit. Denn wenn man so was übernimmt, hat man ja eine Verantwortung."
    Geselligkeitsveranstaltungen für Jugendliche
    Verantwortung übernehmen – das wollen im CDU-Stadtverband Gelnhausen nach langer Durststrecke nun aber endlich auch einige jüngere Leute. Dies ist wohl auch dem Partei-Promi Peter Tauber zu verdanken, glaubt David Lupton. Mit seinen 41 Jahren wirkt Peter Tauber in seiner Partei wie ein Jungspund:
    "Natürlich hängt das nicht unwesentlich mit der Person von Peter Tauber zusammen - er wohnt auch nur so ein paar hundert Meter von hier entfernt."
    Doch der 91-Jährige fordert, die CDU müsste da noch deutlich mehr tun:
    "Die CDU müsste noch viel mehr Geselligkeitsveranstaltungen für Jugendliche machen, nicht wahr, die gar nicht in der Partei drin sind."
    "Ich glaube, er hat recht, Herr Spahn, er hat fast immer recht. (Lacht) Das wir mehr Aktivitäten in diese Richtung entwickeln können."
    Nicht auf Erfahrung verzichten
    Entwickeln, besonders nach vorne, müsse sich auch die CDU, das ist für David Lupton klar. Er, der sich als Ortsvorsteher sehr um Flüchtlinge bemüht, findet die klare Haltung, die Angela Merkel in der Flüchtlingsfrage zeigt, richtig.
    "Ich bin stolz auf sie, als Parteivorsitzende und aus Bundeskanzlerin."
    Anton Spahn hofft, dass die jüngeren, wie Peter Tauber, ihren Weg in der Partei machen. Die Alten müssen sie dabei unterstützen, sie "führen", betont er aber auch. Auf Erfahrung kann nicht verzichtet werden, auch wenn die Partei jünger, weiblicher und bunter werden muss. Klar ist für den langjährigen Schatzmeister aber auch eines:
    "Die durch die Parteien Karriere gemacht haben – und dann wenn sie aus dem Berufsleben ausscheiden, dass sie dann den auf einmal den Beitrag ermäßigt haben wollen. Die bekommen schönes Ruhegeld, sodass sie ihren Beitrag ruhig weiter bezahlen könnten. Ohne zu murren oder irgendetwas zu sagen."