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Christopher Froome unter Doping-Verdacht
Kommentar: Wen kann diese Meldung noch überraschen?

Der derzeit erfolgreichste Radprofi, Christopher Froome, wurde positiv getestet. Keine Überraschung, kommentiert Ralf Meutgens im Dlf: Denn Grundlegendes im Umgang mit der Dopingproblematik habe sich bis heute nicht geändert - weder im Radsport, noch in anderen Sportarten.

Von Ralf Meutgens | 16.12.2017
    Der britische Radprofi Christopher Froome (2.7.2017)
    Unter Doping-Verdacht: der britische Radprofi Christopher Froome (dpa / picture alliance / Alexandre Marchi)
    Wen kann diese Meldung noch überraschen? Der derzeit erfolgreichste Radprofi wurde positiv getestet. Auch wie dies öffentlich wurde, entspricht dem gängigen Muster. Zeitversetzt und erst durch insistierende Medien. Intern war es lange bekannt. Wo bleibt die viel gepriesene neue Unabhängigkeit und Transparenz des Weltradsport-Verbandes UCI? Auch Christopher Froome hat zum Zeitpunkt seines nach eigenen Angaben schweren Asthmaschubes nichts darüber verlauten lassen. Dabei hätte es seinen Rückstand, den er an diesem Tag hinnehmen musste, erklärt. Umso überraschender jetzt im Rückblick seine exzellente Verfassung am nächsten Tag.
    Fachärzte sind sich nicht nur in einem einig: Wenn Medikamente dieser Art in diesen Dosierungen medizinisch wirklich notwendig sind, können derartige körperliche Leistungen nicht erbracht werden. Der schweizerische Radtrainer und erfolgreiche Sportliche Leiter, Paul Köchli, hat es bereits vor 30 Jahren in der Diskussion um betreuende Ärzte im Radsport auf den Punkt gebracht: Seiner Meinung nach dürfen kranke Radprofis keine Rennen fahren, gesunde brauchen keinen Arzt.
    Teamärzte, die sich mit Siegen ihrer Schützlinge rühmen
    Dem könnte man hinzufügen: Insbesondere kann auf Teamärzte verzichtet werden, die sich mit einer Hitliste von Siegen und Platzierungen ihrer Schützlinge rühmen. So geschehen in der Vergangenheit während der laufenden Tour de France. Sie gehört neben der Vuelta in Spanien und dem Giro d‘Italia zu den wichtigsten und für alle Beteiligten gewinnträchtigsten Radsportveranstaltungen weltweit. Warum hat die UCI nicht schon lange ein unabhängiges Fachärztegremium installiert, das während solcher Wettbewerbe genau so einen Fall bewertet wie jetzt von Froome aufgetischt?
    Selbst wenn man den guten Willen hätte, einfach wäre es nicht. Ein Blick nach Baden-Württemberg offenbart die Problematik. Dort sucht man auf Landesebene seit langem unabhängige Sportmediziner für die Einsetzung einer Kommission. Sie soll sich auch mit der Forschung zu Medikamenten, die auf der Dopingliste stehen, befassen. Größtenteils sind diese Forschungen öffentlich finanziert.
    Nicht auf Russland und den Profi-Radsport beschränkt
    Grundlegendes im Umgang mit der Dopingproblematik hat sich bis heute nicht geändert. Aber auch nicht ändern müssen. Nicht in Deutschland und nicht in anderen Ländern. Nicht im Radsport und nicht in anderen Sportarten. Von Doping spricht man immer nur dann, wenn man positiv getestet wird. Medizinische Ausnahme-Atteste dienen in vielen Fällen nur einem Zweck: Den Einsatz ansonsten verbotener Medikamente oder einen positiven Test zu legalisieren. Auch im Nachhinein.
    Doping ist nicht auf Russland und den professionellen Radsport beschränkt. Doch beide haben den Bogen überspannt, agieren uneinsichtig und scheinen unbelehrbar. Das gilt jedoch gleichermaßen für viele Sponsoren, Sportpolitiker, Funktionäre, Berichterstatter und Rezipienten.