Dienstag, 16. April 2024

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CDU über AfD
"Wir werden erleben, dass diese Modepartei sich wieder zerlegt"

Die CDU will die AfD in Sachsen "inhaltlich stellen". Die Partei habe keine Ideen für die Zukunft des Landes. Am Ende der Legislaturperiode werde es "die AfD nicht mehr geben", sagte Michael Kretschmer, Generalsekretär der sächsischen CDU, im Deutschlandfunk.

Michael Kretschmer im Gespräch mit Friedbert Meurer | 01.09.2014
    Der Generalsekretär der sächsischen CDU, Michael Kretschmer
    Der Generalsekretär der sächsischen CDU, Michael Kretschmer (dpa / picture-alliance / Arno Burgi)
    "Die Aufgabe besteht darin, die AfD zu zwingen, nicht in Überschriften und Parolen, sondern in konkreten Inhalten, was die Zukunft des Landes angeht, sich zu bewegen." Diesen Praxistest werde die AfD nicht bestehen, sagte Kretschmer, der auch stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Union in Berlin ist. "Wir werden in kurzer Zeit erleben, dass diese Modepartei sich wieder zerlegt. Wenn man die handelnden Personen anschaut, bleibt nichts anderes übrig, als diese Einschätzung zu bekommen."
    Wichtig sei die inhaltliche Auseinandersetzung, das sei auch mit der NPD geschehen. Deren Zustimmung sei massiv geschrumpft. Die Demokratie in Sachsen sei stark und wehrhaft.
    Termin nicht der Grund für niedrige Wahlbeteiligung
    Mit dem eigenen Abschneiden sei man in Sachsens CDU "sehr zufrieden". Schwere Entscheidungen seien getroffen worden, trotzdem gebe es eine breite Zustimmung..
    Als Grund für die niedrige Wahlbeteiligung wollte er den Termin nicht durchgehen lassen. "Die Alternative wäre ein Termin während der Fußball-WM gewesen. Der Termin kann nicht der Grund für die Beteiligung sein." Viel mehr habe die Berichterstattung der Medien den Eindruck erweckt, das ohnehin schon alles gelaufen sei. "Dann ist es schwer, bei so einem unglaublich schlechten Wetter, die Leute zu bewegen."

