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CDU Sachsen lehnt Deutschlandbonds ab

Die geplanten Deutschlandbonds stoßen auf Widerstand: Sie funktionierten wie Eurobonds, kritisiert der sächsische CDU-Fraktionschef Steffen Flath. Solide wirtschaftende Länder wie Sachsen stellten sich die Gerechtigkeitsfrage, wenn schlechter haushaltenden Ländern geholfen würde.

Das Gespräch führte Jürgen Liminski | 02.07.2012
    Jürgen Liminski: Es ist schwierig, die Mechanismen der Rettungsaktionen für den angeschlagenen Euro und die Staatsschuldenkrise in Europa zu erkennen. Nicht wenig Bürger stehen ratlos vor Beschlüssen und Erklärungen, in denen alle als Gewinner und gute Europäer deklariert werden. Zu spüren bekommen die Folgen aber Andere, zum Beispiel diejenigen, die Sparhaushalte in den Ländern und Kommunen zusammenzustellen und auch durchzusetzen haben, also Bürgermeister oder Fraktionschefs von Regierungsparteien in den Landtagen. Sie müssen jetzt den Abgeordneten und Bürgern erklären, warum man zu sparen hat - die Banken aber ohne Bedingungen Euro-Milliarden ausgeschüttet bekommen. Da kommt man vermutlich mit dem Argument der Solidarität für Griechenland oder Portugal nicht weit. Einer, der den Ärger der Basis gerade spürt, weil auch er am nächsten Haushalt zimmert, ist der Fraktionschef der CDU im Freistaat Sachsen, Steffen Flath, und er ist jetzt in seinem Wahlkreis am Telefon. Guten Morgen, Herr Flath.

    Steffen Flath: Guten Morgen, Herr Liminski.

    Liminski: Herr Flath, Europa ist weit weg. Schlägt die Krise dennoch auf die Stimmung und die Pläne in Ihrem Wahlkreis und auf Landesebene nieder?

    Flath: Also im Wahlkreis, aber das trifft auf ganz Sachsen zu, hat es im Wesentlichen zwei Themen gegeben. Das eine war die Fußball-Europameisterschaft, zumindest solange wir noch dabei waren im Rennen, und das zweite Thema ist die Sorge um die Währung, wie entwickelt sich denn mein Verdienst, wie sieht es bei Lebensversicherungen aus, was werde ich an Rente bekommen, wird Inflation kommen, also das ist eine große Sorge bei den Leuten und ich glaube, die Sorge ist ja auch nicht unbegründet.

    Liminski: Herr Flath, im Rheinland heißt es, Jammern macht gesellig, und das ist sicher gut für die Solidarität. Aber können Sie das auch konkretisieren, ein paar Beispiele dafür nennen, wie sich die Krise auf Ihre Planungen in Sachsen in Bezug auf den Haushalt niederschlägt?

    Flath: Ja wir wollen im Dezember den Haushalt für 2013 und 2014 beschließen, die Beratungen beginnen jetzt im Landtag, zumindest werden zunächst mal alle vorstellig, die halt Wünsche haben. Ich sage bloß mal zwei Beispiele aus der letzten Woche: Die Beamten beschweren sich, denen haben wir letzte Weihnachten das Weihnachtsgeld und die Sonderzahlung gestrichen. Zur gleichen Zeit hat der Bund für die Bundesbeamten diese Sonderzahlung verdoppelt. Und wenn man dann mal nach Griechenland schaut – und das tun ja sächsische Beamte auch -, dann werden die Beamten schnell feststellen, dass dort mehr gezahlt wird und dass die Pensionszahlungen auch höher sind. – Oder ein zweites Beispiel: 6000 Lehrer haben an den Landtag, an unsere Fraktion geschrieben. Sie haben festgestellt, wir haben zwar in Sachsen die besten Leistungen der Bildung, aber die Lehrerinnen und Lehrer werden im Vergleich zu anderen Bundesländern am schlechtesten bezahlt, und das muss man dann erst mal begründen, warum das so ist, dass ein solides Finanzland, wie das nun mal Sachsen ist, die Leute im Grunde am schlechtesten bezahlt.

    Liminski: Die Krise macht also solides Haushalten in den Ländern schwerer. Aber ist das aus sachlichen, oder aus medialen Gründen so? Ist das Sparen nicht mehr zu vermitteln?

    Flath: Ja! Zumindest wird es schwerer; und in einer solchen Stimmungslage dafür zu werben, dass es sich doch auszahlt, solide zu wirtschaften, das ist immerhin schwierig, das im Einzelnen zu begründen. Und so haben wir medial in den letzten Monaten auch zunehmend den Vorwurf bekommen, wir würden das Land kaputtsparen, was freilich nicht stimmt, aber wenn man erst mal so ein Wort gebraucht, das kann man dann auf viele Bereiche im Lande anwenden, und im Einzelnen, wenn man genau hinschaut, stimmt es ja auch oft, dass wir uns weniger leisten als andere Länder.

