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Clowns in Krankenhäusern
Jetzt wird der Spaß ernsthaft untersucht

Lachen ist gesund. Eine Weisheit von der in Krankenhäusern nur selten Gebrauch gemacht wird. An der Kinderklinik in Greifswald ist nun eine Pilotstudie durchgeführt worden, die das ändern will.

Von Anneke Meyer | 29.01.2016
    Ein weiblicher Krankenhausclown an einem Bett
    Wie misst man eigentlich den Effekt von Clowns? (picture alliance/dpa/Jens Büttner)
    Gleich soll Marvin operiert werden. Ein Routineeingriff, nichts Schlimmes. Aber eben eine Operation. Um ängstlich oder nervös zu sein, ist der Elfjährige aber gerade viel zu abgelenkt.
    Clown: "Also könnte man ihnen auch große Füße operieren?"
    Kind (lacht): "Ja."
    Clown: "Damit keiner an Ihnen vorbeikommt?"
    Krankenhausclown Rasti ist auf komischer Visite. "Okay meine Damen und Herren, wir sind heute hier, damit Marvin riesengroße Füße bekommt. Damit er auf dem Fußballplatz steht wie die Nummer eins, damit keiner vorbeikommt."
    Große Herausforderung
    "Wir haben Clowns bei uns in der Kinderklinik schon seit Jahren. Die kommen eben so sporadisch, einmal pro Woche. Aber wir habe noch nie systematisch geguckt, wie eigentlich die Wirkung dieser Clowns auf die Kinder eigentlich ist." Winfried Barthlen, Direktor der Kinderchirurgie an der Uniklinik Greifswald, nimmt Spaß sehr ernst. Er möchte skeptische Kollegen davon überzeugen, dass Clowns einen echten medizinischen Nutzen haben. Objektive Evidenz für etwas zu sammeln, von dem einem das Bauchgefühl sagt, dass es stimmen muss, ist allerdings eine Herausforderung. "Weil es war ja gar nicht so einfach: Wie misst man eigentlich den Effekt von Clowns? Wie misst man eigentlich das Glück von Kindern?"
    Ein Fragebogen war für Winfried Barthlen und seine Mitstreiter das naheliegendste Messinstrument. Dabei alleine wollten sie es aber nicht belassen.
    Clown: "Wir müssen dich noch salzen und vorbereiten für die OP und so - das ist nämlich ganz wichtig. Was ist dein Lieblingsessen?"
    Marvin: "Nudeln."
    Clown: "Nudeln mit Tomatensoße! Was braucht man da? Pfeffer!"
    Ordentlich gesalzen, gepfeffert und mit Knoblauch gespickt, muss Marvin auf einem Wattebausch rumkauen. In dieser Speichelprobe messen die Wissenschaftler die Konzentration eines ganz besonderen Hormons: dem Oxytocin. Der auch Kuschelhormon genannte Botenstoff bewirkt eine wohlige Zufriedenheit. Er kann Stress lindern und die Wundheilung beschleunigen.
    Auch die Eltern entspannen
    Die Kombination aus Hormonspiegel und Fragebogen erlaubt Rückschlüsse auf seelisches und körperliches Wohlbefinden, erklärt Tabea Scheel, Psychologin an der Humboldt-Universität in Berlin: "Wenn man es jetzt in einen Satz packen sollte, zeigen die Daten, dass Kinder die eine Clowns-Intervention vor der OP oder in einer Routinebehandlung hatten, dass die weniger Angst hatten als zu dem Zeitpunkt, als sie aufgenommen wurden. Während in der Kontrollgruppe diese beiden Werte der Angst gleichgeblieben sind."
    Hatten die Kinder mit einem Clown herumgeblödelt, war ihr Oxytocinspiegel trotz der bevorstehenden OP um 30 Prozent höher als bei einer vorangegangenen Untersuchung. Bei denen, die ganz normal behandelt wurden, war das nicht der Fall. Die Auswertung der Fragebögen zeigte außerdem, dass sich nicht nur die kleinen Patienten, sondern auch ihre Eltern durch den humorvollen Begleiter entspannten.
    Clown: "Noch mal! Also, einmal husten, einmal grinsen, einmal weinen: Sehr gut. So, das wird hier einmal durch den Computer gehauen. Aha! Nicht schlecht. Guck mal. Hier steht: Entlassen. Das heißt, Du kannst hier bald entlassen werden."
    Entlassen werden sollen, wenn es nach Winfried Barthlen geht, fröhliche Kinder. Für die Clowns wünscht der Chirurg sich dagegen eine Festanstellung. Er hofft die eindeutigen Ergebnisse, der mit einunddreißig Kindern sehr kleinen Pilotstudie, bald in einer großen Untersuchung zu untermauern.