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CDU-Karussell dreht sich weiter

Am 25. August soll Christoph Ahlhaus zum Ersten Bürgermeister von Hamburg gewählt werden und Ole von Beust nachfolgen. Derzeit hat der CDU-Innensenator alle Hände voll zu tun. Neben den Grünen muss er auch die eigene Mannschaft beruhigen.

Von Verena Herb | 05.08.2010
    "Ich begrüße Sie ganz herzlich hier in der Maultaschenbörse, vor unserem historischen Hamburger Rathaus."

    Es ist der erste öffentliche Auftritt nach seiner Nominierung als designierter Bürgermeister: Christoph Ahlhaus, noch amtierender Innensenator, eröffnet das Weinfest auf dem Hamburger Rathausmarkt.

    Der Presserummel ist groß: Kamerateams und Fotografen folgen dem CDU-Politiker und seiner Gattin Simone beim Rundgang durch die Winzerhütten. Passanten bleiben stehen, drehen sich um: "Wer ist denn das?", raunt es von den hölzernen Bierbänken. Christoph Ahlhaus ist für viele in der Stadt ein Unbekannter. Bald soll er Hamburgs Erster Bürgermeister werden. Während die einen das schwarz-grüne Bündnis fortführen möchten, fordern andere Bürger Neuwahlen:

    "Ich meine, Ahlhaus wurde nicht von uns gewählt. Und warum sollte er jetzt einen Platz einnehmen, der nicht für ihn bestimmt war."

    "Ich bin für Neuwahlen, ich bin überhaupt nicht für Herrn Ahlhaus."

    "Wenn CDU und Grüne sich einig sind, dass sie weiter machen wollen, dann dürfen sie auch weiter machen."

    Als Ole von Beust am Abend des 18. Juli seinen Rücktritt erklärt, tritt sogleich sein designierter Nachfolger ans Mikrofon. Es klingt wie ein Appell an den kleinen Koalitionspartner:
    "Schwarz-Grün hat in den vergangenen Jahren eine engagierte Arbeit für Hamburg geleistet. Die möchte ich fortsetzen. Sie hat unserer Stadt außerordentlich gut getan."

    Ole von Beust legt nach. Er ist überzeugt, Ahlhaus ist der richtige Mann:

    "Weil ich auch weiß, dass der designierte Nachfolger jemand ist, der großstädtische Politik machen will. Er wird als konservativ beschrieben, das ist zum Teil vielleicht richtig. Auf der anderen Seite kenne ich ihn als sehr liberalen Mann. Jemand, der auch Schwarz-Grün aus dem ganzen Herzen und Vernunft gewollt hat. Und eine Gefährdung des Bündnisses sehe ich überhaupt nicht."

    Doch bei den Grünen regt sich bei der Personalie Ahlhaus Widerstand. Zwei Tage nach von Beusts Rücktritt trifft sich die GAL Basis auf einem Mitgliederabend. Sven Jansen, Kreisvorsitzender der Grünen im Bezirk Nord findet:

    "Wichtig ist ja, dass wir unsere Inhalte, die wir im Koalitionsvertrag vereinbart haben, die auch fortsetzen können. Das wird uns wichtig sein, und darum wird´s uns gehen. Ich glaube nicht, dass jetzt Neuwahlen der richtige Weg sind."

    Doch es gibt viele kritische Stimmen an diesem Abend. "Ich stehe nicht so gut zu ihm. Ich kann mir das nicht so gut vorstellen, mit den Grünen und Ahlhaus."

    Denn Ahlhaus gilt als konservativer Hardliner, gerade beim Thema "innere Sicherheit": "Eine wachsende Stadt muss auch eine sichere Stadt sein", lautet sein Motto. Bei den schon fast traditionellen Krawallen im Schanzenviertel durch linke Autonome plädiert er für massive Polizeipräsenz und steht für eine harte Abschiebepolitik. Als bekannt wird, Ahlhaus war einst Mitglied – wenn auch nur ein Gastmitglied - in der schlagenden Verbindung "Turnerschaft Ghibellinia" in Heidelberg, sind die Grünen empört. Alhaus lässt sich flugs von der Mitgliedsliste Turnerschaft streichen. Falsch verbunden, weg damit. Ahlhaus muss um den Bündnispartner buhlen, klarmachen: Er steht zum Koalitionsvertrag. Dafür hat er noch etwa zwei Wochen Zeit. Am 18. August muss er sich der grünen Basis auf einem Parteitag stellen, um am 25. August zum Bürgermeister gewählt zu werden. Doch ist das nicht sein einziges Problem. Nach dem Kapitän von Beust will auch ein Teil der Mannschaft das Senatsschiff verlassen: Die parteilose Kultursenatorin Karin von Welck erklärte bereits ihren Rücktritt, Tage später lässt Wirtschaftssenator Axel Gedaschko mitteilen, auch er strebe eine neue berufliche Aufgabe an.

    "Das ist ja schon eine sehr gehäufte Rücktritteritis ...", so Christa Goetsch, Zweite Bürgermeisterin und Schulsenatorin kopfschüttelnd. Nicht nur von Welck und Gedaschko sind weg, auch Wissenschaftssenatorin Herlind Gundelach soll dem neuen Senat nicht mehr angehören, wird gemunkelt.

    "Das ist eine Angelegenheit des neuen Bürgermeisters, seinen Senat zusammenzustellen. Und ich bitte um Verständnis, dass ich dazu nichts sagen werde", sagt Herlind Gundelach.

    Dann ist da noch Carsten Frigge, der Finanzsenator. Er soll in die Parteigeld-Affäre der rheinland-pfälzischen CDU verwickelt sein. Während des Landtagswahlkampfs in Rheinland Pfalz hat Frigges Consulting-Firma den damaligen CDU-Landes- und Fraktionschef Christoph Böhr beraten. Die Staatsanwaltschaft ermittelt, weil sie vermutet, dass Teile des Honorars aus der Fraktionskasse für Parteiwahlkampfzwecke verwendet wurden. In diesem Zusammenhang wird gegen Frigge wegen Beihilfe zur Untreue ermittelt. Viele in der Stadt halten ihn allein aus diesem Grund für nicht tragbar. Momentan laufen die Personalgespräche – die Journaille spekuliert, wer wohl was wird im neuen Senat. Christoph Ahlhaus hat also einiges zu tun. Sein Personaltableau erstellen, die Grünen für sich gewinnen. Doch die großen Aufgaben kommen nach dem 25. August auf ihn zu, wenn er denn erst einmal Bürgermeister ist. Er muss die CDU-Basis wieder einen, die Wähler für sich gewinnen: Viele haben sich nach der Auseinandersetzung um die Schulreform von den Christdemokraten abgewandt. Bei der letzten Umfrage lag die CDU nur noch bei 31 Prozent. Zur Bürgerschaftswahl 2008 waren es noch 42,6 Prozent. Die Konsequenz: Ahlhaus muss das konservative Profil seiner Partei schärfen und sich bekannter machen. 2012 sind Bürgerschaftswahlen – und die Beliebtheitslokomotive Ole von Beust nicht mehr dabei.

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