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China
Gewaltsame Proteste gegen die Staatsmacht

Das Fischerdorf Wukan gilt seit 2011 als Inbegriff der Rebellion in China. Erneut haben sich nun die Bewohner des Ortes heftige Straßenschlachten mit der Polizei geliefert. Grund war die Festnahme des ersten, frei gewählten Bürgermeisters.

Von Steffen Wurzel | 13.09.2016
    Sie sehen Menschen, die ein Porträt des Bürgermeisters von Wukan hochhalten, er heißt Lin Zulian.
    Auch in Hongkong gab es Solidaritätskundgebungen mit dem Dorf Wukan und dem Bürgermeister Lin Zulian. (picture-alliance / dpa / Jerôme Favre)
    Polizisten in Kampfmontur liefern sich eine heftige Straßenschlacht mit Dorfbewohnern. Diese werfen mit Steinen und anderen Gegenständen auf die Polizisten, die schießen mit Tränengas-Geschossen zurück. Radio Television Hong Kong hat die Aufnahmen heute früh veröffentlicht, sie stammen demnach aus dem Dorf Wukan in der südchinesischen Provinz Guangdong.
    Die Hongkonger Zeitung "South China Morning Post" hat einen Amateur-Videoclip online gestellt, der auch aus Wukan kommen soll. Er zeigt Polizisten, die mit Gewalt in eine Wohnung eindringen und jemanden festnehmen.
    Immer wieder Auseinandersetzungen mit der Staatsmacht
    Das kleine Fischerdorf Wukan gilt seit 2011 als Inbegriff der Rebellion in China. Die Bewohner geraten immer wieder mit der Staatsmacht aneinander. Ausgelöst wurden die Auseinandersetzungen vor einigen Jahren durch illegale Enteignungen in Wukan. 2012 lenkte die chinesische Führung ein: Sie erlaubte den Bewohnern des Fischerdorfes, einen Bürgermeister zu wählen. Dieser Schritt erregte internationales Aufsehen, die Rede war von der ersten wirklich freien Kommunalwahl Chinas. Lin Zulian heißt der Bürgermeister Wukans - dieses Jahr wurde er festgenommen. Der Vorwurf: Korruption.
    Schauprozess gegen Wukans Bürgermeister?
    Ende Juni verliest Wukans Bürgermeister Lin im staatlichen Fernsehen ein Geständnis: "Ich habe von verschiedensten Leuten Schmiergeld angenommen", sagt er in die Kamera. Vergangene Woche dann das Urteil: drei Jahre Gefängnis. Menschenrechtler sprechen von einem erzwungenen TV-Geständnis und einem Schauprozess. Die Staatsführung wolle den beliebten Dorf-Bürgermeister kaltstellen.
    Ortschaft abgeriegelt
    Die Bewohner Wukans legen sich auch diesmal mit der chinesischen Staatsmacht an. Die Polizei reagiert mit Härte, sie hat die Ortschaft inzwischen komplett abgeriegelt. Ausländische und Hongkonger Medien berichten. In der von der Staatsführung kontrollierten und zensierten festland-chinesischen Presse werden die Vorfälle totgeschwiegen.
    Die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua veröffentlichte nur eine kurze Meldung, in der es heißt: "13 Menschen wurden in Wukan festgenommen, wegen Störung der öffentlichen Ordnung und wegen Aufrufes zu illegalen Versammlungen."