Donnerstag, 28. März 2024

Archiv


CDU-Politiker Luczak: Flughafenkrise ist keine Koalitionskrise

Kurz vor Abstimmung um das Misstrauensvotum gegen Berlins Regierenden Bürgermeister, Klaus Wowereit (SPD), hat sich der Berliner CDU-Bundestagsabgeordnete Jan-Marco Luczak ausdrücklich für eine Fortführung der Koalition mit der SPD ausgesprochen. Gerade um das desaströse Großflughafenprojekt erfolgreich zu Ende zu führen, brauche Berlin eine stabile Regierung.

Jan-Marco Luczak im Gespräch mit Mario Dobovisek | 12.01.2013
    Mario Dobovisek: Am Telefon begrüße ich den Berliner CDU-Bundestagsabgeordneten Jan-Marco Luczak. Guten Morgen, Herr Luczak!

    Jan-Marco Luczak: Schönen guten Morgen, Herr Dobovisek!

    Dobovisek: Weltweite Häme für das Berliner Flughafendesaster, Witze kursieren, zum Beispiel: Berlin hat den einzigen Airport der Welt, den man nur auf dem Landweg erreichen kann. Können Sie darüber noch lachen?

    Luczak: Nun, manchmal bleibt einem sozusagen das Lachen ein wenig im Halse stecken. In der Tat – das ist kein Ruhmesblatt, wie der BER sich jetzt gestaltet, insofern ist das für das Image Berlins sicherlich nicht das Beste gewesen.

    Dobovisek: Wie würden Sie die Stimmung in der Berliner CDU beschreiben, sobald jemand den Flughafen zur Sprache bringt?

    Luczak: Nun, wir haben ja eine relativ turbulente Woche hinter uns und haben jetzt die Sitzung des Abgeordnetenhauses kurz vor uns, und insofern haben wir die Diskussion jetzt geführt im Berliner Abgeordnetenhaus, auch kritisch geführt, auch über die Kommunikation, die sicherlich nicht zum Besten bestellt war, was die Krise um den Flughafen anbelangt. Aber für uns ist entscheidend, dass wir eine Flughafenkrise haben, und wir sind sehr bestrebt, dass daraus keine Krise der Koalition wird, sondern wir brauchen in Berlin eine stabile und auch eine handlungsfähige Regierung, gerade auch, weil wir diesen Flughafen als großes und wichtiges Infrastrukturprojekt zu einem erfolgreichen Ende führen wollen.

    Dobovisek: Sie haben die ja merkwürdige Kommunikation bereits angesprochen, damit meinen Sie, dass die CDU erst Anfang der Woche aus den Medien von der erneuten Verschiebung des Eröffnungstermins erfahren hat. Wowereit und die SPD allerdings waren schon Mitte Dezember darüber informiert. Das klingt nicht gerade nach einer guten Koalition.

    Luczak: Nein, also die Frage, wann wir informiert wurden – es ist ja in dieser Woche aufgeklärt worden. Die Berichte, nach denen im Dezember bereits Wowereit und andere informiert worden sind, die waren ja nicht zutreffend, sondern auch Herr Wowereit ist sehr kurzfristig erst darüber in Kenntnis gesetzt worden. Man kann eher der Geschäftsführung hier an dieser Stelle auch einen Vorwurf machen, wenn dort – das wird jetzt sich in den nächsten Tagen aufklären – möglicherweise schon einige Tage, einige Wochen vorher Anhaltspunkte dafür da waren, dass der Termin jetzt im Oktober auch nicht gehalten werden könnte, dass man dann nicht schon frühzeitig die Politik an dieser Stelle auch informiert hat, dass man sich auch hätte darauf einstellen können. Aber insofern ist da an dieser Stelle auch die Kommunikation nicht ordentlich gelaufen.

    Dobovisek: Wie schnell könnte denn aus dieser Flughafenkrise, wie Sie sie nennen, eine Koalitionskrise werden?