    Das Interview mit Michael Kretschmer in voller Länge:
    Friedbert Meurer: Was sagt die CDU, die weiter den Ministerpräsidenten stellen wird? Ich habe gestern Abend mit Michael Kretschmer gesprochen, dem Generalsekretär der sächsischen CDU. Erste Frage, ob er zufrieden ist, obwohl es knapp unter 40 Prozent am Ende waren?
    Michael Kretschmer: Ja, wir sind sehr zufrieden. Es war ein sehr anstrengender Wahlkampf, aber auch einer, der sehr um den Inhalt geführt wurde. Wir waren vier Wochen im Land unterwegs. Ich habe es selten erlebt, dass eine so breite Berichterstattung stattgefunden hat und wir auch so eine positive Stimmung hatten. In Sachsen sind in den vergangenen Jahren auch schwere Entscheidungen getroffen worden und trotzdem haben wir eine so breite Zustimmung für Stanislaw Tillich erhalten. Das macht uns wirklich froh und auch dankbar.
    Meurer: Die CDU hat in Sachsen offenbar ein treues Publikum. Sie regieren seit 24 Jahren. Aber, Herr Kretschmer, die Wahlanalyse zeigt, dass nur etwa 25 Prozent der jungen Wähler die CDU gewählt haben. Ist die CDU für die Jungen langweilig?
    Kretschmer: Ich hoffe nicht, gerade bei den Jungen. Die Themen, die wir bearbeiten, sei es, weniger Schulden zu machen, oder ich glaube, wir sind das Bundesland, was den solidesten Haushalt hat, was am längsten keine neuen Schulden aufgenommen hat, die Vorsorge für die Bildung, für die Hochschulen, das ist schon ganz klar eine Politik für die junge Generation. Aber vielleicht müssen wir da noch ein bisschen mehr an Kommunikation machen. Da haben wir jetzt die nächsten fünf Jahre genügend Zeit dafür.
    Meurer: Enttäuschend ist die Wahlbeteiligung. Die ist unter 50 Prozent gerückt. Wäre die Zahl etwas höher gewesen, wenn die Landtagswahl nicht innerhalb der Ferien stattgefunden hätte?
    Kretschmer: Man kann sich es nicht so genau aussuchen. Das Gesetz schreibt einen Zeitraum vor. Der alternative Wahltermin wäre mitten in der Fußball-Weltmeisterschaft gewesen. Ich habe heute Abend mehrfach auch der Opposition gesagt, dass sie für ihr schlechtes Wahlergebnis möglicherweise dann angeführt hätte, dass die Menschen sich mehr für Fußball interessiert hätten. Nein, wir haben in diesen vier Wochen so intensiv über Politik und über Inhalte und die Zukunft gesprochen, wie ich es selten erlebt habe, und die Berichterstattung war mehr, als ich es erwartet habe. Ich glaube, das kann man nicht als Grund anführen. Die Wahlbeteiligung ist niedrig, wir wünschen uns eine höhere, aber der Wahltermin, glaube ich, hat damit wenig zu tun.
    Meurer: Aber woran liegt es denn, dass nur knapp 50 Prozent zur Wahl gehen, immerhin zu einer Landtagswahl?
    Kretschmer: Die Berichterstattung auch bei Ihnen, aber vor allen Dingen auch in den sächsischen Medien war ja so, dass man den Eindruck haben konnte, die Wahl ist gelaufen, Stanislaw Tillich, die CDU wird weiter regieren und man muss sich eigentlich gar nicht viel groß Gedanken machen. Es gibt so zwei, drei Themen, bei der Bildung, bei den Kindergärten, aber auch das wird geklärt und auch da hat der Ministerpräsident ja schon gesagt, dass er in diese Richtung gehen will. Ich glaube, dass viele der Meinung waren, die Sache ist sowieso gelaufen, wir sind auf einem guten Weg, und dann ist es schwer, auch bei so einem unglaublich schlechten Wetter heute in Dresden und in Sachsen mit einem furchtbaren Regen, die Leute dann vielleicht noch zu bewegen, zur Wahlurne zu gehen.
    Meurer: Sachsen gilt als konservativ. Das führen einige dann als Grund dafür heran, dass die AfD bei Ihnen so stark gewesen ist, ein so gutes Ergebnis wie sonst nirgends erzielt in der Bundesrepublik. Warum ist die AfD Ihrer Meinung nach ausgerechnet in Sachsen so stark?
    "Wichtig ist die inhaltliche Auseinandersetzung"
    Kretschmer: Das werden wir auch noch mal genau analysieren. Die AfD hat ja Plakate aufgehangen, die es schon zur Bundestagswahl und zur Europawahl gab. Sie hat eigentlich nicht mit Themen gearbeitet, die irgendetwas mit dieser Landtagswahl und der Zukunft des Landes zu tun hatten. Es gibt sicherlich Sorgen, die viele Menschen aktuell haben. Die Aufgabe jetzt besteht, in den nächsten fünf Jahren diese Partei dazu zu zwingen, nicht in Überschriften und in Parolen, sondern in konkreten Inhalten, was die Zukunft des Landes angeht, sich zu bewegen. Und diesen Praxistest, da bin ich ganz sicher, wird sie nicht bestehen. Sie ist auch in einer inneren Verfassung, die in keiner Weise geeignet ist, fünf Jahre zu überstehen. Ich glaube, wir werden in kurzer Zeit erleben, dass diese Modepartei sich wieder zerlegt. Wenn man die handelnden Personen anschaut, bleibt nichts anderes übrig, als diese Einschätzung zu bekommen.
    Meurer: Aber das würde bedeuten, wenn Sie dafür plädieren, mit denen müssen wir uns auseinandersetzen, Sie würden sich zusammen mit jemandem von der AfD in eine Talkshow setzen?
    Kretschmer: Wichtig ist die inhaltliche Auseinandersetzung. Das haben wir in den vergangenen zehn Jahren nach anfänglichen Problemen mit der NPD eigentlich alle demokratischen Parteien im sächsischen Landtag sehr intensiv getan. Eins ist schon klar: Die Rechtsextremisten werden völlig demaskiert. Die Zustimmung, die sie noch vor Jahren hatten, ist massiv geschrumpft. Und deswegen denke ich, eine Demokratie, gerade auch in Sachsen, ist stabil, ist wehrhaft, ist kräftig genug, um auch mit solchen Phänomenen umzugehen. Jetzt geht es darum, wirklich sie inhaltlich zu stellen, und diese inhaltliche Auseinandersetzung, bin ich mir ganz sicher, können sie nicht bestehen.
    Meurer: Wo wollen Sie die Partei inhaltlich stellen?
    Kretschmer: Wir müssen über sächsische Themen reden, über die Frage, wie wir den Zusammenhalt der Gesellschaft in einem älter werdenden Land sicherstellen, wie wir die medizinische Versorgung sicherstellen, wie wir neue Arbeitsplätze, gut bezahlte Arbeitsplätze schaffen, und da hat diese Partei überhaupt keine Ideen, keine Inhalte. Sie werden daran scheitern und am Ende werden wir nach fünf Jahren erleben, dass die CDU sehr gestärkt daraus hervorgehen wird und dass es die AfD nicht mehr geben wird.
    Meurer: Michael Kretschmer, der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und Generalsekretär der sächsischen CDU. Herr Kretschmer, danke schön nach Dresden. Auf Wiederhören!
    Kretschmer: Ich danke Ihnen. Tschüss!
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.