Donnerstag, 25. April 2024

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CDU-Politiker: Kassenbons werden in Zukunft zur Realtiät

"Ich gehe davon aus, dass die Griechen die Auflagen des Internationalen Währungsfonds erfüllen werden und dann auch in der Lage sein werden, die Kredite in Jahresabständen zurückzuzahlen," lautet die Einschätzung von Michael Fuchs.

Michael Fuchs im Gespräch mit Christoph Heinemann | 05.05.2010
    Christoph Heinemann: Als kommentierten die Märkte die hastige Griechenland-Hilfe, fiel der Euro heute auf den tiefsten Stand dieses Jahres: 1,29 Dollar. Umgekehrt war ein Dollar damit 0,77 Euro wert. Der Internationale Währungsfonds will den Notkredit für Griechenland an diesem Wochenende formell beschließen, am Vormittag beschäftigte sich der Deutsche Bundestag mit dem deutschen Teil der europäischen Hilfe. Die deutschen Steuerzahler sollen sich am internationalen Rettungsplan für Athen mit 22,4 Milliarden Euro Krediten in drei Jahren beteiligen.
    Am Telefon ist der CDU-Bundestagsabgeordnete Michael Fuchs. Er ist der Vorsitzende des Parlamentskreises Mittelstand. Guten Tag!

    Michael Fuchs: Guten Tag!

    Heinemann: Herr Fuchs, Euros nach Athen tragen. Stimmen Sie zu?

    Fuchs: Es geht nicht darum, dass wir Euros nach Athen tragen, sondern es geht darum, dass wir den Euro stabilisieren. Das ist unsere Aufgabe und deswegen stimme ich auch zu.

    Heinemann: Und dafür tragen wir Euros nach Athen?

    Fuchs: Es bleibt uns nichts anderes übrig. Wir werden keine Euros hintragen, sondern wir geben einen Kredit an Griechenland und nichts anderes, und ich gehe mal davon aus, dass die Griechen die Auflagen des Internationalen Währungsfonds erfüllen werden und dann auch in der Lage sein werden, die Kredite in Jahresabständen zurückzuzahlen.

    Heinemann: Mit welcher Geste stimmen Sie zu? Ist da die leichte Hand erkennbar, oder die geballte Faust?

    Fuchs: Das hat nichts mit geballter Faust zu tun. Unsere Aufgabe als Politiker, die Verantwortung tragen, in dieser Regierung Verantwortung tragen, ist es, dafür zu sorgen, dass die Eurozone stabil bleibt, dass der Euro stabil bleibt. Und sind wir uns bitte mal bewusst: Hätten wir den Euro in der Finanzkrise I nicht gehabt, wir Deutsche den Euro in der Finanzkrise nicht gehabt, dann wäre es uns wesentlich schlechter gegangen, und der Euro hat sich auch als Hort der Stabilität erwiesen. Wenn Sie die letzten zehn Jahre vor Einführung des Euro nehmen, hatten wir eine durchschnittliche Inflationsrate von 2,7, und in den ersten zehn Jahren des Euro hatten wir eine durchschnittliche Inflationsrate von 1,3 Prozent. Das ist deutlich besser geworden. Das zeigt, dass wir als Deutsche ebenfalls von der Einführung des Euro profitiert haben, und deswegen müssen wir auch alles in Bewegung setzen, um den Euro zu stabilisieren, und dazu gehört auch, dass wir in diesem Falle, auch wenn es uns keine große Freude macht, Kredite an Griechenland geben müssen.

    Heinemann: Das war der Blick zurück. Und in Zukunft füllen die deutschen Steuerzahler ein Fass ohne Boden in Athen?

    Fuchs: Ich gehe mal davon aus, dass das nicht der Fall wird. Sie müssen eines sehen: Der Internationale Währungsfonds hat den Griechen erhebliche Hausaufgaben aufgetragen, unter anderem Gehaltskürzungen, unter anderem Steuererhöhungen, Mehrwertsteuer von 21 auf 23 Prozent, die Steuer von 45 auf 60 Prozent anzuheben, etc. etc., jede Menge Verbrauchssteuern, Benzin etc., alles ist angehoben worden. Das wird natürlich für Griechenland hart werden, harte Zeiten.

    Im Prinzip büßen sie dafür, dass sie in den letzten zehn Jahren ihre Hausaufgaben eben nicht gemacht haben. Dementsprechend intensiv müssen sie sie jetzt machen. Wenn diese ganzen Maßnahmen greifen, dann kommt Griechenland zurück auf den Pfad der Tugend, dann kommen sie in die Nähe der Maastricht-Kriterien und dann ist unser Kredit auch nicht gefährdet.

    Heinemann: Stichwort Tugend, Herr Fuchs. Wie kontrolliert man ein Land, in dem das Wort Kassenbon vielerorts ein Fremdwort ist?

    Fuchs: Genau das werden wir jetzt ja anders haben. Der IWF, der Internationale Währungsfonds, bleibt ja in Griechenland. Es ist nicht so, als würde der sich jetzt verabschieden und sagen, wir kommen in 14 Tagen, oder in drei Monaten mal wieder. Nein, es gibt ein Team von Beobachtern, die permanent da sind. Das ist ein Großteil der Aufgabe der nationalen Souveränität, der damit in Einklang steht, und deswegen bin ich schon der Meinung, das sind sehr, sehr harte Maßnahmen, die auf die Griechen zukommen. Man stelle sich bitte vor, wir müssten Ähnliches in Deutschland erleiden. Das wird dazu führen, dass die Chance jetzt da ist, dass die Griechen ihren Staatshaushalt, ihre Finanzen in Ordnung bringen, dass auch die Steuern, die fällig sind, eingetrieben werden und Kassenbons in Zukunft zur Realität werden.

