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Corona-Pandemie
Erstkommunion verschoben - was tun?

Es ist ein Tag, auf den sich viele katholische Kinder freuen: die Erstkommunion. Gefeiert wird oft am ersten Sonntag nach Ostern, was dieses Jahr genau in die Zeit gefallen ist, in der wegen Corona das Leben weitgehend still stand. Und jetzt?

Von Carolin Born | 24.06.2020
Erstkommunion im Autokino
Erstkommunion im Autokino: Einige Gemeinden werden kreativ in der Corona-Zeit (Iris Pukschitz)
Am meisten hat sich Johannes Hartkopf auf ein Weihrauchgefäß gefreut, das ihm seine Patentante zur Erstkommunion schenken wollte. Doch wegen Corona wurde alles abgesagt.
"Das war sehr traurig für mich. Ich habe auch geweint, weil es jetzt sehr schade ist, dass das Fest ausgefallen ist", sagt der Neunjährige aus Hildesheim.
Diese Traurigkeit will Domvikar Roland Baule auffangen. Er leitet den Fachbereich Liturgie im Hildesheimer Generalvikariat. Und beschäftigt sich damit, wie bei der Erstkommunion trotz aller Distanz Gemeinschaft aufkommen kann.
"Wenn man Sakramente einfach mal anschaut als Zeichen der Nähe Gottes, dann sind wir genau beim Thema. Wir wollen die Nähe Gottes erfahren in den Sakramenten und müssen aber in jeder Hinsicht Distanz halten. Und das macht die besondere Schwierigkeit aus."
Gemeinschaft, aber mit Abstand
Roland Baule ist außerdem Pfarrverwalter in zwei Hildesheimer Stadtteil-Pfarreien und sagt, ihm gehe es bei seiner Arbeit vor allem darum, behutsam vorzugehen:
"Erst mal habe ich selber die Erfahrung gemacht, dass ich vor Ostern eine Virus-Infektion hatte. Kein Corona, zweimal negativ getestet. Aber das macht mich persönlich vorsichtig. Denn, wenn ich zu der Zeit Gottesdienste gefeiert hätte, hätte ich wahrscheinlich die ganze Gemeinde angesteckt. Das hilft aber, die Gemeinden nochmal zu sensibilisieren für das Thema."
Bis zur ersten Beichte ist er mit den Kommunionkindern gekommen. Danach war es mit der Vorbereitung in Niedersachsen wegen Corona vorbei. Nun könnte die Erstkommunion wieder möglich sein – nur ist die Frage, wie. Für Roland Baule steht fest: Ein klassischer festlicher Gottesdienst könne so nicht gefeiert werden. Vielmehr müsse man nach Regelungen im Einzelfall suchen.
Seelsorge und Corona: Innenstadt leer, Kirche auch
Wochenlang waren bundesweit die Gottesdienste abgesagt, erst seit kurzem kommen Gläubige wieder zusammen. Allerdings ist vielerorts kaum etwas wie vor Corona. Etwa bei Angeboten für "spontane Laufkundschaft" in München. Was sagt das über die Zukunft?
Suche nach Lösungen
Eine Möglichkeit sind für Roland Baule mehrere kleine Erstkommunion-Gottesdienste – etwa für vier oder fünf Familien. Das Erstkommunionkind kann dabei zusammen mit der Familie zum Altar kommen und zum ersten Mal die Kommunion empfangen. Der Domvikar denkt darüber nach, wie das hygienisch einwandfrei funktionieren kann:
"Ohne dass das jetzt wie eine medizinische Behandlung wirkt. Und zwar werden wir auf dem Altar eine Reihe von Tellerchen – ‚Patene‘ sagt man im kirchlichen Bereich – stehen haben, wo jeweils eine Hostie drauf ist. Und die Hostien liegen dann dort in entsprechendem Abstand. Und ich halte, wenn ich bete, auch bewusst den nötigen Abstand zum Altar. Nach dem Hochgebet und dem Vaterunser kommen dann die Familien – jeweils eine Familie - zum Altar."
