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CO2-Speicherfähigkeit von Ozeanen

Kohlendioxid zu speichern, ist eine Möglichkeit, die Atmosphäre von diesem Treibhausgas zu entlasten. Mit der entsprechenden Technologie könnten innerhalb von 50 Jahren 20 bis 40 Prozent der CO2-Emissionen aufgefangen werden. Mögliche Speicherplätze sind ehemalige Gas- und Erdöllagerstätten auf dem Land, aber auch tief unter dem Meeresboden. Über die Chancen und Grenzen des Ozeans als CO2-Speicher haben sich Wissenschaftler des Instituts für Meereswissenschaften Geomar und des Umweltbundesamtes in Kiel ausgetauscht.

Von Annette Eversberg | 21.11.2007
    Die Speicherung von CO2 unter dem Meeresboden der Nordsee ist für den norwegischen Öl- und Gasförderkonzern Statoil nicht neu. Seit zehn Jahren wird das Gas, das auf der Plattform Sleipner West gefördert wird, von Kohlendioxid gereinigt. Über lange Rohrleitungen wird dieses CO2 in eine Sandsteinschicht gepumpt, 1000 Meter unter dem Meeresboden, eine Million Tonnen pro Jahr. Soviel wie etwa drei Prozent der CO2-Emissionen Norwegens. Tore Torp, Leiter des Sleipner-Projekts, ist sich sicher, dass es dort nicht wieder austreten kann:

    " Zunächst einmal ist die Tonmergelschicht über dem Sandstein, so wie sie sich in den letzten 20 Millionen Jahren gebildet hat, 800 Meter dick. Den Ton haben wir in den Labors vieler Länder, darunter auch in Hannover beim Bundesamt für Geowissenschaften und Rohstoffe, testen lassen. Und man hat festgestellt, dass es nahezu unmöglich ist, dass dort etwas eindringen kann. Das Gas ist also vollständig abgeschlossen. "

    Statoil geht davon aus, dass es keine Leckagen geben kann. Norwegische Umweltorganisationen sind da anderer Ansicht. Auch für Klaus Wallmann vom IFM-Geomar sind Leckagen Schwachstellen im Konzept der CO2-Speicherung in den Ozeanen:

    " Häufig ist es so, dass man die Schichten tatsächlich hat, aber in der wirklichen Welt sind die Schichten häufig gestört. Das heißt, da gehen doch Bahnen dadurch, die häufig durchlässiger sind für das CO2. Und da ist es extrem schwierig, das so geologisch zu kartieren, dass das keine Störung ist. "

    Störungen bedeutet, CO2 tritt aus. Normalerweise ist das für die Ozeane kein Problem. Sie sind extrem aufnahmefähig. Fast die Hälfte des gesamten CO2 in der Atmosphäre wird von den Meeren aufgenommen. Die Pflanzen und Kleinlebewesen des Meeres brauchen sogar CO2 für ihre Entwicklung. Und für den Meeresbiologen Ulf Riebesell steht fest, dass der Ozean noch mehr CO2 als bisher schon speichern kann:

    " Im Moment nimmt er 25 Millionen Tonnen CO2 auf, von menschengemachtem CO2. Kann er sehr gut. Die Zahlen werden durchaus noch um vielleicht 50 oder 80 Prozent steigen in den nächsten 50 oder 100 Jahren. "

    Doch die Gefahr, dass dabei die Meere versauern, ist genauso groß. Zusätzliche Lecks aus CO2-Lagerstätten wären fatal. Ulf Riebesell:

    " Die Versauerung sorgt dafür, dass viele Organismengruppen große Probleme haben werden. Die kalzifizierenden Organismen werden es zunehmend schwerer haben, ihre Kalkskelette zu bilden. Von daher können wir nur hoffen, dass wir die CO2-Bildung reduzieren können und damit auch der Ozean weniger CO2-Aufnahme zu verzeichnen hat. "

    Wenn die Lagerung von CO2 unter dem Meeresboden umgesetzt werden soll, wie der Weltklimarat empfiehlt, dann braucht man Grenzwerte für Leckagen. Im Gespräch waren bisher 0,01 Prozent einer CO2-Deponie, die maximal entweichen dürfen. Klaus Wallmann, der im Auftrag des Umweltbundesamtes die Wirkung auf die Organismen am Meeresboden erforscht hat, kam zu einem anderen Ergebnis:

    " Weil nämlich in Deponien, in denen das CO2 dicht gepackt ist im Untergrund, die 0,01 Prozent einen großen CO2-Fluss bedeuten würden, der für benthische Organismen wahrscheinlich ein Problem ist, weil der Leckagefluss größer ist als der natürliche CO2-Fluss. Deshalb möchten wir aus ökologischer Sicht einen schärferen Grenzwert, der ein bis zwei Größenordnungen schärfer ist, als bisher diskutiert wird. "

    Die Kosten sind jedoch enorm. Etwa 40 bis 50 Dollar pro Tonne CO2. Edda Hahlbeck von der Meeresschutzabteilung des Umweltbundesamtes will daher, dass die Gesamtbilanz der CO2-Speicher im Meer stärker berücksichtigt wird:

    " Das ist ja im Prinzip der ganze Prozess erst mal von der Abscheidung aus dem Kraftwerk, bis zum Transport, bis zum Meeresuntergrund, der sehr energieaufwändig ist. Das müssen wir sehen mit den anderen Optionen, die es gibt, um den CO2-Eintrag in die Atmosphäre zu verringern. Das muss man abwägen. "