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Comeback-Versuch mit Hindernissen

Am 8. Februar läuft die zweijährige Dopingsperre von Olympiasiegerin Claudia Pechstein ab. Die 38-Jährige will dann aufs Eis zurückkehren, ihr Ziel ist der Start bei den Weltmeisterschaften im März in Inzell. Aber es gibt zwei große Probleme.

Von Sebastian Krause | 23.01.2011
    Noch immer ist unklar, ob die internationale Eislauf-Union (ISU) die fünfmalige Olympiasiegerin überhaupt wieder starten lässt. Wie Pechstein vor Tagen in einer Fernsehtalkshow des Mitteldeutschen Rundfunks erklärte, werden bei ihr – wie vor der Dopingsperre – wieder schwankende Retikulozytenwerte gemessen werden.

    "Davon gehe ich aus. Es würde mich wundern, wenn es anders wäre. Das Schizophrene an der ganzen Sache ist, dass es seit dem 30. Oktober - glaube ich bei der ISU die Möglichkeit gibt, eine Ausnahmegenehmigung zu bekommen, wenn man Blutanomalien hat. Den Antrag habe ich gestellt – ist noch nicht stattgegeben worden"

    Der Eislauf-Weltverband hält sich bedeckt, lehnt auf Anfrage ein Interview ab und verweist auf die geänderten Anti-Doping-Regeln im Internet. Günther Schumacher, Sportdirektor der Deutschen-Eisschnelllauf-Gemeinschaft (DESG):

    " Wenn die ISU erkennt, dass das Blutbild mit Abnormalitäten versehen ist, dann sagt sie: Hör mal zu, Du unterziehst Dich jetzt einer Untersuchung mit dieser oder jener Zielsetzung – sogenanntes Blutscreening. Und wenn dieses Blutscreening dann die Dinge unter Beweis stellen, dass hier möglicherweise eine genetische Abnormalität vorliegt, dann werden die Medical Adviser der ISU sagen: Ja, das wird akzeptiert oder, nein, das wird nicht akzeptiert.""

    Anzunehmen ist also, dass die ISU Claudia Pechstein erst einmal starten lässt. Sollten die abnormalen Blutwerte dann tatsächlich wieder auftauchen, würde eine Blutuntersuchung folgen und dann erst eine Entscheidung. Bisher, so DESG-Sportdirektor Günther Schumacher, wurden von der ISU aber noch keine Ausnahmegenehmigungen für unnatürliche Blutwerte vergeben. Und auch die beiden deutschen Eisschnellläuferinnen Bente Kraus und Heike Hartmann, ebenfalls mit erhöhten Retikulozyten-Werten aufgefallen, durften bisher ohne Probleme international starten.

    ""Es scheint so, dass hier auch gegebenenfalls eine genetische Abnormalität vorliegt"."

    Im deutschen Eisschnelllauf-Lager wurde also bis heute immer noch nicht aufgeklärt, warum bei mindestens drei Läuferinnen solch abnormale Blutwerte auftreten.

    ""Ich habe meinen Beweis selbst erbracht. Medizinisch ist es bewiesen, dass ich eine Anomalie habe. Dafür kann ich nun mal nichts. Mein Vater ist schuld,"

    ... so Claudia Pechstein. Aber unabhängig davon, ob die ISU ihr Gutachten anerkennt, droht der Berlinerin mit Blick auf ihr Comeback noch ein viel größeres Problem. Es geht um ihren Status bei der Bundespolizei:

    Wegen ihrer Dopingsperre wurde die Polizeihauptmeisterin aus der Sportförderung und dem Wintersportteam der Bundespolizei herausgenommen und im Laufe des vergangenen Jahres zum regulären Dienst aufgefordert - den sie dann aber aus gesundheitlichen Gründen nicht antrat.

    "Ich habe eine schwierige Zeit durchgemacht und irgendwann sind auch meine Nerven komplett zusammengebrochen. Und letztendlich habe ich mich in psychologische Behandlung begeben. Und daraufhin bin ich auch noch krank geschrieben"

    Die 38-Jährige war zwar krank geschrieben – konnte aber trotzdem hart für ihr Comeback trainieren. Im Juli letzten Jahres gewann sie ein Rennen auf Inline-Skates und eröffnete kurz darauf an der Seite ihres neuen Lebensgefährten eine Curry-Wurst-Bude.

    Jetzt muss das Bundesinnenministerium entscheiden, ob sie nach Ablauf ihrer Sperre vom regulären Polizeidienst wieder freigestellt wird und von den Privilegien der Spitzensportförderung - wie vor ihrer Sperre - profitieren darf. Winfried Hermann, Grünen-Politiker und Mitglied des Sportausschusses im deutschen Bundestag.

    "Natürlich muss der Dienstherr prüfen, ob sie ihren Dienstpflichten nachgekommen ist. Und es war nun eben so, dass sie, einen Tag nachdem sie aufgefordert wurde, ihren Dienst als Beamtin anzutreten, sich krank gemeldet hat. Und in der Zwischenzeit offenbar sehr aktiv sein konnte, jedenfalls vieles tun konnte, was man normalerweise nicht tun kann, wenn man krank ist"

    Anfang Februar wird sich der Deutsche Bundestag mit dem Fall beschäftigen – alle Augen sind dann auf Innenminister Thomas de Maiziere gerichtet.

    "Thomas de Maiziere ist nicht zu beneiden, denn alle schauen, was macht der deutsche Sportminister. Steckt er mit ihr unter einer Decke oder ist er neutral. Und ist er in seinen Reden scharf gegen Doping aber lässt er eine Dopingsportlerin als Beamtin weiterlaufen. Der hat da richtig Probleme, das sauber hinzukriegen. Und rausgehört habe ich schon auch, dass man im Ministerium extrem sauer darüber ist, dass man das Gefühl hat, dass man von Claudia Pechstein eher betrogen wurde, also, was die Krankschreibung und so weiter angeht. Und dass die mit Sicherheit nicht sehr gewogen sind, ihr weit entgegen zu kommen, sondern die werden sich äußerst formal korrekt verhalten"

    Sollte Claudia Pechstein tatsächlich zum Dienst in Uniform aufgefordert werden, könnte die Fortsetzung ihrer Karriere schwierig werden. Um dann weiter täglich mehrere Stunden trainieren zu können, müsste sie wohl aus der Bundespolizei austreten und würde ihre Beamtenbezüge und die finanzielle Absicherung verlieren.