Donnerstag, 25. April 2024

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Chansonnier Sebastian Krämer
"Lieder wider besseres Wissen"

Nun ist Krämer komplett durchgedreht, sagt Krämer über Krämer. Sein neues Programm ist erklärtermaßen ein Gegenentwurf zu Einsicht und Vernunft. Da wird Selbsterfahrung zur Achterbahn und Realität zum Autoscooter.

Am Mikrofon: Thekla Jahn | 20.05.2016
    Sebastian Krämer sitzt am Flügel auf der Bühne des Dresdner Theaterkahns links neben ihm ein Cellist und rechts vom ihm ein Hornist
    Sebastian Krämer auf dem Theaterkahn in Dresden (Carsten Nüssler)
    Wer sich auf Sebastian Krämer einlässt, dem kann schwindlig werden. Und das nicht nur, weil seine Finger aberwitzig schnell über die Tasten hasten und raffinierte Volten schlagen. Auch seine sprachgewaltigen Texte heizen den Gehirnwindungen ein. Sebastian Krämer ist ein Meister seines Faches und das bewegt sich zwischen Chanson, Kunstlied und Musikkabarett.
    "Um Ideen zu haben, nützt es bei mir nichts, mich an einen Schreibtisch zu setzen."
    Wer den Sänger, Dichter und Pianisten erlebt, glaubt ihm das sofort. Der Mann sprudelt nur so vor Ideen, ganz gleich wo er sich befindet. Schließlich wohnt jeder Situation ein kleines Universum inne.
    "Na ja, ich wäre gerne so ein Thomas Mann Typ, der so nach geregelten Arbeitszeiten – aber es ist eigentlich nicht so, sondern die Sachen entstehen irgendwann und man ist den Sachen ziemlich ausgeliefert. Ein Lied habe ich zum Beispiel während der Geburt meines Sohnes geschrieben. Da hätte ich auch sonst nur stören können."
    Manch schneller Lacher bleibt im Halse stecken
    Seit über 20 Jahren steht Sebastian Krämer auf den Bühnen der Republik, immer im Anzug und drollig geknoteter Krawatte. Ein wenig altmodisch kommt er nicht nur äußerlich daher, auch in seinen Versen neigt er zu Sprachbildern und Manierismen, die nur noch selten im Deutschen zu hören sind. Doch die Zeitreise ist stets von kurzer Dauer. Dann bricht Sebastian Krämer das Sprachregister, wechselt vom Hintergründig-Poetischen ins Komisch-Banale. Gnadenlos spielt er mit den reflexartigen Emotionen seines Publikums; manch ein schneller Lacher bleibt schon eine Sekunde später wieder im Halse stecken. Hochkonzentriert und gleichzeitig voller Selbstironie geht er ans Werk und sein Klavier, verquickt seine textlichen Pirouetten mit musikalischen Zitaten und erweist sich auch in seinen Conferencen als gewitzter Zeitgenosse.
    Sein aktuelles Programm, bei dem ihm der Cellist Gregor Nowak und der Hornist Karsten Zimmermann sekundieren, hat er "Lieder wider besseres Wissen" getauft.
    "Ja, das war ein Experiment. Romantische Studien im Selbstversuch heißt es im Untertitel. Romantik ist irgendwie was unsinniges, was sich selber ad absurdum führt. Die Romantiker haben etwas selbstzerstörerisches, also wenn man eigentlich schon weiß, dass es falsch ist und es dann trotzdem noch macht und volle Kanne und mitten rein und mit dem ganzen Herzen, dann ist man Romantiker."
    Aufnahme vom 4.3.16 auf dem Theaterkahn, Dresden
    Diese Sendung können Sie nach Ausstrahlung sechs Monate online nachhören.