    Luczak: Wir haben ja jetzt das Misstrauensvotum, was am Donnerstag eingebracht worden ist. Wir werden jetzt in wenigen Stunden darüber abstimmen. Ich gehe persönlich davon aus, wenn ich die Kollegen aus dem Abgeordnetenhaus höre, wenn ich mit diesen spreche, dass dieses Misstrauensvotum keinen Erfolg haben wird. Die Fraktionen haben sich ja einstimmig dafür ausgesprochen, die Große Koalition fortzuführen. Für uns ist wichtig in der Tat, dass wir den Flughafen zu einem erfolgreichen Ende bringen. Es ist eine Krise, damit müssen wir auch richtig jetzt umgehen. Aber es ist eben keine Krise der Koalition, sondern wir haben in dem vergangenen Jahr, wo SPD und CDU in Berlin zusammenregieren, schon viele Erfolge vorzuweisen: Wir haben Überschüsse im Haushalt, wir werden niedrige Wasserpreise haben, die Arbeitslosenquote ist auf einem wirklich sehr niedrigen Stand seit vielen, vielen Jahren erst in Berlin, wir haben ein sehr dynamisches Wachstum in Berlin. Das ist etwas, wo wir gemeinsam auch drauf stolz sein können, und wir haben auch noch viel vor. Und deswegen ist das Bestreben von uns – und das eint uns an dieser Stelle, da sind wir geschlossen in der Koalition –, wir wollen diese Koalition fortführen.

    Dobovisek: Um jeden Preis?

    Luczak: Nicht um jeden Preis, aber zum Gute und zum Wohle der Stadt.

    Dobovisek: Das Wohle der Stadt hängt aber – zumindest was die öffentliche Meinung angeht, denn die ist ja durchaus kritisch, was den Flughafen angeht – auch eben von diesem Großprojekt ab, und das wiederum von Klaus Wowereit. Wie lange ist die CDU noch bereit, Klaus Wowereit zu stützen?

    Luczak: Nein, sehen Sie, es geht gar nicht so sehr um die Person von Klaus Wowereit.

    Dobovisek: Aber er ist politisch verantwortlich für dieses Desaster.

    Luczak: Ich kann das verstehen, dass viele Menschen jetzt einfache Lösungen auch haben wollen, dass man Schuldige ermittelt und sie vom Hof jagt und dann ist alles wieder gut, aber ganz so einfach ist es ja nicht, sondern man muss ja immer die Frage stellen: Was würde denn besser werden? Und wenn man sich die Opposition hier in Berlin anschaut, wenn man sich anschaut, wie zerstritten die Grünen sind, wenn man sich die Piraten anschaut, die quasi die Konzept- und Ahnungslosigkeit zum Programm erhoben haben, wenn man sich die Linke anschaut, die jetzt einen sehr schlanken Fuß macht, wenn man nach ihrer eigenen Verantwortung, die sie ja zehn Jahre in Berlin hier getragen haben, fragt, dann wird man sehen, dass es dort ganz viel Durcheinander gibt. Es gibt eben keinen Plan für diese Stadt, und deswegen glaube ich – und ich glaube, da sind auch die Berliner sich einig –, dass die große Koalition zwischen SPD und CDU für die Stadt das Beste ist.

    Dobovisek: Hält die CDU in Berlin bloß still, weil sie für Neuwahlen gar keine geeigneten Kandidaten hat?

    Luczak: Nein. Wir haben mit Frank Henkel einen Spitzenkandidaten der letzten Wahl gehabt, der ein sehr erfolgreicher Innensenator und Bürgermeister dieser Stadt ist, insofern haben wir davor keine Angst. Nur wir glauben eben an der Stelle, dass die Große Koalition wegen der großen und enormen Herausforderung, vor der unserer Stadt steht – also wenn ich an die steigenden Mieten auch denke, wenn ich an die sozialen Probleme denke, die wir in unserer Stadt haben –, da brauchen wir eine geschlossene und handlungsfähige Regierung, und ich sehe einfach keine Alternative zu dieser Großen Koalition. Und für uns ist es wichtig, an der Zukunft unserer Stadt mitzugestalten, und das wollen wir in Regierungsverantwortung tun.

    Dobovisek: Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck ist die Nummer zwei im Aufsichtsrat des Flughafens und soll nach Wowereits Rücktritt dem Aufsichtsrat vorstehen. Ist Platzeck der richtige Krisenmanager auf dem Flughafen?