Sobald eine Familie ihre Hostie empfangen hat und wieder an ihrem Platz sitzt, kommt die nächste an die Reihe. Domvikar Baule hat aber auch noch weitere Lösungen parat. Die Mädchen und Jungen können einerseits in einem ganz normalen Sonntagsgottesdienst das erste Mal zur Kommunion gehen. Oder aber sich noch ein wenig gedulden bis zum nächsten Jahr, um dann ihre Feier nachzuholen. Egal, für was sich die Familien entscheiden – wichtig für Baule ist:
"Dass es für die Mädchen und Jungen ein Tag sein sollte, an den sie sich wirklich gerne zurückerinnern. Und natürlich ist da die Familienfeier ganz wichtig, das müssen wir ja gar nicht in Abrede stellen. Also das auch ernst nehmen als ganz wichtiges Element! Und dass wir es zum anderen doch schaffen, einen Gottesdienst zu feiern, in dem sich die Mädchen und Jungen wiederfinden und den sie irgendwie als festlich wahrnehmen können."
Erstkommunion im Autokino
Im Moment dürfen in Niedersachsen 50 Personen zusammen feiern. Allerdings müssen dabei eineinhalb Meter Abstand gehalten werden. Roland Baule will mit den Erstkommuniongottesdiensten noch bis zum Herbst warten.
Letztlich entscheidet es jede Gemeinde im Erzbistum Hildesheim selbst, wie sie die bisher ausgesetzten Erstkommunionfeiern nachholt. Die Düsseldorfer Kirchengemeinde Sankt Margareta im benachbarten Bundesland Nordrhein-Westfalen plagt dabei vor allem ein Platzproblem: Über 160 Kinder haben sich dort auf ihre Erstkommunion vorbereitet. Doch in die größte Kirche passen mit genügend Abstand nur 60 Personen. Deswegen wurde die Feier an einen ungewöhnlichen Ort verlegt: ins Autokino.
"Auf der Bühne haben wir dann in der Mitte den Altar aufgebaut. Das war auch sehr schön dekoriert mit Fahnen und mit Kreuz."
Erstkommunion im Autokino
Erstkommunion im Autokino (Iris Pukschitz)
Erzählt Pfarrer Joachim Federhen. Mit Weihrauch und zwei Messdienern stand er vor dem Altar, dahinter die große Kinoleinwand.
"Dann haben wir auch eine Katechese gemacht. Der Pastoralreferent und die Pastoralreferentin haben die im Wechselspiel gemacht und sind dann auch teilweise zu den Autos gegangen und haben Live-Eindrücke von den Familien oder den Kommunionkindern eingeholt. Zum eigentlichen Kommuniongang sind dann die Kinder mit einem Elternteil auf die Bühne gekommen und konnten dort auch ohne Mundschutz – weil es ja draußen war – die Erstkommunion empfangen."
Blumenschmuck und Girlanden
Wie bei einer Filmvorführung im Autokino haben die Besucher den Ton über das Autoradio empfangen und in ihrem Auto mitgesungen. Und nicht nur die Autos waren festlich mit Blumen oder Girlanden geschmückt, erzählt Pfarrer Joachim Federhen, auch die Gäste hätten sich schick gekleidet. Und obwohl jede Familie einzeln in ihrem Auto gesessen habe, sei der Funke übergesprungen:
"Die Kinder kannten sich natürlich auch, haben gewunken. Wir haben die natürlich auch vorbereitet, waren die Tage vorher mit denen an den Kirchorten und sind noch mal genau durchgegangen, wie das vonstattengehen kann. Und haben noch mal in Erinnerung gerufen, worum es eigentlich geht. Also, ich habe wirklich ein gutes Gefühl, was da bei den Kindern angekommen ist!"
Viele Feiern zu stemmen
Doch nicht alle wollten die Erstkommunion im Autokino empfangen, nur rund ein Drittel der Kinder hat teilgenommen. Pfarrer Federhen sagt, er könne die Bedenken nachvollziehen. Für den Rest muss er nun Lösungen finden: zum Beispiel mit Gottesdiensten im kleineren Rahmen:
"Wir haben jetzt noch bestimmt 20 Erstkommunionfeiern, die wir abhalten müssen. Alles ist ja geschoben: Hochzeiten, teilweise Beerdigungen, Taufen. Das kommt alles jetzt auf einmal auf uns zu. Und das ist eine totale Herausforderung für uns Seelsorger, besonders für uns Priester. Wir müssen das dann irgendwie stemmen."
Der neunjährige Johannes Hartkopf würde seine erste heilige Kommunion gerne noch in diesem Jahr feiern.
"Weil ich es dann hinter mir habe. Und man weiß ja nicht, ob es nächstes Jahr mit Corona weitergeht."
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