    Heinemann: Die Eurostat, die Europäische Statistikbehörde, ist auf Griechenland schon einmal reingefallen. Wieso sollte das der IWF besser machen?

    Fuchs: Weil der IWF erstens mit einem Team über einen längeren Zeitraum da ist, zweitens Eurostat heute auch wesentlich mehr Möglichkeiten in Griechenland hat, als es damals gehabt hat. Damals gab es ja noch die Möglichkeit für die Griechen, mit kreativer Buchführung an Eurostat vorbei zu wirtschaften. Das ist heute nicht mehr möglich, wir gucken in jedes Buch hinein, die Chancen sind da wesentlich größer geworden.

    Heinemann: Aber hat nicht gerade die Europäische Zentralbank mit ihrer Zusage, echte Euros gegen griechische Schrottpapiere zu tauschen, jedwede Kontrolle aus der Hand gegeben?

    Fuchs: Nein, das sehe ich eben nicht so. Wir werden ja jetzt dieses Verfahren weiter kontrollieren und die Griechen wissen sehr genau, dass in dem Moment, wo sie aus dem Verfahren auszubrechen versuchen, also nicht die Dinge umsetzen, die vereinbart sind, die ja in einem sogenannten Memorandum of Understanding am 2. Mai klar und schriftlich mit der EU-Zone und dem IWF vereinbart wurden, sofort der Zuschuss von Euro weg ist. Das würde also bedeuten, dass sie sich dann aber wirklich in großes Risiko begeben. Sie haben es in der Hand, jetzt noch mal die angebotene Hand des IWF, die angebotene Hand der EZB anzunehmen und die Sachen umzusetzen.

    Heinemann: Aber die EZB hat doch gerade einen Blankoscheck ausgestellt?

    Fuchs: Ich sehe nicht, dass das ein Blankoscheck ist. Der Blankoscheck wird gedeckt durch die Maßnahmen, die ich eben skizziert habe.

    Heinemann: Herr Fuchs, wer zu spät spart, den bestraft die Börse. Umgekehrt ausgedrückt: gegen eine robuste Wirtschaft und gegen stabile Haushalte kann man nicht spekulieren. Sind Spekulationen nicht notwendige Sanktionen?

    Fuchs: Spekulationen gibt es immer. Im Prinzip ist das Gründen einer Firma schon eine Spekulation. Sie spekulieren darauf als Unternehmer, dass diese Firma Erfolg haben wird, und sie setzen ihr privates Geld ein. Wichtig ist mir, dass bei Spekulationen auch Sanktion dadurch sein muss, dass derjenige, der falsch spekuliert hat, auch Geld verliert. Das war hier in der Finanzkrise nicht in jedem Falle so gewesen, das müssen wir ändern. Wir werden deswegen auch Regulierungen des Finanzmarktes machen. Das hat die Bundeskanzlerin ja in der gerade eben gelaufenen Debatte sehr deutlich gemacht.

    Heinemann: Bundesbankpräsident Axel Weber warnt vor einem Flächenbrand. Wo werden die Heuschrecken den nächsten Hunger stillen, in Spanien vielleicht?

    Fuchs: Ich glaube das nicht, denn ich glaube, dass auch Spanien und Portugal aus dieser Krise gelernt haben. Beide Länder haben beobachtet, mit welcher rigiden Sparmethode Griechenland jetzt antreten muss. Beide Länder werden im Vorgriff auf solche Maßnahmen des Internationalen Währungsfonds sofort beginnen, ihre Haushalte in Ordnung zu bringen. Das beobachten wir ja in Irland in gleicher Weise schon und ich habe das Gefühl, als würde das ein heilsamer Schock für alle Länder, die zu sehr über die Verhältnisse gelebt haben, sein.

    Heinemann: Stichwort heilsamer Schock. Wenn Sie gegenwärtig das Wort Steuersenkungen hören, müssen Sie dann lachen, oder weinen?

    Fuchs: Das kann ich so nicht stehen lassen. Steuersenkungen können wir natürlich nur dann machen, wenn es sich nachhaltig erweist, dass Deutschland wieder auf einem Wachstumspfad ist. Warten wir bitte mal ab, wie die Steuerschätzung in den nächsten zwei Tagen aussieht, und warten wir dann ab, wie das Wachstum in Deutschland aussieht. Wenn das Wachstum sich verstetigen sollte und nachhaltig wird, dann müssen wir vor allen Dingen für die Mittelschicht etwas tun. Das ist für mich der Polizist, die Krankenschwester, derjenige, der morgens früh aufsteht, und derjenige, der spät von der Arbeit nach Hause kommt, der Handwerker. Die sind alle in den letzten Jahren wahrlich nicht begünstigt worden von der Politik und für die müssen wir etwas tun. Dieser berühmte Mittelstandsbauch, also die zu starke Progression in dem mittleren Teil des Einkommenssteuertarifes, muss verändert werden. Das kann man machen und das muss man auch machen, weil wir sonst demotivierend für diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den größeren Firmen sein werden.

    Heinemann: Der CDU-Bundestagsabgeordnete und Mittelstandspolitiker Michael Fuchs in den "Informationen am Mittag" im Deutschlandfunk. Danke schön für das Gespräch und auf Wiederhören.

    Fuchs: Auf Wiederhören!