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Chemie-Tarifverhandlungen
"Ein spürbares Reallohnplus"

Große Schritte seien noch nötig - hatte der Verhandlungsführer der Arbeitgeber gesagt. Denn die Positionen von Gewerkschaften und Arbeitgebern lagen doch ziemlich weit auseinander in der laufenden Tarifrunde der Chemieindustrie. Zwei Verhandlungstermine waren ergebnislos verlaufen – in vergifteter Atmosphäre. Um so größer die Überraschung, dass man sich in der dritten Runde geeinigt hat.

Von Michael Brandt | 27.03.2015
    Drei Verhandlungsrunden, die dritte sogar fast eineinhalb Tage lang, so eine schwere Geburt war ein Abschluss in der chemischen Industrie schon lange nicht mehr. In diesem Punkt sind sich die beiden Verhandlungsführer, Peter Hausmann von der IG BCE und Hans Carsten Hansen von de Chemie Arbeitgebern ziemlich einig:
    "Wir haben eine sehr schwierige Tarifrunde hinter uns, auch eine sehr harte Runde / Es war eine sehr intensive und harte Auseinandersetzung."
    Erleichterung auf beiden Seiten
    Aber am Ende hat man sich eben doch in freien Verhandlungen geeinigt und die Erleichterung darüber ist beiden genauso deutlich anzuhören:
    "Wir sind froh, dass wir sie hier in freien Verhandlungen herbeigeführt haben. / Wir haben es am Ende hinbekommen, hier zu einem vernünftigen Ergebnis zu kommen."
    1,6 Prozent mehr wollten die Arbeitgeber zu Beginn zahlen, die Gewerkschaft hatte 4,8 Prozent gefordert und es war schwierig, den Graben zwischen den beiden Zahlen zuzuschütten, aber das Ergebnis hier aus dem Mund von Peter Hausmann, ist doch nicht allzu weit von der Mitte entfernt:
    Gewerkschaft fühlt sich nicht abgehängt
    Eine Tariferhöhung von 2,8 Prozent mit einer Laufzeit von insgesamt 187 Monaten. In diesen 17 Monaten enthalten ist ein Leermonat. Außerdem gibt es die Möglichkeit für Betriebe in wirtschaftlichen Schwierigkeiten, eine weitere Verschiebung um zwei Monate herbeizuführen.
    Die Gewerkschaft kann damit leben, fühlt sich nicht abgehängt von den Abschlüssen in den anderen Branchen, insbesondere bei Metall und Elektro mit 3,4 Prozent, so IG BCE Chef Michael Vassiliades
    "Das was wir jetzt haben, hat vor allem die Anschlussfähigkeit an andere erfolgreiche Branchen gehalten. Es gibt kein Abkoppeln."
    Zudem zahlen die Arbeitgeber 2016 500 und 2017 750 Euro pro Arbeitnehmer in den sogenannten Demografiefond ein, mit dem künftig beispielsweise flexible Lösungen für den Übergang in die Rente finanziert werden können. Und die Auszubildenden bekommen eine Vergütungserhöhung von pauschal 40 Euro, hinter die sich auch die Arbeitnehmer deutlich stellen.
    Der Faden sei dünn gewesen
    Aufseiten der Arbeitgeber schlägt bei diesem Abschluss zunächst die lange Laufzeit zu Buche, dann die Tatsache, dass die Zahlung in den Demografiefond erst im kommenden Jahr beginnt und schließlich die Leermonate.
    Dennoch: Der Faden, an dem die Verhandlungen und der gute Ausgang am Ende hingen, sei dünn gewesen, so IG BCE Chef Vassiliades. Aber in der deutschen Chemieindustrie würden extrem stabile Fäden hergestellt, insofern sei das Ergebnis ein Zeichen dafür,
    "dass die Sozialpartnerschaft hier durchaus in der letzten Minute funktioniert hat."
    Chemie Arbeitgeberpräsidentin Margarete Suckale sprach am Ende nicht von einem Faden, sondern von einer Brücke der Sozialpartnerschaft.
    "Wir konnten am Ende beide darüber gehen weil sowohl für die Arbeitgeber die Wettbewerbsfähigkeit gewahrt bleibt, aber auch für die Mitarbeiter ein spürbares Reallohnplus dabei herauskommt."
    Jedenfalls war beiden Seiten anzuhören, dass man in der kommenden Tarifrunde gerne wieder ohne Faden und Brücke auskommen würde, und auch ohne dritte Verhandlungsrunde.