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Coopers checkt den Stau

COOPERS – so heißt ein europaweiter Feldversuch, bei dem es um effizientes Verkehrsmanagement geht. Zu den bekannten Sensoren in der Verkehrssteuerung, beispielsweise Induktionsschleifen oder Bewegungsmelder, gesellen sich jetzt die zu messenden Objekte selbst, also die Fahrzeuge.

Von Wolfgang Noelke | 22.11.2008
    "Wir sind im Moment hier auf der A. 111, Saatwinkler Damm, da gibt es einen Stau - oh, schon wieder werde ich darauf aufmerksam gemacht - hier gibt es folglich diese Stauinformation. Sie wird dynamisch über Sensoren herausgefunden, in den COOPERS-Services codiert, weiter gesendet, ich kann sie jetzt hier im Auto empfangen und es wird direkt, wie man eben hören konnte in das Navigationssystem integriert."

    Die Verkehrsmeldung an den Mitarbeiter des Berliner Fraunhofer Instituts für Rechnerarchitektur und Softwaretechnik, Norbert Pieth ist keine Minute alt. Gleich mehrere vorausfahrende Fahrzeuge registrieren den Stau, weil deren Fahrer fast gleichzeitig auf die Bremse treten. Dieses Signal wird von den Fahrzeugen per Infrarotstrahl an einen, unter einer der Schilderbrücken montierten Senderempfänger übermittelt, von dort aus zum so genannten COOPERS Servicecenter weitergeleitet, wo ein Programm registriert, dass an diesem bestimmten Standort mehrere Autofahrer gleichzeitig bremsen. Wenn hinter diesen, jetzt langsam fahrenden Fahrzeugen, weitere Autofahrer ebenfalls gleichzeitig auf die Bremse treten und langsam fahren, ermittelt das Programm im COOPERS Servicecenter das typische Bild, eines sich nach hinten aufbauenden Staus. Diese Meldung wird sofort an die Sender des Digital Broadcasting Programms, DAB, geschickt. Die hinter dem Stau noch zu schnell fahrenden Autofahrer bekommen die Meldung quasi in Echtzeit und können ihre Geschwindigkeit anpassen.

    Während das bisherige Europäische Verkehrsinformationssystem TMC etwa zwanzig Verkehrsmeldungen pro Minute aussenden kann, ist ein DAB-Sender dazu in der Lage, in derselben Zeit 3000 Informationen flächendeckend zu senden. Die 3000 Verkehrsmeldungen sind zusätzlich kodiert mit den Koordinaten, der jeweils betroffenen Strecke. Nur Empfänger, auf deren GPS System dieselben Koordinaten angezeigt werden, empfangen dann die für ihren Streckenbereich aktuelle Meldung. Dr. Matthias Schmidt ist Projektleiter, indes für die Übertragung zuständigen Fraunhofer Instituts für Rechnerarchitektur und Softwaretechnik FIRST:

    "Durch die entsprechend hohe Bandbreite, die ich jetzt in DAB habe, ist es natürlich möglich, auch die Verkehrsinformationen, das heißt die Reisezeiten auf sämtlichen benachbarten Streckenabschnitten zu liefern. Und wenn die in ein Navi-System mit einfließen, dann wird das jeweils zu dem aktuellen Zeitpunkt, die jeweils individuell für den Fahrer günstigste Route ausrechnen. Das heißt, man hat hier nicht, wie bei TMC zum Beispiel, den Sachverhalt, wenn man jetzt eine Stauumgehung hat, dass die dann innerhalb kürzester Zeit ebenfalls zugestaut ist, sondern das System würde jeweils zum aktuellen Zeitpunkt, die für ihn dann unter diesen Verkehrsbedingungen günstigste Route berechnen."

    COOPERS gestattet sogar eine individuelle Navigation, falls sich die Verkehrsbedingungen auf der Strecke zu einem weit entfernten Reiseziel ändern sollten, weil das Navigationssystem, alle auf dieser Strecke liegenden Verkehrsmeldungen abfragt und gegebenenfalls eine andere Autobahn oder Bundesstraße vorschlägt. Das System funktioniert auch in Regionen ohne DAB-Sender, da die zellulären Dienste GSM, GPRS und WIMAX, die zur Zeit in anderen europäischen Ländern getestet werden, in den späteren Endgeräten integriert sind. Diese Übertragungsmodi sind zwar langsamer, als DAB, der Empfänger im Fahrzeug filtert aber auch hier die nur für die individuelle Strecke wichtigen Informationen heraus. Matthias Schmidt:

    "Dieses Gerät kann eben auch über Infrarot, zum Beispiel mit den Schilderbrücken, die über der Autobahn angebracht sind, kommunizieren. Das heißt, wenn der Fahrzeug- Fahrer gerade eine solche Brücke passiert, dann werden die entsprechenden Daten von der Brücke direkt ins Fahrzeug gesendet und dann auch im Fahrzeug sichtbar gemacht, so dass dann bis zur nächsten Brücke diese Informationen auf dem Display auch ablesbar sind. Wir werden höchstwahrscheinlich dann später auf CALM-M5 umsteigen. Das ist eine neue Möglichkeit für eine Kurzstreckenkommunikation, die dann auch sehr sicher ist."

    Die Stabilität in dieser Kurzstrecken-Funksysteme, sowie der Empfang des DAB Signals werden vom Fraunhofer-Institut für Rechnerarchitektur und Softwaretechnik noch bis zum Jahresende ausgiebig geprüft.