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EU-kanadisches Freihandelsabkommen
Der Bundestag muss zustimmen

Das Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und Kanada (CETA) verzögert sich - denn es gibt Streit, wer auf europäischer Seite die Vertragspartner sind. Das Bundeswirtschaftsministerium meint: alle Mitgliedsstaaten - und damit müsste der Bundestag zustimmen. Die EU sieht das anders.

Von Stefan Maas | 22.09.2014
    Die Fahnen der Europäischen Union (EU), Kanadas (M) und der Bundesrepublik Deutschland (r) stehen am Montag (04.06.2007) im Kanzleramt in Berlin vor einer Pressekonferenz neben einer Stellwand, auf der der Schriftzug "EU2007.DE" zu lesen ist.
    Noch gibt es Uneinigkeit bezüglich des EU-Handelsabkommens mit Kanada. (picture-alliance / dpa / Soeren Stache)
    Rund fünf Jahre haben die EU-Kommission und Kanada über das Comprehensive Economic and Trade Agreement – kurz CETA – verhandelt. Es geht um einen besseren Marktzugang für Industriegüter, Agrarprodukte, Dienstleistungen und öffentliche Aufträge. Eigentlich wollte die EU-Kommission das Abkommen am Freitag beim EU-Kanada-Gipfel in Ottawa präsentieren. Daraus wird aber vorerst nichts, denn noch ist ein ganz wichtiger Punkt nicht geklärt. Wer sind eigentlich die Vertragspartner auf europäischer Seite. Darf Brüssel den Vertrag alleine abschließen oder ist es ein sogenanntes gemischtes Abkommen:
    "Der entscheidende Unterschied zwischen dem gemischten Abkommen und dem EU-only-Abkommen liegt darin, dass die Mitgliedsstaaten sämtlich bei der Ratifikation beteiligt sind. Das heißt konkret, dass in allen Mitgliedsstaaten die Parlamente zustimmen müssen. Konkret in Deutschland der Deutsche Bundestag wird beteiligt werden. Das ist das, was politisch den signifikanten Unterschied macht."
    Erklärt Professor Franz Mayer, der für das Wirtschaftsministerium ein Rechtsgutachten erstellt hat, das zu dem Schluss kommt: Die Parlamente müssen beteiligt werden. Rückendeckung für die Bundesregierung. Die Kommission sieht das anders. Verständlich, sagt Mayer:
    "Das ist natürlich risikobehaftet, wenn sie ein Ratifikationsverfahren durch sämtliche Mitgliedstaaten betreiben müssen. Es gibt eine zeitliche Verzögerung, die man mit ungefähr zwei Jahren ansetzen kann. Es gibt auch das Risiko der Nichtratifizierung in einzelnen Mitgliedstaaten."
    Investitionsschutz als umstrittenes Thema
    Sollte die Kommission aber doch den Alleingang wagen, dann werde Deutschland den Versuch mit Partnern im Europarat stoppen oder notfalls den Streit vor dem europäischen Gerichtshof klären lassen, sagte Brigitte Zypries, die parlamentarische Staatssekretärin im Wirtschaftsministerium. Aber auch inhaltlich gibt es bei dem Abkommen mit Kanada, das als Blaupause für das umstrittene Freihandelsabkommen mit den USA gilt, noch offene Fragen. Ein besonders umstrittenes Thema bei beiden Abkommen ist der Investitionsschutz. Dabei geht es darum, dass ein Staat einmal getätigte Investitionen von Firmen nicht durch neue Gesetze schädigen darf. Etwa, indem er eine Technik verbietet, in die die Firmen zuvor in dem Land investiert haben oder Umweltstandards anhebt.
    Die Bundesregierung sei mit den bisher ausgehandelten Regelungen zum Investitionsschutz zufrieden, sagte Staatssekretärin Zypries. Ein ebenfalls von ihrem Ministerium in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten kommt zu dem Schluss, dass das nationale Recht Investoren sogar einen besseren Schutz biete als die CETA-Regelungen. Ein Investor würde daher eher den Weg über deutsche Gerichte gehen als über ein im Abkommen verankertes Schiedsgerichtsverfahren. Kanada poche aus einem anderen Grund auf die CETA-Regelung:
    "Kanada hat ein Interesse, weil nicht alle Staaten die deutschen Standards haben. Und sie der Auffassung sind, dass sie sich da innerhalb der 28 besser absichern wollen."
    Bundesregierung sieht Verbesserungsbedarf
    Doch auch die Bundesregierung sieht noch inhaltlichen Verbesserungsbedarf beim Finanzmarkt. Und da besonders beim Thema Umschuldung, erklärt Eckhardt Franz, Leiter der Abteilung Außenwirtschaftspolitik im BMWI:
    "Also, wenn sie sich vorstellen, dass jemand Staatsanleihen hält, dann ist ja auch die Frage, wie das mit diesen Staatsanleihen ist. Und wenn die dann abgewertet werden, kann dann dieser betreffende Inhaber von Staatsanleihen möglicherweise auch auf die Idee kommen, Recht zu suchen vor Schiedsgerichten. Und das wollen wir nicht."
    In diesem Punkt habe die EU-Kommission sich offen gezeigt. Hier werde mit den Kanadiern noch einmal verhandelt.