    Luczak: Also Matthias Platzeck hat zumindest die Sitzungen des Aufsichtsrats und das gesamte Projekt des BER in den vergangenen Jahren ja mit begleitet, er ist insoweit ein Stück weit eingearbeitet, er kennt das Projekt.

    Dobovisek: Ein Stück weit auch Teil des Problems?

    Luczak: Richtig ist natürlich: Man muss dem gesamten Aufsichtsrat und natürlich auch Herrn Platzeck, der sich als Aufsichtsratsvorsitzender jetzt dann auch positionieren muss, natürlich auch genau auf die Finger schauen. Es wird ja derzeit auch überlegt, inwieweit man externen Sachverstand auch noch heranziehen kann, mehr Erfahrung noch heranziehen kann bei der Betreuung von solchen Großprojekten wie dem Flughafen. Aber die Gesellschafter, Berlin, Brandenburg und auch der Bund wollen hier einvernehmliche Lösungen finden, und das wird auf der nächsten Aufsichtsratssitzung dann auch so erfolgen, davon gehe ich aus.

    Dobovisek: Angela Merkel zeigt sich besorgt, das Verkehrsministerium zeigt sich besorgt, lehnt zum Teil Platzeck ab. Selbst der Bundestagspräsident Norbert Lammert zeigt sich kritisch. Das ist alles aus der CDU, die Stimmen. Das heißt, wie groß ist der Rückhalt für jemanden wie Platzeck?

    Luczak: Noch mal: Die Gesellschafter haben da eine einige Position, sie wollen alle Entscheidungen, was den Vorsitz des Aufsichtsrates anbelangt, einvernehmlich treffen. Dazu gab es Gespräche und dazu wird es sicherlich auch bis zur nächsten Aufsichtsratssitzung noch weitere Gespräche geben. Und insofern bin ich da ganz zuversichtlich, dass man dort einvernehmlich auch tatsächlich dann entscheiden wird, und dass man eine Lösung vor allen Dingen finden wird, die dafür sorgt, dass der Flughafen tatsächlich auch ein Erfolg wird, dass er möglichst schnell jetzt ans Netz gehen kann und dass er dann eben seine gute wirtschaftliche Funktion für Berlin und Brandenburg, für die gesamte Region dann auch wirklich erfüllen kann.

    Dobovisek: Wer kann aus Ihrer Sicht den Flughafen politisch noch retten?

    Luczak: Ach wissen Sie, wir arbeiten hier in Berlin daran, dass der Flughafen ein Erfolg wird, in Brandenburg wird daran gearbeitet, dass der Flughafen ein Erfolg wird, und auch im Bundesverkehrsministerium wird auch am gleichen Ziel gearbeitet. Insofern ziehen wir da ja alle an einem gleichen Strang, und …

    Dobovisek: Vielleicht nicht in die gleiche Richtung.

    Luczak: Doch, auch in die gleiche Richtung an dieser Stelle. Uns eint das Ziel: Wir wollen dieses für die gesamte Region so wichtige Projekt, weil es eben für die Menschen in unserer Region ein Jobmotor sein wird, 40.000 neue Arbeitsplätze, deswegen wollen wir alle gemeinsam, dass das ein Erfolg wird. Insofern geht es hier auch gar nicht so sehr, welche politische Kraft sozusagen … da gibt es gar keine Unterschiede, sondern wir alle wollen dieses Projekt erfolgreich zum Ende führen.

    Dobovisek: Und wann, glauben Sie, können Sie das erste Mal als Passagier vom neuen Flughafen abheben?

    Luczak: Also ich habe keine Glaskugel und kann nicht in die Zukunft schauen, und ich sage mal, wenn die Experten jetzt schon mehrere Male den Termin verschieben müssen, bin ich, glaube ich, jetzt nicht der Richtige, zu sagen können: Das ist jetzt der definitive Termin. Ich hoffe nur, dass es so schnell wie möglich sein wird, und dass wir dann in 2014, das ist unser Ziel, unsere Hoffnung, dass es dann tatsächlich auch erfolgen kann, dass wir von da aus in die weite Welt starten können.

    Dobovisek: Der Berliner CDU-Bundestagsabgeordnete Jan-Marco Luczak über den Berliner Flughafen und das Misstrauensvotum gegen Berlins regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit. Ich danke Ihnen, Herr Luczak!

    Luczak: Gern!

    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.