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Chuck Prophet
Abseits vom Mainstream

Mittlerweile ist er 51 Jahre alt, der ehemalige Sänger der Punkband Green On Red: Chuck Prophet. 1992 begann er seine Solokarriere. Mit seinem aktuellen und 13. Album bleibt er musikalisch zwischen den Stühlen: zu eingängig um die Punk-Klientel zu bedienen und zu sperrig, um im Mainstream anzukommen.

Von Sören Brinkmann | 25.10.2014
    Der US-Sänger Chuck Prophet beim Actual 2011 music festival, in Logrono (Spanien)
    Viele der Songs von Chuck Prophet haben eingängige Gitarren-Riffs. (picture-alliance / dpa/epa/Abel Alonso)
    "Ich würde sagen, das Album ist von einer gewissen Sorge durchzogen. Es ist aber nicht negativ oder voller Ärger, sondern es ist in erster Linie ein Rock'n'Roll-Album."
    Vielleicht ist es das Alter, das Chuck Prophet bei seinem Album "Night Surfer" zu einem zumindest nachdenklichen Blick verleitet. So spricht der inzwischen 51-jährige Kalifornier über die zunehmend irritierende und unruhige Situation in der Welt - ein Schreckensszenario vor Augen.
    "Um ehrlich zu sein: Ich weiß nicht, ob ich es vor einem Jahr für möglich gehalten hätte, dass wir im Fernsehen sehen, wie Menschen geköpft werden. Ich hatte das Gefühl, dass wir uns in einer Dystopie bewegen. Dann sehe ich Grundstücksbesitzer, die ihr Eigentum verkaufen wollen, um reich zu werden; ich sehe, dass die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinandergeht. Und da bin ich einfach ein Beobachter. Ich bin ja keiner von diesen reichen Leuten."
    Ernste Mine und zerzausten Haaren
    Schon das Cover deutet die Stimmung an, die Chuck Prophet getrieben hat. Der Musiker ist zu sehen mit ernster Mine und zerzausten Haaren am stürmischen Pazifik - nicht auf einem Hochglanzbild, sondern verfremdet in roten, apokalyptischen Farben.
    Zu hören ist seine Kritik auch im Song "Countrified Inner-City Technological Man", in dem er sich gegen den umfassenden technologischen Fortschritt wendet: Ich möchte nicht deine Überwachung, ich möchte nicht in deine Kamera schauen, heißt es darin.
    Auf diesem, dem 13. Solo-Album von Chuck Prophet wechseln nach vorne treibende Rock-Stücke mit ruhigeren Balladen samt Streicheruntermalung, wie bei "Guilty as a Saint".
    "Ich habe so viele unterschiedliche Musikstile ausprobiert - aber komme dann immer wieder zurück zum klassischen Rock, zurück zu den Stones, zu Bob Dylan und Lou Reed. Das sind immer meine Helden gewesen - und die wurden auch niemals ersetzt."
    Bob Dylan und REM
    Tatsächlich erinnert Chuck Prophet auch äußerlich auf der Bühne etwas an Bob Dylan - mit seinem breitkrempigen Hut und dem dunklen Sakko. Für den stimmungsvollen Backgroundgesang sorgt einmal mehr Chuck Prophets Ehefrau Stephanie Finch. Beide sind jetzt zusammen mit ihrer Band The Mission Express auf Tour. Bei den Studioaufnahmen wurden die Musiker zusätzlich unterstützt vom REM-Gitarristen Peter Buck.
    "Peter und ich kennen uns schon aus den Anfangsjahren von Green on Red und REM - kurz bevor er dann mit REM eine Popularität vom anderen Stern erreichte. Wir sind immer Freunde geblieben. Und als wir einmal zusammen unterwegs zum Strand waren, fragte ich ihn: Wie läuft es bei dir? Er sagte: Naja, eigentlich warte ich auf eine Einladung, um bei deinen Aufnahmen zu spielen. Und ich sagte: Da musst du nicht zweimal fragen!"
    Schöne Erinnerung an seine Jugend
    Mit "Temple Beautiful" lieferte Chuck Prophet vor zwei Jahren eine Hommage an seine Heimatstadt San Francisco. Der Titel des neuen Albums "Night Surfer" entspringt einer schönen Erinnerung aus seiner Jugend.
    "Ich bin in Orange County aufgewachsen und im Sommer sind die Strände dort so voll, dass es schwierig ist, zu surfen. Deshalb sind wir früher nachts zum Hunnington Pier gefahren, der beleuchtet ist. Es gehört zu meinen schönsten Erinnerungen, von Mitternacht bis sechs Uhr morgens dort zu surfen. Deshalb hatte ich diesen Song: 'Night Surfing'. Unser Schlagzeuger nannte mich dann irgendwann 'Night Surfer', und ich dachte mir: Hey, das hört sich nach einem guten Titel für das Album an."
    Allerdings: "Night Surfer" ist alles andere als ein Album über das unbeschwerte Lebensgefühl der kalifornischen Surfer. Der nachdenkliche und sorgenvolle Blick Chuck Prophets kommt im typischen Rock'n'Roll-Gewand daher.