    Liminski: Solidarität innerhalb Deutschlands ist ja aber eigentlich doch akzeptiert. Einige kleinere Länder, Berlin, Bremen, Saarland, wären ohne den Länderfinanzausgleich schon pleite. Jetzt wurden im Bundesrat die Deutschlandbonds beschlossen. Ist das zu viel an Solidarität?

    Flath: Na ja, beschlossen wurden sie noch nicht. Aber es wird eine Prüfung jetzt erfolgen und da gehen bei uns schon die Alarmglocken in Sachsen an, denn Deutschlandbonds, die würde nach dem gleichen Prinzip im Grunde funktionieren wie Eurobonds; und wenn es dann tatsächlich so wird, hoch verschuldete Länder, denen wird geholfen, und da fragen sich natürlich solide wirtschaftende Länder wie Sachsen, und was haben wir dann eigentlich von unserem Kurs, ist es nicht so, dass den anderen geholfen wird, und mit wessen Geld dann am Ende, natürlich auch mit dem Geld von Steuerzahlern aus solide wirtschaftenden Ländern.

    Liminski: Das heißt, Sachsen wird gegen den Deutschlandbonds votieren?

    Flath: Wir sind dagegen, wir können uns das gar nicht vorstellen, wir wollen dort auch nicht mitmachen und wir werden natürlich auch die Gerechtigkeitsfrage stellen.

    Liminski: Die soziale Marktwirtschaft verlangt ein gewisses Maß an Solidarität. Es soll eben Wohlstand für alle geben. Gehört dazu auch die Vergemeinschaftung von Anleihen und von Schulden?

    Flath: Also eine Vergemeinschaftung von Anleihen und von Schulden setzt im Prinzip die Anreizwirkung der Marktwirtschaft außer Kraft. Für mich ist klar bei einem marktwirtschaftlichen Prinzip: Wer den Nutzen hat, muss schließlich auch den Schaden tragen. Und wenn ich das mal umkehre, dann heißt das: Wer schlechte Politik macht in einem Land, der muss auch mit den Folgen schließlich zurecht kommen. Wenn man das aber vergemeinschaftet, das heißt, es kommen am Ende auch die auf, die sich vernünftig verhalten haben, dann ist man doch eher bei sozialistischen Prinzipien, und die haben bekanntlich nicht funktioniert.

    Liminski: Sachsen hat eigene Beziehungen zu Ländern in Osteuropa. Ich höre da ein Erstaunen heraus über die Entwicklung der sozialen Marktwirtschaft. Spüren Sie das auch in Europa bei den Nachbarn?

    Flath: Das ist schon hochinteressant. Wir haben in den letzten Wochen in Polen, in Breslau, und vor zwei Wochen in Tschechien, in Prag, ein Verbindungsbüro eröffnet und wir pflegen auch gute Beziehungen zu den baltischen Ländern, Estland, oder wenn ich daran denke, dass Litauen ja auch in den letzten Jahren in Schwierigkeiten steckte. Die haben sich aber selbst geholfen, weil sie die Marktwirtschaft eben auch aus eigenem Erleben heraus als vorteilhaft ansehen, und so komme ich immer häufiger besser mit osteuropäischen Ländern ins Gespräch, wie sinnvoll die Marktwirtschaft ist, während je weiter ich dann nach Westen schaue und mir das in Frankreich anschaue, dann erinnert mich da manches doch eher an Sozialismus.

    Liminski: Herr Flath, wenn Sie da Ihre östlichen Nachbarn erwähnen, denken Sie da auch an eine engere Kooperation mit diesen Nachbarn, um solchen sozialistischen Tendenzen, die Sie ausmachen, zu wehren?

    Flath: Ich denke, es wird notwendig sein. Wenn wir über die Fortentwicklung der Europäischen Union sprechen und diskutieren, dann werden für mich die osteuropäischen Länder immer interessanter, weil eben sie die Erfahrung haben, dass Sozialismus nicht erfolgreich war und deshalb die Vorzüge der Marktwirtschaft, glaube ich, in diesen Ländern viel eher erkannt werden als in Ländern, die möglicherweise über Jahrzehnte ein bisschen mehr verwöhnt waren.

    Liminski: Solides Haushalten ist angesichts der europäischen Schuldenkrise schwerer zu vermitteln, auch weil sozialistische Tendenzen in Europa spürbar werden. Das sagt der Fraktionschef der CDU in Sachsen, Steffen Flath. Besten Dank für das Gespräch, Herr Flath.

    Flath: Bitte schön!

    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.