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China
Kritik an Inhaftierung von Feministinnen

Sie planten eine Aktion gegen Übergriffe von Männern - und wurden noch vor der Durchführung festgenommen: Der Fall der fünf chinesischen Feministinnen, die bereits seit einem Monat in Haft sind, sorgt international für Kritik. Er zeigt auch, dass es unabhängige Gruppen unter Staats- und Parteichef Xi Jinping besonders schwer haben.

Von Ruth Kirchner | 10.04.2015
    Chinas Staatschef Xi Jingping am 10.11.2014 auf dem APEC-Gipfel in Peking.
    Chinas Staatschef Xi Jingping will die APEC-Mitglieder enger aneinander binden. (pa/dpa)
    Junge Frauen in einem U-Bahn-Wagen verteilen Flugblätter und singen - gegen Grabschereien in Bussen und Bahnen, gegen Übergriffe auf Frauen.
    Mit solchen Aktionen haben Li Tingting, Wei Tingting, Wang Man, Zheng Churan und Wu Rongrong schon vor zwei Jahren Aufmerksamkeit erregt. Oder sie stürmten öffentliche Männer-Toiletten - um den Mangel an Frauenklos anzuprangern. Alles Aktionen, über die chinesische Staatsmedien wohlwollend berichteten. Doch als sie am 8. März in drei Städten Flugblätter und Aufkleber gegen die Belästigung von Frauen verteilen wollten, wurden sie bereits im Vorfeld festgenommen. Der Vorwurf: Streit- und Unruhestiftung. Darauf steht in China bis zu fünf Jahre Haft.
    "Ich denke sie sind unschuldig", sagt Yan Xin, Anwalt von einer der Frauen. "Aus rechtlicher Sicht haben sie nichts getan, was diesen Strafbestand erfüllen würde. Ihre Aktion hatte ja nicht einmal stattgefunden."
    Die Festnahme der jungen Frauen hat weltweit eine Welle des Protests ausgelöst. Die USA und die EU haben ihre Freilassung gefordert. Hillary Clinton hat sich für die Frauen eingesetzt - was eine verärgerte Reaktion der chinesischen Regierung zur Folge hatte:
    "Das ist eine interne Angelegenheit, China ist ein Rechtsstaat", sagte Außenamtssprecherin Hua Chunying. "Wir hoffen, dass ausländische Personen des öffentlichen Lebens die Unabhängigkeit und Souveränität unserer Justiz respektieren."
    "Behörden scheren sich nicht um Inhalt von Forderungen"
    Doch das Schicksal der jungen Frauen bewegt weltweit mehr als das von vielen bekannteren chinesischen Bürgerrechtlern. Die fünf gehören zu einer neuen Generation, einer jungen Frauenbewegung, die mit bunten Aktionen ihre Forderungen stellt - dabei aber gar nicht mal besonders radikal ist. Daher seien diese Festnahmen besonders schockierend, sagt William Nee von Amnesty International:
    "Sie haben sich auf eine Art und Weise engagiert, die für die Regierung konstruktiv ist, sie haben gemeinsame Grundlagen mit der Regierung gesucht. Was sie getan haben, stimmte mit den politischen Zielen der Regierung überein, was etwa die Förderung von Frauenrechten angeht."
    Doch unter der Führung von Staats- und Parteichef Xi Jinping haben es unabhängige Gruppen besonders schwer. Nichtregierungsorganisationen stehen unter Druck, einige wurden geschlossen. Menschenrechtsgruppen sehen das Schicksal der jungen Frauen als Teil einer Kampagne gegen die unabhängige Zivilgesellschaft in China. Aus Sicht der Behörden war zudem bedenklich, dass die Feministinnen im In- und Ausland gut vernetzt waren.
    "Beim Versuch die Stabilität zu wahren, scheren sich die Behörden nicht um den Inhalt von Forderungen", sagt der Pekinger Arbeitsrechtler Wang Jiangsong. Was zählt ist, ob jemand offen oder versteckt organisiert und vernetzt ist - das ist der heikelste Part."
    Wer innerhalb Chinas seine Solidarität mit den fünf Frauen zeigen will, muss daher sehr vorsichtig sein. Eine Online-Petition wurde gelöscht, sie wird jetzt nur noch in privaten E-Mails weitergereicht. Einige Unterstützer haben Flash-Mob-Aktionen gestartet - sie lassen sich mit Masken fotografieren, die die fünf Frauen zeigen. Die Masken haben dabei gleich zwei Funktionen: Sie sollen Solidarität zeigen und die Träger vor den Behörden schützen.