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China
Waren zu Dumpingpreisen für den europäischen Markt

15 Jahre nach dem Beitritt Chinas zur Welthandelsorganisation will die Volksrepublik als Marktwirtschaft anerkannt werden. Viele EU-Ländern fürchten nun, dass chinesische Waren zu Dumpingpreisen den europäischen Markt fluten könnten. Vor allem der Stahlbranche sieht sich dadurch bedroht.

Von Karin Bensch | 10.05.2016
    Ein Stahlarbeiter in Wuhan (China) bei der Arbeit.
    Deutschland will kein chinesischen Stahl zu Schleuderpreisen in Europa. (dpa / picture alliance / epa Yuan Zhen)
    "China ist zweifelsohne keine Marktwirtschaft", sagt der CDU-Europaabgeordnete Daniel Caspary, "China ist nach wie vor eine Planwirtschaft."
    China ist seit 2001 in der Welthandelsorganisation. Die chinesische Regierung fordert, dass die anderen Mitglieder das Land als Marktwirtschaft anerkennen. Und begründet das damit, dass eine Klausel im Beitrittsprotokoll Mitte Dezember diesen Jahres erlischt. 15 Jahre nach dem Beitritt Chinas zu Welthandelsorganisation. Viele EU-Länder fürchten, dass der europäische Markt danach noch deutlich mehr als bislang mit chinesischen Produkten zu Dumpingpreisen geflutet wird, sagt Caspary.
    "Vor ein paar Jahren waren es die Schuhe, dann die Fernseher, dann waren es die Solarzellen. Jetzt ist es die Frage des Stahls. Egal ob die eine Marktwirtschaft sind oder nicht, die arbeiten mit unlauteren Mitteln, die arbeiten mit verzerrten Preisen."
    Verzerrte Preise
    Diese verzerrten Preise kommen zum Beispiel dadurch zustande, dass die Regierung in Peking chinesische Firmen deutlich unterstütze, zum Beispiel mit günstigen Krediten, verbilligten Grundstücken und geringen Arbeitnehmerkosten. Die Folgen dieser dramatischen Fehlentwicklung seien bereits jetzt sichtbar, meint der CDU-Europaabgeordnete Caspary.
    "Die Chinesen haben im Moment im Stahlbereich eine Überkapazität, die ist größer als der gesamte europäische Jahresverbrauch."
    Jetzt ist die europäische Stahlbranche in Gefahr, als Nächstes ist die Windenergie dran, meint der SPD-Europaabgeordnete Bernd Lange.
    "Dort hat China den weltweiten Marktanteil in einem Jahr verdoppelt. Und ist so stark wie die Europäische Union auch. Die greifen noch nicht auf dem europäischen Markt an, aber ich bin der festen Überzeugung, das wird kommen."
    Die europäischen Schutzinstrumente gegen Dumpingprodukte aus China sind nicht gut genug, meint der CDU-Europaabgeordnete Caspary. Die Verfahren müssten zum Beispiel deutlich schneller werden.
    "Wenn die Industrie bei der Europäischen Kommission ein Problem nennt, dann dauert das ungefähr ein Jahr bis wir Strafzölle in Kraft setzen können. Das ist zu lang."
    Strafzölle sind wirkungslos
    Die Strafzölle, die verhängt werden, sind weitgehend wirkungslos, weil sie zu niedrig sind, meint der SPD-Europaabgeordnete Lange.
    "Im aktuellen Fall, beim Stahl, sind das etwa zehn Prozent und das ist bei den Preisen nix."
    Doch es geht nicht allein um Europa auf der einen und China auf der anderen Seite. Auch innerhalb der EU gibt es unterschiedliche Interessen. Länder wie Deutschland, die Stahl produzieren, wollen keinen chinesischen Stahl zu Schleuderpreisen in Europa. Andere EU-Länder dagegen möchten sehr wohl Stahl aus China billig einkaufen, sagt der CDU-Mann Caspary.
    "Das sind Länder wie Schweden und Großbritannien, die weitgehend ihre industrielle Basis heute nicht mehr haben. Und mehr zu Handelsnationen geworden sind."
    Darüber hinaus gibt es EU-Länder, in deren Wirtschaft viel chinesisches Geld steckt. Das gilt zum Beispiel für Bulgarien und Rumänien.
    "Wo die Chinesen massiv mit Investitionen da sind. Und das auch als politisches Druckmittel nutzen."
    Das Europaparlament will eine Resolution verabschieden. Mit der soll die EU-Kommission auffordert werden, die Instrumente zu verstärken, die den europäischen Markt schützen sollen. Voraussichtlich im Sommer wird die Kommission einen Vorschlag machen. Die Zeit drängt: Die EU hat noch gut ein halbes Jahr, um rechtliche Schutzwälle hochzuziehen – gegen Dumpingprodukte aus China.