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China
310 Milliarden Euro für Erneuerbare Energien

Rund die Hälfte der Kohle weltweit wird in China verbrannt. Das große Geld aber investiert die chinesische Staatsführung inzwischen in den Ökostrom-Sektor. China könnte seine Klimaziele daher viel früher erreichen als geplant.

Von Steffen Wurzel | 06.11.2017
    Über einer Photovoltaikanlage in Taizhou, China, schwebt eine Drohne. Mit ihr werden die Panele kontrolliert.
    Photovoltaikanlage im Chinesischen Taizhou. Bis 2020 will China rund 310 Milliarden Euro für Erneuerbare Energien ausgeben. (imago / China Photo Press)
    Mit je 30 Tonnen Kohle beladene Lastwagen donnern duch die Stadt Yangquan. Sie liegt in einer der wichtigsten Kohle-Regionen Chinas, in der nordchinesischen Provinz Shanxi. Im Zentrum der Stadt gibt es drei staatliche Kohleminen. An einem der Werkstore steht Kohlekumpel Pan.
    "Bis vor einigen Jahren lief es noch gut. Aber jetzt wird unsere Mine wohl bald schließen. Wir haben die Produktion in den vergangenen Jahren immer weiter zurückgefahren. Nächstes Jahr könnte nun ganz Schluss sein, heißt es. Die staatliche Betreiberfirma wird sich etwas ausdenken müssen für uns Arbeiter."
    Große Investitionen in Erneuerbare Energien
    Weltweit gesehen wird immer noch rund die Hälfte aller Kohle in China verbrannt. Doch das große Geld investiert die Regierung in Peking inzwischen in den Ökostrom-Sektor. Anfang des Jahres kündigte die Führung in Peking an, bis 2020 rund 310 Milliarden Euro für Erneuerbare Energien auszugeben.
    Staats- und Parteichef Xi Jinping: "Wir bauen eine grüne und kohlenstoffarme Wirtschaft auf. Wir werden energiesparende und umweltfreundliche Industrien fördern. Wir treiben die Energiewende voran, hin zu sauberen und hoch effizienten Energiequellen."
    Nach Zahlen der Internationalen Energieagentur entstehen heute etwa 40 Prozent aller weltweit neuen Öko-Strom-Kraftwerke in China, gemessen an der Leistung der Anlagen. Blickt man nur auf die Photovoltaik liegt das Land sogar noch weiter vorne: Jede zweite Solarzelle auf diesem Planeten wird inzwischen in China verbaut. Noch vor sieben, acht Jahren galt China hingegen noch als ausgesprochener Klimasünder.
    "China ergreift eine Führungsrolle"
    Li Shuo, Klimaschutzexperte beim Umweltlobbyverband Greenpeace in Peking: "Was der Präsident gesagt hat: China macht nicht nur mit beim internationalen Umwelt- und Klimaschutz, sondern ergreift auch eine Führungsrolle. Das ist bemerkenswert! Denn China hat das Wort 'Führungsrolle' selbst bisher immer vermieden, wenn es um Umweltschutz geht. Es ist sehr interessant, dass Chinas Führung diesen Begriff nun immer selbstverständlicher benutzt."
    Beim Klimagipfel von Paris hatte sich die chinesische Regierung verpflichtet, den Höhepunkt des CO2-Ausstoßes, den so genannten "Peak CO2", im Jahr 2030 zu erreichen. Ab dann werde der CO2-Ausstoß zurückgehen. Li Shuo von Greenpeace rechnet damit, dass China dieses Ziel aber schon 2020 oder sogar noch eher erreichen wird.
    China immer noch von Kohle abhängig
    Doch so ungetrübt, wie es sich nach diesen Statistiken anhört, ist die Situation nicht. Immer noch ist das bevölkerungsreichste Land der Welt abhängig von Kohle.
    Blick aufg die Fördertürme in der Kohlemine in Yangquan, China
    Eine von drei staatliche Kohleminen in der Stadt Yangquan in der nordchinesischen Provinz Shanxi. Rund die Hälfte aller Kohle weltweit wird in China verbrannt. (Deutschlandradio / Steffen Wurzel)
    Lu Jisheng betreibt einen Nudelsuppen-Laden in der Nähe einer Mine in der Kohlestadt Yangquan. Früher hat er selbst unter Tage gearbeitet. Angesprochen auf Chinas neue Rolle als vermeintlicher Klimaretter und den Ausbau der Erneuerbaren schüttelt er nur mit dem Kopf.
    "Ich sehe die neuen Technologien als Bedrohung. Sie machen Menschen arbeitslos! Mein Sohn ist 20. Er hat sich nach der Berufsschule bei der Kohle-Mine beworben, hat aber keinen Job bekommen. Viele junge Leute hängen jetzt zuhause rum und das ist natürlich keine gute Sache."
    Was Chinas Rolle als Klimaschützer angehe, sei das Glas eher halb voll als halb leer, so das Fazit von Greenpeace-Experte Li Shuo. Die entscheidende Frage sei nun, wie das Land den Rest des Glases voll bekomme.