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Charter-Schulen in den USA
Steuergelder für die Gülen-Bewegung?

Die Gülen-Bewegung unterhält in den USA rund 150 sogenannte Charter-Schulen. Der Staat unterstützt die privaten Anbieter mit einer halben Milliarde Dollar Steuergelder im Jahr. Ein Teil des Geldes soll über Gehälter für Lehrkräfte an die Gülen-Bewegung geflossen sein. Kritiker fordern deswegen von der US-Regierung eine strengere Überwachung der privaten Institutionen.

Von Heike Wipperfürth | 02.08.2016
    Fethullah Gülen
    Fetullah Gülen. Wurde seine Bewegung von US-Steuergeldern finanziert? ( picture alliance / Selahattin Sevi)
    Chris Christie: Gouvernor im US Bundesstaat New Jersey, bis vor kurzem noch Konkurrent von Donald Trump im Rennen um die Präsidentschaftskandidatur der Republikaner; und: Glühender Anhänger von Charter-Schulen.
    "Wir müssen mehr Charter Schulen eröffnen."
    Charter Schulen – das sind öffentliche Schulen, die aber von privaten Anbietern betrieben werden und unter deutlich geringerer Aufsicht stehen. Allein in Christies Bundesstaat New Jersey gibt es fast 90 dieser Charter-Schulen. Acht von ihnen gehören zur Gülen Bewegung. Seit 1999, der Ankunft Fethullah Gülens in den USA, gründeten seine Anhänger 150 Charter-Schulen in mehr als 20 US-Bundesstaaten, an denen inzwischen 60.000 Schüler Mathematik und Wissenschaft lernen. Der Staat querfinanziert mit einer halben Milliarde Dollar Steuergelder pro Jahr. Um genau dieses Geld gibt es allerdings immer wieder Ärger: Einige Schulen sind in den letzten Jahren wegen angeblichen Betrugs und Veruntreuung öffentlicher Gelder unter Verdacht geraten. Schluss damit, sagt deshalb der Bildungsexperte und Filmemacher Mark Hall aus Texas.
    "Wir müssen herausfinden, ob US-Steuergelder, die für die Schulen bestimmt waren, in die Kassen Fetullah Gülens geflossen sind."
    Charter-Schulen schleusten Mitarbeiter aus der Türkei ein
    In seinem gerade veröffentlichten Dokumentarfilm "Das Ende der Bildung" kritisiert Hall, dass diese Schulen Tausende von türkischen Mitarbeitern in die USA einschleusten, um besser qualifizierte US-Lehrkräfte zu ersetzen. Einige Neulinge erhielten höhere Gehälter als US-Angestellte der Gülen Schulen, obwohl viele schlechter Englisch sprachen und noch nie unterrichtet hatten.
    Hall interviewte auch einen türkischen Lehrer in den USA, der behauptet, er habe - ebenso wie seine Kollegen - einen Teil seines Gehalts an die Gülen Bewegung zurückzahlen müssen. Anschuldigungen, für die sich auch das FBI interessiert, sagt Sharon Higgins, eine Bildungsexpertin und Kritikerin der Gülen-Bewegung aus Kalifornien.
    "Die Frage ist doch, ob die Gülen-Lehrer höhere Gehälter bekamen, damit sie einen Teil des Geldes an die Bewegung zurückzahlen konnten. Also wo sind unsere amerikanischen Steuergelder wirklich hingeflossen? Das müssen wir unbedingt herausfinden."
    Weiteren Ärger gibt es in Texas um die von Gülen-Anhängern geleiteten Harmony Schools, mit 46 Einrichtungen die grösste Charter-School Kette in Texas. Der Vorwurf lautet, Harmony habe bei der Vergabe öffentlicher Aufträge türkische Anbieter bevorzugt , obwohl US-Rivalen günstigere Angebote offerierten. Ähnlich ging es laut Zeitungsberichten im US- Bundesstaat Georgia zu. Dort hätten türkische Anbieter sofort den Zuschlag erhalten – zu einer öffentlichen Ausschreibung kam es erst gar nicht.
    Kritiker fordern strengere Regeln
    Schulen und Schulleiter betonen immer wieder, dass es keine Verbindung zwischen ihnen und Gülen gäbe. Auf die Bitte um ein Interview lautet die Antwort einer Kette von Schulen in New Jersey: "Unsere Charter-Schulen sind nicht Teil anderer öffentlicher oder privater Organisationen und können nicht in ihrem Namen sprechen."
    Kritiker wie der Filmemacher Mark Hall halten der US-Regierung vor, für die Zustände in den Gülen Schulen mitverantwortlich zu sein.
    "Wenn Politiker nicht bald strengere Regeln verabschieden, dann sind Charter-Schulen nichts anderes als schnelles Geld für Organisationen wie die Gülen Bewegung, die öffentliche Gelder für Zwecke verwendet, die nicht im besten Interesse der US-Steuerzahler sind."
    Tatsächlich sei die Aufsicht so lax, dass viele Betreiber öffentlicher Schulen noch nicht einmal ihre Finanzen offen legen würden, obwohl sie aus öffentlichen Mitteln gefördert werden. Eine Einladung zum Betrug –nicht nur für die Gülen Bewegung.