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China
Deutsche Unternehmen sind stark

Von Markus Rimmele | 05.01.2015
    Ganz chinesisch gibt sich Daimler bei der Weltpremiere der wiederbelebten Edelmarke Maybach. Mit dem Auto, einer Langversion der S-Klasse, nehmen die Stuttgarter Autobauer, den, so wörtlich, "chinesischen Gentleman" ins Visier. Daimler-China-Vorstand Hubertus Troska:
    "Wir haben dieses Auto schon sehr speziell mit dem Blick auf China natürlich entwickelt. Weil es gibt hier einen wichtigen Markt für Kunden, die etwas noch Exklusiveres, etwas noch Besondereres und noch Komfortableres suchen."
    Der China-Fokus ist nicht verwunderlich. Daimler legt in der Volksrepublik rasant zu.
    "Mercedes-Benz ist in der guten Position, mit fast 30 Prozent in diesem Jahr bereits zu wachsen. Dank hervorragender Produkte, glaube ich, wird nächstes Jahr sogar ein noch besseres Jahr für Mercedes in China."
    Mercedes, Audi, BMW, Volkswagen – die deutschen Autobauer hängen immer stärker vom chinesischen Markt ab. VW verkauft schon jedes dritte Fahrzeug in der Volksrepublik. Die Automobilbranche ist einer von drei Industriezweigen, in denen die Deutschen in China besonders stark sind. Die anderen beiden sind der Maschinenbau und die Pharma- und Chemiebranche. Der Darmstädter Pharma-Konzern Merck etwa hat gerade erst den Grundstein für ein neues Werk bei Shanghai gelegt und will den Umsatz im Land verdoppeln. Merck-Chef Karl-Ludwig Kley.
    "China ist für uns seit längerer Zeit ein enorm wichtiger Markt. Wir haben zweistellige Wachstumsraten hier."
    Auf dem Rücken von Auto, Maschinen und Chemie ist Deutschland zum mit Abstand wichtigsten europäischen Investor und Handelspartner für China geworden. Doch der Wind wird rauer. Chinas Wachstum schwächt sich immer weiter ab, zuletzt auf rund sieben Prozent. Pessimismus mache sich unter Europas Unternehmen im Land breit, sagt Jörg Wuttke, der Präsident der EU-Handelskammer in Peking:
    "Die große China-Story ist, glaube ich, vorbei. Das Hauptproblem ist: Die Wirtschaft brummt nicht mehr so mit zehn, zwölf Prozent. Und das führt natürlich jetzt in einem Feld, wo sehr viele Kapazitäten aufgebaut worden sind, zu Margendruck."
    Die Konkurrenz der chinesischen Wettbewerber nimmt zu und wird auch für deutsche High-Tech-Unternehmen immer gefährlicher. Der Marktforscher Shaun Rein aus Shanghai glaubt, dass es zwar noch mindestens 20 Jahre dauern wird, bis Chinas Wirtschaft insgesamt ein Innovationsniveau wie etwa die deutsche erreichen wird.
    "Doch auf manchen Gebieten, etwa im Internet und der Biotechnologie oder bei Maschinen der Baubranche, ist China schon da."
    Deutsche Maschinenbauer spüren den Druck. Und dann machen seit einiger Zeit Anti-Kartell-Ermittlungen und Verbraucherkampagnen gegen ausländische Firmen Schlagzeilen. Das Klima wird ungemütlicher. Viele Firmen fühlen sich im Vergleich zu den chinesischen Wettbewerbern unfair behandelt, etwa bei öffentlichen Ausschreibungen. Oder bei der Umsetzung von Umweltauflagen.
    Doch noch immer bietet das Land große Chancen, man müsse nur genauer hinsehen als früher, sagt Jörg Wuttke. So falle die regionale Entwicklung sehr unterschiedlich aus. Investoren müssten China als Kontinent verstehen:
    "Ich glaube, dass jeder am Besten beraten ist, jetzt nicht über China nachzudenken, sondern über jede einzelne Provinz. Ich glaube, da muss das Denken erst einmal einsetzen."
    Es werde auch weiterhin Wachstumsbranchen geben, so Wuttke. Etwa in der Umwelttechnologie.
    "Im Wasserbereich: Wasserknappheit, Wasserqualität. Dann auch im Sektor der Luft. Das andere Thema, das sicherlich für die Europäer großteils interessant sein wird, ist die rapide Veralterung der Gesellschaft. Das bedeutet, dass eine Gesundheitsreform kommen muss, dass Altersversorgung anders strukturiert werden muss. Kostengünstige Therapien, Vorsorge und so weiter. Das ist hier in China extrem unterentwickelt."
    2015 dürfte sich das chinesische Wachstum weiter abschwächen, vielleicht unter sieben Prozent rutschen. Staats- und Parteichef Xi Jinping hat marktwirtschaftliche Reformen versprochen. Ein umfassender Umbau der investitionsabhängigen Wirtschaft lässt aber noch auf sich warten.