Dienstag, 19. März 2024

Archiv

Erneute Gespräche zu Ceta
EU-Parlamentspräsident verbreitet Optimismus

Gestern hatte Kanada das Ceta-Abkommen mit der EU verloren gegeben. Heute sind beide Seiten optimistischer. EU-Parlamentspräsident Martin Schulz sagte nach Treffen mit Vertretern Kanadas und der belgischen Region Wallonie, er sei sicher, dass die scheinbare Spaltung der EU noch in einen Erfolg für alle Beteiligten umgewandelt werden könne.

22.10.2016
    Martin Schulz spricht bei einer Pressekonferenz
    EU-Parlamentspräsident Martin Schulz am Donnerstag nach dem ersten Tag des EU-Gipfels in Brüssel. (picture alliance / dpa / Sputnik)
    Am Morgen traf sich Freeland mit EU-Parlamentspräsident Martin Schulz. Das Treffen war erst am Abend angesetzt worden, nachdem Freeland ihren Heimflug nach Kanada kurzfristig verschoben hatte. Schulz erklärte, Kanada sei bereit, "die Uhr anzuhalten, bis die EU ihre internen Probleme gelöst" habe. Er strebe eine Einigung an, bevor das Abkommen wie geplant am Donnerstag unterzeichnet werden soll.
    Schulz hatte gestern angekündigt, heute um 7.30 Uhr mit Freeland zu sprechen und um 9 Uhr mit dem Regierungschef der belgischen Region Wallonie, Paul Magnette. "Wir können nicht kurz vor dem Ziel abbrechen", schrieb Schulz bei Twitter.
    Freeland hatte die Verhandlungen mit der Wallonie am Freitag zunächst abgebrochen. "Es ist offensichtlich für mich, für Kanada, dass die Europäische Union im Moment nicht zu einem internationalen Abkommen in der Lage ist", sagte sie.
    Nach dem Treffen am Morgen bedankte sich Schulz bei Freeland und sprach von einem konstruktiven Gespräch. "Die Verhandlungen sind nicht gescheitert, sondern sie sind abgeschlossen", sagte Schulz. Es gebe auf Seiten der EU aber noch etwas zu tun, so der SPD-Politiker. Er bezog sich damit auf das folgende Treffen mit Magnette. Schulz zeigte sich zuversichtlich, dass das Abkommen in der kommenden Woche wie geplant unterschrieben werden könne.
    Auch Freeland äußerte sich optimistisch. Sie sagte, Kanada habe seine Arbeit erledigt. Man habe ein sehr gutes Abkommen ausgehandelt und sei bereit, es zu unterschreiben. Jetzt sei es an der Europäischen Union, die letzte Arbeit zu tun.
    Schulz' Treffen mit Magnette, an dem auch Vertreter der EU-Kommission teilgenommen hätten, habe seine Einschätzung bestätigt, dass es keine unüberwindbaren Hindernisse gebe. Im Gegenteil: In dem Gespräch seien schon die nächsten Schritte vereinbart worden, um die vom wallonischen Parlament verlangten Klarstellungen zu erreichen. "Diese Treffen geben mir viel Anlass für Optimismus, dass ein positiver Abschluss von Ceta so schnell wie möglich erreicht werden kann."
    Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) kritisierte den Streit über Ceta und insbesondere die EU-Kommission. Ceta sei "ein exzellentes Abkommen", das nicht an der Unfähigkeit Europas scheitern dürfe, einen regionalen Interessenausgleich zu finden. Die Ignoranz mancher Vertreter der EU-Kommission gegenüber Fragen und Sorgen der Bevölkerung mache den Abschluss von Abkommen wie Ceta schwierig. Deutschland habe mit seinen Gesprächen mit Kanada und vielen anderen EU-Mitgliedstaaten überhaupt erst dafür gesorgt, dass Ceta einigungsfähig werde.
    Chancen hängen auch von Kanadas Geduld ab
    Das Regionalparlament der Wallonie hatte vor einer Woche mit deutlicher Mehrheit gegen das geplante Freihandelsabkommen Ceta zwischen der EU und Kanada gestimmt. Dadurch kann die belgische Regierung Ceta vorerst nicht unterzeichnen, was das Inkrafttreten verhindern würde. Dafür ist eine einstimmige Zustimmung aller EU-Staaten erforderlich.
    Was das heutige Treffen von Freeland mit Schulz angeht, sei es wohl eher der EU-Parlamentspräsident, der die Rettung versuche, sagte unsere Brüssel-Korrespondentin Annette Riedel. Ob er es retten könne, hänge zum einen sehr von der Geduld der Kanadier ab und zum anderen davon, ob die Wallonie bereit sei, einzulenken.
    (stfr/vic/tzi)