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Comedian Torsten Sträter
Humorvoll verpackter Alltagsirrsinn

Torsten Sträter, der Dortmunder Vorlesesatiriker mit der ewigen Wollmütze, hat sich mit seinem letzten Buch "Als ich in meinem Alter war" zum Bestseller-Autor hochgeschrieben. Als lakonischer Star der Kleinkunstszene hat er sein Publikum im Griff. Sein neustes Programm heißt "Es ist nie zu spät, unpünktlich zu sein".

Von Achim Hahn | 16.09.2016
    Torsten Sträter hält ein aufgeschlagenes Buch vor dem Gesicht.
    Torsten Sträter (Guido Schröder)
    "Jetzt geht das wieder los. Weißte, ich hab mein Apple-Gerät geupdatet. Können Se um halb elf noch mal wiederkommen. Es sind erst zwei. Nein es geht."
    Bei ihm gibt es keinen Schnickschnack. Auftritt mit iPad. Und gut is’. Dass Torsten Sträter bei gut 30 Grad seine Wollmütze trägt, gehört zum Image.
    "Weil ich ja sonst so viel schwitze."
    Außerdem sammelt er sie, und legt sie nur gelegentlich im Fernsehen ab, wenn er zum Beispiel als Pressesprecher diverser Politgrößen in der Satiresendung Extra 3 auftritt. Der Rest ist komisch.
    "Wie Autoscooter-Fahren, nur als Literatur."
    Sagt er selbst und bezeichnet seine Art, die Dinge auf die Pointe zu bringen auch schon mal als:
    "Dorfdisko-Literatur, mehr so bumm auf den Schädel."
    Aber ich lass' mich da nicht einschüchtern. Du kriegst da ganz häufig Mails, wo drinsteht: Wir wissen, wo du wohnst. Dann schreib ich immer zurück: Schön, dann schneid mal meine Hecke. Ich komm' nicht dazu. Weißte, der kommt nie wieder.
    "Es ist nie zu spät, unpünktlich zu sein" heißt Torsten Sträters neues Programm,
    "Was stimmt. Es ist ne kleine, tiefe Weisheit."
    Und er hält sich dran. Auch bei der Premiere.
    In seinen Geschichten geht es mal wieder um alles
    "Und wenn ich dann aus Versehen pünktlich bin, dann passiert es wie neulich in Berlin, dass ich 17 Stunden zu früh da bin und Übernachtung einplanen muss."
    In seinen neuen Geschichten, geht es mal wieder um alles. Sagt er. Mindestens aber um den Irrsinn des Alltags. Vom Preisniveau der Klos auf der Cranger Kirmes über seine Begegnung mit Will Smith bis zur Flüchtlingshilfe in Waltrop.
    "Es geht zum Beispiel um meinen Flummi, den ich mal hatte. Es gibt Abenteuergeschichten, Reisegeschichten. Es geht auch noch um den Halterner Stausee, Gipsplatten, Fitnessarmbänder."
    "Und dann wollte ich rauchen. Es ist keine schöne Angewohnheit. Müssen wir nicht drüber reden. Und beim Anstecken fiel mir das Feuerzeug runter. Im Auto. Und zwar nicht irgendwohin, sondern in den Spalt zwischen Sitz und der Schiene. Das heißt das Feuerzeug ist faktisch für immer weg. Für immer. Bitte? Nein man kommt da nicht mit dem Finger ran! Nein. Nein. Wenn Sie jemals das perfekte Verbrechen begehen wollen, dann töten Sie Ihren Partner, verstecken Sie die Leiche zwischen Sitz und der Schiene. Die Kripo wird sagen: wir haben keine Leiche, also gab es kein Verbrechen. Bumms. Sie sind raus."
    Im direkten Kontakt mit seinem Publikum und mit jeder Menge Mutterwitz, zumal es auch oft um sie und ihre Sprüche geht, sprudelt es aus ihm heraus. Lässig, im lockeren Plauderton. Denn Torsten Sträter ist eine absurd-assoziative Anekdotenschleuder, die vom Hölzken aufs Stöcksken kommt. Immer wieder schweift er ab, selbst inmitten der ausformulierten Geschichten.
    "Das geht schon mal über Tische und Bänke. Ich versuch das zwar zu kontrollieren, aber meine Anmoderationen sind auch von fast beispielloser Idiotie manchmal, aber ich hab mir da echt was bei gedacht. Es ist für mich fast so wie Eiskunstlaufen nur in bescheuert."
    "Der Wolfgang Petry unter den Geschichtenerzählern"
    "Wofür mache ich das alles, echt. Ich bin neulich durch Bielefeld gefahren. Ich muss Ihnen das erzählen, weil ich das immer noch nicht glauben kann. Ich fahre nachts durch Bielefeld, eine Straße, die ins Nichts führt. Und nach 20 km dieser ereignislosen Straße kommt links ein gigantische Schild. Beleuchtet. Und auf diesem Schild steht: "Gyros wie bei Omma" Ich geh an so was kaputt! Du denkst wirklich: Vielleicht bin ich gerade gestorben und das ist eine besondere Form des Jenseits, die ich verdient hab. Gyros wie bei Omma! Wer verbindet nicht das gute Cevapcici mit Omma Kabschubiak - was ist das?"
    Kirmes, Dorfdisko und Pirouetten also -
    "Und viel dummes Zeug für zwischendurch."
    Torsten Sträter weidet sich an vielen grunddummen Dingen, denen er so begegnet in seinem Leben. Lakonisch und über weite Strecken leichtfüßig-komisch ist das. Ein sehr unterhaltsames Nostalgiekabarett: back to the roots, Aufwachsen und Leben im Ruhrgebiet eben. Sentimental manchmal und sprach-witzig. Und dann führt er am Ende doch in seinem grandiosen Finale alle wesentlichen Fäden wieder zusammen. Torsten Sträter in Bestform. Empfehlenswert! Oder mit seinen Worten:
    "Ich bin schon son bisschen der Wolfgang Petry unter den Geschichtenerzählern, muss man ganz klar sagen, ich will, dass es ballert!"